M&A: Wertoptimierung − Agieren versus Reagieren

Teil I der Serie "M&A-Praxisperspektiven"

Im Fokus des heutigen Teil I der Serie "M&A-Praxisperspektiven" steht das Thema „Wertoptimierung – Agieren versus Reagieren“.
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Unternehmenstransaktionen erfolgreich durchzuführen, gehört zu den Königsdisziplinen der Unternehmensführung. Die Anlässe sind äußerst vielfältig, von der Nachfolge- oder Wertrealisierung, Diversifikation, Vorwärts- oder Rückwärtsintegration, Konzentration, geographischen Expansion bis hin zum Erschließen neuer Technologien oder Kulturen. Unsere neue Serie M&A-Praxisperspektiven von Proventis Partners will auf Basis jahrzehntelanger Erfahrung die Essenz herausarbeiten, Praxistipps geben, Hemmschwellen abbauen und Möglichkeiten aufzeigen. In vier Beiträgen geht es aus Käufer- und Verkäufersicht um die Themengebiete: Wertoptimierung, Wertfindung, Risikominimierung und Abschluss-Sicherheit. Im Fokus des heutigen Teil I der Serie steht das Thema „Wertoptimierung – Agieren versus Reagieren“. 

„Eine gute Vorbereitung ist die halbe Miete“ – das gilt auch für Unternehmenstransaktionen, wie wir aus der Erfahrung von weit über 300 umgesetzten Transaktionen auf Käufer- wie Verkäuferseite jeden Tag aufs Neue erleben. Naheliegend ist die Annahme, dass ein Verkäufer seinen Unternehmenswert durch vorausschauende Steuerung seines Unternehmens optimieren kann. Die Praxis zeigt, dass auch Käufer ihren Transaktionserfolg mit entsprechender Vorbereitung erhöhen können.

Die Verkäufer-Perspektive

Was macht den Transaktionswert aus? Ist es einzig die Höhe des Unternehmenswerts? Sicherlich kommt einem der Preis zuerst in den Sinn. In der Praxis gestaltet sich das Thema jedoch vielschichtiger. Aus quantitativer Sicht ist es die Kombination vieler Faktoren: Transaktionswahrscheinlichkeit, tatsächliche Kaufpreishöhe und -struktur sowie der etwaigen zukünftigen Inanspruchnahme aus Gewährleistungen, Garantien und Freistellungen. Qualitativ spielt insbesondere die Zufriedenheit von Mitarbeitern, Kunden und weiteren Stakeholdern mit dem zukünftigen Inhaber eine Rolle, der Verkauf an einen renommierten Käufer soll schließlich die persönliche Krönung eines Lebenswerks sein.

Wie kann  ein Verkäufer seinen Transaktionswert nun vorausschauend optimieren? Beginnen wir mit dem Unternehmenswert. Entgegen dem Selbstverständnis vieler Inhaber leitet sich dieser nicht aus den materiellen (Kapital) bzw. immateriellen (Lebenszeit) Investitionen der Vergangenheit ab. Der Unternehmenswert ermittelt sich „objektiv“ aus den zukünftig zu erzielenden Erträgen der Gesellschaft. Je transparenter und nachvollziehbarer diese sind, desto höher der zu realisierende Unternehmenswert.

Praxistipps zur langfristigen Optimierung des Unternehmenswerts

Umsatz-Hebel

  • Vertriebs-Kennziffern einführen und dokumentieren (z.B. Pipeline, Sales-Cycle, Conversion-Ratios, NPS, Folge Aufträge, Customer-Lifetime-Vale, Cost-per-Order,…)
  • Preisanpassungseffekte testen (idealerweise mit Competitive Benchmarking Analysen)
  • Anreize für längere Vertragslaufzeiten schaffen

Kosten-Hebel

  • Unit-Economics in Controlling-Systemen dokumentieren (z.B. Beschaffungskonditionen, Auslastungsgrade, Deckungsbeiträge auf Produktebene)
  • (Kosten-)Investition in neue Geschäftsfelder gesondert ausweisen
  • Inhaber-Effekte auf die Kostenstruktur idealerweise reduzieren (mindestens gesondert erfassen)
  • Defizitäre Geschäftseinheiten auf Gewinn ausrichten oder verkaufen

Was unterscheidet den Unternehmenswert vom Kaufpreis? Erster Unterschied: nicht immer werden 100% direkt erworben. Die Höhe der erworbenen Anteile korreliert meist mit der Stabilität und Unabhängigkeit des Geschäfts vom Verkäufer: eine robuste Führungsstruktur, keine Know-how-, Kunden-, Lieferanten oder Mitarbeiter-Abhängigkeiten vom Inhaber sind dabei genauso entscheidend wie gut dokumentierte Steuerungs- und Controlling-Systeme und eine belastbare Planung für die Geschäftsentwicklung. Der zweite Unterschied: Eigenkapital- versus Unternehmenswert. Die Brücke zwischen Eigenkapital- und Unternehmenswert ist der Abzug zinstragender Verbindlichkeiten, die Hinzurechnung von freien Barmitteln sowie etwaig überschüssiges Working Capital.

