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„Man kann uns im Dezember in Tokio besuchen“

Mitte der sechziger Jahre suchte Wilhelm Wohlfahrt nach einem weihnachtlichen Geschenk für amerikanische Freunde – und das Mitten im Jahr. Aus einer verzweifelten Suche ist eines der wenigen Unternehmen geworden, die sich auf Weihnachtsartikel spezialisiert haben. Im Interview erklärt Geschäftsführer Harald Wohlfahrt, wie man Weihnachten das ganze Jahr über lebendig hält und was das für die Markenbildung bedeutet.   

Herr Wohlfahrt, Sie haben zehn ganzjährig geöffnete Fachgeschäfte für Weihnachtsartikel im In- und Ausland. Wie ist es, mit Weihnachten Geld zu verdienen?

Harald Wohlfahrt, Geschäftsführer bei Käthe Wohlfahrt

Grundsätzlich ist die Anforderung an einen Einzelhändler die gleiche, wie wenn man Essbares, Technik oder Kleidung verkauft – auch dabei gilt: Wenn man nicht mit ganzem Herzen hinter seinem Produkt steht, ist man nicht erfolgreich. Ich denke jedoch, dass es etwas ganz Besonderes ist, tagtäglich mit einem so schönen, emotional positiv besetzten Thema arbeiten zu können. Denn die Freude, die man mit weihnachtlichen Produkten in die Familien bringt ist doch viel größer, als wenn man zum Beispiel Schrauben verkauft.

Ihr Unternehmen entstand dadurch, dass Ihr Vater auch unter dem Jahr weihnachtliche Spieldosen an amerikanische Offiziersfamilien verkaufte. Wer kauft heute unter dem Jahr Weihnachtsartikel?

Menschen aus der ganzen Welt, die von dem besonderen Zauber der traditionellen deutschen Weihnacht gehört haben. Die kaufen dann zum Beispiel während einer Urlaubsreise bei uns ihr künftiges eigenes Stück „Deutsche Weihnacht. Besonders beliebt sind wir bei Amerikanern und Australiern, da dort viele Familien deutsche Wurzeln haben. Aber auch Touristen aus sehr katholischen Nationen wie Italien, Spanien oder Brasilien haben den Besuch eines unserer Geschäfte auf Ihrer Wunschliste. Unser Hauptkunde ist jedoch der komplette deutschsprachige Bereich – also diejenigen, die völlig geruhsam und ohne den vorweihnachtlichen Trubel einkaufen wollen.

Wie kann man Menschen dafür begeistern?

Die Menschen, die in unsere Geschäfte kommen, sind in der Regel schon „Weihnachtsfans“, die müssen wir gar nicht erst begeistern. Aber natürlich ist es ein längerer Prozess des Bekanntwerdens und dass man den Firmennamen sowohl mit den richtigen Produkten und dem Qualitätsbegriff im Sinn hat. „Käthe Wohlfahrt“ gibt es nun seit 50 Jahren. Das bedeutet: 50 Jahre unermüdlich die eigene Begeisterung für Weihnachten als Botschaft nach außen tragen.Mitte der sechziger Jahre suchte Wilhelm Wohlfahrt nach einem weihnachtlichen Geschenk für amerikanische Freunde – und das Mitten im Jahr. Aus einer verzweifelten Suche ist eines der wenigen Unternehmen geworden, die sich auf Weihnachtsartikel spezialisiert haben. Im Interview erklärt Geschäftsführer Harald Wohlfahrt, wie man Weihnachten das ganze Jahr über lebendig hält und was das für die Markenbildung bedeutet.   

Und wie macht man das?

