Die Erbschaftsteuer ist weiterhin zentraler Bestandteil steuerpolitischer Diskussionen. Zwar finden sich im Koalitionsvertrag der Ampelkoalition keine Hinweise auf eine Reform; vor dem Hintergrund der Parteiprogramme von SPD und Bündnis90/Die Grünen bleibt es aber denkbar, dass Verschärfungen insbesondere in der Erbschaftbesteuerung von Unternehmen künftig in Erwägung gezogen werden. Aufgrund dessen wird einmal mehr deutlich, dass es sich lohnt, das Thema Unternehmensnachfolge frühzeitig in den eigenen Fokus zu rücken und in die strategische Unternehmensplanung einzubeziehen.
Nach aktuellen Schätzungen des Instituts für Mittelstandsforschung (IfM) in Bonn steht bis zum Jahr 2026 bei etwa 190.000 Unternehmen die Übergabe an die nächste Generation an. Die richtige Nachfolgeplanung ist dabei unumgänglich und stellt Unternehmen sowohl vor rechtliche als auch vor steuerliche Herausforderungen.
Verfügung von Todes wegen oder Schenkung zu Lebzeiten?
Wichtigste Weichenstellung ist dabei die Entscheidung, ob das Vermögen bereits zu Lebzeiten an die nächste Generation übergeben werden soll. Neben einer geregelten Übergabe der Unternehmensführung lassen sich bei lebzeitigen Übertragungen auch steuerliche Vorteile nutzen, denn die erbschaftsteuerlichen Freibeträge können alle zehn Jahre neu in Anspruch genommen werden, sodass diese Freibeträge bei Schenkungen mehrfach genutzt werden können. Eine individuelle Gestaltung des Schenkungsvertrags ermöglicht es zudem, dass sich der Unternehmer auch nach der Übertragung Mitentscheidungsrechte und Unternehmenserträge vorbehält. Außerdem besteht die Möglichkeit, die Schenkung mit Auflagen zu verbinden, und es kann vorgesehen werden, dass diese unter bestimmten Umständen sogar rückgängig gemacht werden kann.
Eine Schenkung ist grundsätzlich nur wirksam, wenn sie notariell beurkundet wurde. Zwar kann ein etwaiger Formmangel grundsätzlich durch Vollzug der Schenkung geheilt werden, sofern aber auch die Vermögensübertragung selbst an Formvorschriften gebunden ist, entfällt diese Möglichkeit; dies gilt zum Beispiel für die Übertragung von GmbH-Geschäftsanteilen oder Grundvermögen.
In jedem Fall klare Vorkehrungen für den Erbfall treffen
Wer sich nicht damit anfreunden kann, sein Vermögen bereits zu Lebzeiten weiterzugeben, sollte umso mehr Wert darauflegen, ausreichend klare Vorkehrungen für den Erbfall zu treffen. Wird nämlich die Nachfolge nicht per Testament geregelt, greift die gesetzliche Erbfolge. Diese entspricht aber häufig nicht den Wünschen des Erblassers und kann gerade bei Unternehmensnachfolgen die Kontinuität der Unternehmensführung gefährden. Hinzu kommen auch steuerliche Nachteile. Dagegen kann durch ein Testament nicht nur der Kreis der Erben bestimmt werden, sondern auch, zu welchem Anteil das Vermögen auf diese übergeht, sodass verfügbare Freibeträge möglichst effizient ausgenutzt werden können. Sollen einzelne Erben bestimmte Vermögensgegenstände beziehungsweise Unternehmensanteile erhalten, kann dies durch ein sogenanntes Vermächtnis ebenfalls testamentarisch geregelt werden.
Ein Testament bietet also weitreichende Gestaltungsfreiheiten, welchen aber durch das gesetzliche Pflichtteilsrecht Grenzen gesetzt werden. Dieses sollte daher von Anfang an in die Überlegungen zu einer umfassenden Nachfolgegestaltung einbezogen werden. Gegebenenfalls kann hier ein vertraglich zu vereinbarender Pflichtteilsverzicht sinnvoll sein.
