Einhorn-Kondome mischen einen gefestigten Markt auf. Das Start-up erfüllt sämtliche Berliner Klischees und begreift sich als hipper Vorreiter einer Bewegung. Ihr Produkt wird Mittel zum Zweck.
Herr Siefer und Herr Zeiler – so werden die beiden Köpfe hinter dem Berliner Start-up selten genannt. Man duzt sich, konsequent. Die Aura der neuen Lockerheit überträgt sich auf ihr Produkt. Kondome sind schambesetzt und der Kauf war bislang uncool. Das wollen Philip und Waldemar ändern.
Sind Einhorn-Kondome anders?
Das Kondomgeschäft ist ein stabiler Markt mit wenig Dynamik. Billy Boy, Ritex und Durex beherrschen die Branche in Deutschland zu 90 Prozent.
Es ist kein leichtes Unterfangen, sich gegen die Kondom-Riesen durchzusetzen. Doch wie können sich Einhorn-Kondome von den anderen Herstellern unterscheiden? Das Kondom selbst haben sie nicht neu erfunden. Ihr Verhütungsmittel hat kaum neue Eigenschaften – außer, dass es vegan ist, weil auf das tierische Produkt Kasein konsequent verzichtet wird. Aber selbst das ist schon bei anderen Herstellern zu finden, gibt Philip zu. Er glaubt nicht an technische Innovationen auf dem Kondommarkt. Verschiedene Farben, Geschmacksrichtungen – all das, findet der Einhorn-Gründer, ist „altes Retail-Gehabe, mit dem man versucht, noch mehr Shelf Space zu bekommen“. Einhorn plant, keine anderen Kondome auf den Markt zu bringen. Lediglich an unterschiedlichen Größen arbeitet das Team derzeit, bislang gibt es nur eine Standardgröße.
Alltagsprodukte sollen Magie bekommen
Das Unterscheidungsmerkmal, mit dem Einhorn-Kondome Durex und Co. Marktanteile abknöpfen will, ist die Portion „Magic“, die das Produkt abstrahlen soll. Verpackt in Chipstütenform, farbenfroh und stilvoll designt, soll der Kondomkauf Spaß machen und die Produktverwendung positiv besetzt werden. Nicht irgendwo in der Sockenschublade versteckt, sondern selbstbewusst auf dem Küchentisch liegend – durch dieses Image soll das Kondom zu einer komplett normalen Sache werden.
Das Start-up setzt auf das Schöne und Positive des Geschlechtsverkehrs als Pull-Faktoren. Gefahrenpotenziale wie Aids oder Tripper sollen nicht mehr assoziiert werden. Einhorn will Tabuthemen des Alltags Normalität werden lassen beziehungsweise spielerisch mit ihnen umgehen. Mit diesem Markenkern plant das Unternehmen, auch bei anderen Alltagsprodukten unter der Gürtellinie einzusteigen: Auch Klopapier und Menstruationsprodukten soll Magie verliehen werden.
Einhorn-Kondome ist ein Sinneswandel-Projekt
Einhorn Kondome ist nicht das erste Start-Up, das Philip und Waldemar gegründet haben, Waldemar kann schon auf ganze sieben Gründungen zurückblicken, die nicht erfolgreich waren. Beide wollten früher in erster Linie als Unternehmer schnell reich werden. Mit Einhorn soll der Sinneswandel gekommen sein, es geht Ihnen nicht mehr in erster Linie um Profit, sondern um eine moderne, faire und nachhaltige Unternehmensstrategie. Mit dem Paradigmenwechsel kam paradoxerweise auch der wirtschaftliche Erfolg.