Praxistipps zur langfristigen Erhöhung des Eigenkapitalwerts

  • Heben von Finanzierungsreserven in Betriebsimmobilien (Sale & Lease Back)
  • Prüfen von fremdkapitalintensiven Investitionsentscheidungen unter Exit-Wert-Perspektiven
  • Systematische Optimierung des Working-Capitals
  • Arrangement von dynamischen Betriebsmittellinien

Wie kann die Transaktionswahrscheinlichkeit gesteigert werden? Neben unterschiedlichen Wertvorstellungen führen Due Diligence Findings und Gesellschafteruneinigkeiten zu den häufigsten Transaktionsabbrüchen. Für Ersteres empfiehlt sich im Unternehmen ein durchgängiges Revisionswesen, Qualitätsmanagement oder mindestens ein umfassendes Vertrags- und Dokumenten-Management. Extern können periodische rechtliche oder steuerliche Transaction-Readiness Checks von spezialisierten Rechtsanwalts- und Steuerkanzleien mögliche Hemmnisse identifizieren. Für die Harmonisierung der Gesellschafter-Interessen bieten Satzungen und Gesellschaftervereinbarungen probate Handlungsmöglichkeiten wie bspw. Shoot-Out Regelungen, Mitverkaufsverpflichtungen oder Stimmbindungsvereinbarungen.

Die Käufer-Perspektive

Wie können Käufer ihren Transaktionserfolg optimieren? Nach meinem persönlichen Leitsatz: „Wer seinen Hafen nicht kennt, für den kann jeder Wind der richtige sein“, steht an erster Stelle die Frage nach dem Vorhandensein einer langfristigen Unternehmensstrategie. Daran schließt sich die „Make or Buy“-Frage an. Wenn beides ausreichend formuliert ist, wird M&A zum Bestandteil der strategischen Unternehmensentwicklung und damit auch der Erfolg „plan- und messbar“.

Was sind aus Käufersicht die Erfolgskriterien? Wie für den Verkäufer nimmt auch für den Käufer der Kaufpreis einen der ersten Plätze ein, direkt gefolgt von Transaktionseffizienz und -sicherheit. Wichtiger als beim Verkäufer ist aus der Käuferbrille der Return-on-Investment, dass sich die Transaktion rechnet.

Welche Gestaltungsmöglichkeiten hat ein Käufer zur Optimierung von Kaufpreis und Transaktionssicherheit?

  • Die Marke / Reputation
    Ist das Unternehmen als verlässlicher Partner für M&A-Transaktionen bekannt, der geräuschlos und behutsam mit seinen Beteiligungen umgeht, kann das für Berater wie für Verkäufer ein wichtiges Kriterium sein, um auch  einen „niedrigeren“ Kaufpreis zu akzeptieren.
  • Das Team
    Ein eingespieltes Team, etablierte Prozesse und ein erprobtes M&A-Playbook mit quantitativen und qualitativen Entscheidungskriterien und Beteiligungslogiken reduziert Rüstzeiten, schafft Vergleichbarkeit und beschleunigt die Entscheidungsfindung, um sich auf die wirklich essenziellen Projekte zu konzentrieren.
  • Der Dealflow
    Je klarer die strategische Formulierung der M&A-Ziele ist, desto eher können das M&A-Team, die Business Unit Manager oder externe Berater das Unternehmen in Eins-zu-Eins Situationen bringen, ohne preistreibende und informationsasymmetrische Auktionsprozesse.
  • Die Firepower
    Ein laufender, transparenter Dialog mit Finanzierungspartnern aus der Banken-, Mezzanine- und Beteiligungswelt wirkt vertrauensbildend und bietet M&A-Akteuren die Möglichkeit ausreichend M&A-Finanzierungsoptionen aufzubauen, um bei einem Zukauf dem Verkäufer Transaktionssicherheit zu bieten.

FAZIT

Eine gute Vorbereitung auf eine Transaktion optimiert den Wert sowohl für Verkäufer als auch Käufer und ist der wichtigste Garant für den erfolgreichen Abschluss eines M&A-Projektes.

In der zweiten Kolumne der Reihe „M&A-Praxisperspektiven“ wird das Thema Return-on-Investment im Mittelpunkt stehen.


 

Autorenprofil
Jan Pörschmann

Jan Pörschmann (*1970) ist Gründer und Managing Partner der Proventis Partners GmbH in München, mit über 30 Professionals eine der führenden inhabergeführten M&A Beratungen der DACH Region. Er hat in den letzten 20 Jahren fast 100 Transaktionen erfolgreich umgesetzt, mit einem besonderen Schwerpunkt auf Transaktionen im Technologie-, Software- und Medienumfeld. Neben seiner Tätigkeit bei Proventis ist er als Gastdozent tätig und Mitglied verschiedener Beiräte. Vor Gründung von Proventis Partners war Jan Pörschmann Mitglied des Vorstands einer Venture Capital Gesellschaft sowie fünf Jahre in leitenden Positionen bei dem amerikanischen Technologiekonzern 3M in Neuss und Paris tätig.

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