Wie die Schenkung unterliegt auch das Testament bestimmten Formvorschriften. Es muss entweder eigenhändig handschriftlich verfasst oder notariell beurkundet und verwahrt werden. Insbesondere bei komplexeren Vermögensübergängen empfiehlt es sich daher, das Testament zusammen mit einem fachkundigen Berater zu erarbeiten und anschließend notariell beurkunden zu lassen. Dadurch werden erbrechtliche Streitigkeiten aufgrund lückenhafter oder missverständlich formulierter testamentarischer Regelungen vermieden. Ebenso können im Falle von Unternehmensnachfolgen gegebenenfalls auftretende steuerliche Wechselwirkungen von vornherein berücksichtigt und möglicherweise erforderliche gesellschaftsvertragliche Anpassungen rechtzeitig vorgenommen werden.
Liquiditätsfalle Erbschaftsteuer
Damit es im Erbfall nicht zu Liquiditätsengpässen kommt, sollte schon bei der Nachfolgeplanung die Belastung des Vermögens mit Erbschaft- beziehungsweise Schenkungsteuer nicht außer Acht gelassen werden.
Steuerpflichtig ist grundsätzlich jeder unentgeltliche Erwerb eines Erben, Pflichtteilsberechtigten, Vermächtnisnehmers oder eines Beschenkten. Die Höhe der Steuer wird zunächst durch die individuelle Steuerklasse, den progressiven Steuertarif und abzuziehende persönliche Freibeträge beeinflusst, welche sich nach dem Verwandtschaftsverhältnis von Erblasser und Erben beziehungsweise Schenker und Beschenktem richten.
Daneben ist Grundlage für die Besteuerung der Wert der Erbschaft beziehungsweise der Schenkung. Die konkrete Wertermittlung erfolgt abhängig vom übertragenen Vermögensgegenstand anhand unterschiedlicher Methoden. Gerade beim Übergang von Betriebsvermögen können außerdem verschiedene Begünstigungsregelungen in Anspruch genommen werden, die in den letzten Jahren wiederholt Gegenstand von gesetzlichen Reformen waren und auch zukünftig Änderungen unterliegen könnten. Dies betrifft insbesondere die Steuerbefreiung für den Erwerb von Betriebsvermögen von bis zu 100% oder den besonderen Verschonungsabschlag von bis zu 30% auf das produktive Unternehmensvermögen von Familienunternehmen. Allerdings sind auch die aktuellen Steuerbefreiungen an bestimmte Bedingungen und Einschränkungen geknüpft, die vom Erben beziehungsweise Beschenkten für einen Zeitraum von mehreren Jahren nach der Vermögensübertragung einzuhalten sind. Um hier den Überblick zu wahren und Steuerbegünstigungen optimal nutzen zu können, sollte für die Strukturierung der Unternehmensnachfolge und die in diesem Zusammenhang erforderliche Bewertung von Betriebsvermögen stets ein Berater mit erbschaftsteuerlicher Expertise herangezogen werden.
Fazit
Um bei Unternehmensnachfolgen sowohl die Kontinuität der Unternehmensführung zu wahren als auch die Liquiditätsbelastung des Unternehmens beziehungsweise der Unternehmer zu kontrollieren, kommt neben der rechtssicheren Ausgestaltung einer Nachfolgeregelung der Ermittlung einer künftig zu erwartenden Erbschaft- oder Schenkungsteuer erhebliche Bedeutung zu. Es lohnt sich daher, die Übertragung bereits zu Lebzeiten im Blick zu haben, um aus den derzeit geltenden Begünstigungsregelungen Nutzen zu ziehen, insbesondere da ungewiss ist, ob diese auch in Zukunft in dieser Form bestehen werden. In jedem Fall sind eine sorgfältige Überprüfung des erbschaft- beziehungsweise schenkungsteuerlichen Status quo sowie eine Erbschaft- beziehungsweise Schenkungsteuerplanung, welche kontinuierlich an etwaige Gesetzesänderungen angepasst wird, im Bereich der (Unternehmens-)Nachfolge unerlässlich.
Dieser Beitrag erscheint in der Unternehmeredition 1/2022.
Christian Matern
Christian Matern ist Steuerberater, hat an der Universität Bayreuth Betriebswirtschaftslehre studiert und ist seit 2006 bei Ebner Stolz tätig. Seit mehreren Jahren liegt sein Beratungsschwerpunkt im Bereich der Erbschaft-/Schenkungsteuer und hier insbesondere auch auf bewertungsrechtlichen Fragestellungen, wobei die steueroptimierte Übertragung von betrieblichem Vermögen und die damit einhergehende steuerliche Strukturierungsberatung im Zentrum stehen. Außerdem ist er bei internen Schulungen sowie im Rahmen externer Vorträge zum Thema Erbschaft-/Schenkungsteuer tätig.