Das heißt die hohe Erwartungshaltung desjenigen, der bei uns zur Türe herein kommt, muss in jedem erlebbaren Bereich seines Besuchs erfüllt und im Idealfall auch zu Hause noch nachvollzogen werden. Inhouse-Schulungen zu Fachwissen rund um die Produkte, zu Kundenbedienung und Serviceleistungen gehören da genauso dazu wie das Schaffen eigener Produktwelten, die unsere Hausphilosophie widerspiegeln. So war der Aufbau einer eigenen Design-Werkstatt ein wichtiger Schritt, um die Marke „Käthe Wohlfahrt“ auch für die Zukunft abzusichern und mit exklusiven Hausmarken zu etwas Besonderem zu machen.

Geschäftsmodell Weihachten: Das Weihnachtsdorf von Käthe Wohlfahrt in Rothenburg ob der Tauber.

Welche Rolle spielen ihre Fachgeschäfte?

Eine große. Wir waren eines der ersten Unternehmen, das konsequent seine größeren ganzjährigen Geschäfte aufwändig in Richtung Erlebniseinzelhandel aufgebaut hat. Dadurch sind sie zu so etwas wie touristischen Sehenswürdigkeiten geworden, etwa das „Weihnachtsdorf“ in Rothenburg oder unser Fachgeschäft in Berlin. Die werden teilweise als Einzelhandelsattraktion bezeichnet. Außerdem haben wir durch unsere saisonal geöffneten Verkaufsstellen eine weltweite Bekanntheit erlangt. Das sind meist begehbare Weihnachtsmarkthäuser mit besonders atmosphärischem Auftritt. Man kann uns im Dezember in Tokio genauso vor Ort besuchen wie in Verona, Washington oder Stuttgart.

Weihnachtsschmuck gibt es auch zuhauf aus Plastik und zu Schleuderpreisen. Wie kommt man gegen die Billigkonkurrenz  an?

Grundsätzlich: Mit viel Aufklärungsarbeit. Wir stellen etwa via Verkaufsdisplays, kleinen Videosequenzen und auch mal einer live erlebbaren Schauwerkstatt die aufwändige Handarbeit bei der Herstellung unserer Artikel vor, die einen höheren Preis auch rechtfertigt. Und wenn die Gründe verstanden sind, ist der Preis schnell akzeptiert. Darüber hinaus ist es natürlich auch eine größere Detailliebe und etwa eine akkuratere Bemalung, die meist für die hochwertigeren Artikel sprechen.

Wissen die Kunden das zu schätzen?

Ja. Mit den Erfahrungen der letzten 50 Jahre können wir mit Freude feststellen, dass – sofern es die eigene finanzielle Situation erlaubt und man die jugendlich-trendorientierte Phase hinter sich hat –  die meisten Menschen auch bei der Weihnachtsdekoration lieber etwas Wertiges haben wollen. Also etwas, das mehr als nur eine Weihnachtssaison überdauert und auch beim genaueren Hinsehen noch Freude hervorruft.

Weihnachten ist ein Geschäft mit der Tradition. Wie oft müssen Sie Ihr Sortiment erneuern?

Wir führen ca. 30.000 Artikel. Ein großer Teil unseres Sortiments bleibt über viele Jahre hinweg gleich. Denn es gibt – früher wie heute – Klassiker, die einfach nicht wegzudenken sind und die sich auch nicht selbst überleben. Natürlich muss auch einem zeitgemäßen Stil oder modernen Motiven Rechnung getragen werden. Das Formglas-Handy ist heute genauso modern als Christbaumschmuck wie um 1880 das Watte-Grammophon. Damit verliert man aber nicht den Bezug zum traditionellen Brauchtum des Baumschmückens. Um trotz der jährlichen Neuzugänge nicht irgendwann die unendlich große Lagerkammer des Weihnachtsmanns haben zu müssen, entscheiden die tatsächlichen Verkaufszahlen letzten Endes über den Lebenszyklus unserer Produkte.

Vielen Dank für das Gespräch!


Kurzprofil Harald Wohlfahrt

Geboren: 1954

Beruf: Einzelhändler (Weihnachtsartikel)

Unternehmen: Käthe Wohlfahrt GmbH & Co. OHG

Hobbys: Wandern, Radfahren

www.wohlfahrt.com

 

 

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