Leasing zu echten Kosten

„Offene“ Verträge kommen in Mode

Foto: © AdobeStock_Phushutter

Mobilität und Leasing zur Finanzierung der Firmenfahrzeuge sind zwei Seiten derselben Medaille. Aber Leasing ist nicht gleich Leasing. Gemeinhin wird es mit Kilometer-/Laufzeitverträgen (z.B. „36 Monate/90.000 km“) gleichgesetzt. Inzwischen entscheiden sich aber immer mehr Fuhrparkbetreiber für „offene“ Leasingverträge. Diese versprechen mehr Flexibilität bei der Fahrzeugnutzung und marktgerechte Preise.

Wenn am Ende der Leasingnehmer sein Auto an den Händler zurückgibt, wird seine Geduld auf eine harte Probe gestellt. Es beginnt die Suche nach kleinsten Schrammen oder Dellen − Quadratzentimeter für Quadratzentimeter. Sogenannte Gebrauchsschäden addieren sich nicht selten auf 2.000 EUR. Bei Nutzfahrzeugen wie Transportern sind es zum Teil deutlich mehr.

Streitigkeiten über vermeintliche Wertminderungen gehören sozusagen zur Tradition im Fahrzeugleasing. Andere kostspielige Eigenarten ihrer Leasingverträge haben viele, selbst kühl rechnende Unternehmen über Jahrzehnte widerstandslos hingenommen. Die fixe Monatsrate und das Full-Service-Leasing mit inkludierten Wartungen, Reifenwechseln oder Versicherungen versprechen zwar Kostensicherheit. Sie sind aber in der Regel teurer, als der Markt es rechtfertigt, und die Kratzer-Falle nur Ausdruck eines im Grunde systemischen Problems: dass nämlich die Kosten eines Kilometer-/Laufzeitvertrags nicht der tatsächlichen Abnutzung eines Fahrzeugs entsprechen. So, wie es die Grundidee des Leasings ist.

Kosten versus Nutzen

Schon die kalkulatorischen Restwerte sind fiktiv und werden von der Leasinggesellschaft zur eigenen Risikoabsicherung tendenziell niedrig angesetzt. Das erhöht die Leasingrate und beschert der Leasinggesellschaft bei der Wiedervermarktung noch einen Zusatzgewinn. Zum Beispiel war laut der aktuellen Statistik der Deutschen Automobiltreuhand der Gebrauchtwagenmarkt zwischen 2003 und 2022 16 Mal im Plus und nur vier Mal rückläufig. Geschlossene Verträge sind zudem wenig flexibel. Wenn sich Nutzungsparameter durch betriebliche Erfordernisse oder unabwendbare Ereignisse wie eine Pandemie ändern, laufen die Leasingraten in gleicher Höhe weiter. Selbst ein günstig finanziertes Fahrzeug ist zu teuer, wenn es die meiste Zeit herumsteht.

Wenn das Geschäft dagegen brummt, kann die Leasinggesellschaft die Rückgabe am Tag X verlangen, selbst wenn für das Fahrzeug kein adäquater Ersatz zur Verfügung steht. Dies führte am Ende der Pandemie zu geradezu absurden Situationen. Unternehmen blieb nichts anderes übrig, als sündhaft teure Anschlussverträge zu unterschreiben oder die Rückläufer zu astronomischen Preisen selbst zu übernehmen. Dies war vor allem bei dringend benötigten Produktivfahrzeugen der Fall, Fahrzeugen also, die einen hohen Anteil an der Wertschöpfung der Firma haben. Hier sind im Zeitraum 2021 bis 2023 die Restwerte zum Teil über den Preis gestiegen, der via Leasingraten bereits bezahlt worden war. Das bedeutet: Die Leasinggesellschaft toppte ihren ohnehin kalkulierten Gewinn noch einmal um genau diesen Betrag, während sich für den Leasingnehmer die Kosten verdoppelten, wenn er sich gezwungenermaßen zu einem Erwerb des Rückläufers entschieden hat.

Transparenz gefragt

Bei der vertragsgemäßen Rückgabe sorgen neben den Minderwertabrechnungen auch geringe Minderkilometervergütungen für nicht oder nur kaum genutzte Fahrzeuge für Überraschungen. Häufig wird nur ein Drittel von dem erstattet, was für zu viel gefahrene Kilometer nachberechnet würde. Obwohl der Wertverlust pro gefahrenem Kilometer und der Wertgewinn pro Minderkilometer kaum voneinander abweichen, wie kein Geringerer als der ADAC befindet.

Für den privaten Leasingnehmer wäre dies womöglich ein Aufreger für den Stammtisch. Für gewerbliche Flotten mit vielen Fahrzeugen stellt sich dagegen die Frage, ob diese Leasing-Praxis den Anforderungen eines vollkostenorientierten Managements überhaupt gerecht wird. Voraussetzung wäre Transparenz über alle Ausgabenpositionen, die bei Full-Service-Verträgen nicht gegeben ist. Sinken die Werkstattpreise, zahlen die Leasingnehmer dadurch keinen Cent weniger an Raten; es steigt vielmehr der Gewinn der Leasinggesellschaft.

Der „offene“ Vertrag

Es handelt sich um einen kaufähnlichen „offenen“ Leasingvertrag. Dieser war schon im Leasingerlass von 1971 als „Vollamortisationsvertrag“ vorgesehen.  Bei einem offenen Vertrag entscheidet man sich nicht schon vor Vertragsbeginn für feste Laufzeiten und -leistungen, sondern nur für die Tilgungsdauer der Finanzierung, für die eine monatliche Rate gezahlt wird. Die Laufzeit bestimmt ganz allein der Leasingnehmer.

Bei einigen Anbietern kann der Leasingnehmer den Vertrag ab dem dritten Monat jederzeit kündigen, indem er die Restschuld begleicht. Damit geht das Fahrzeug in seinen Besitz über. Er kann es weiterfahren, zum aktuellen Marktpreis verkaufen oder den Verkauf der Leasinggesellschaft überlassen. „Am Ende bilden die gezahlten Raten und das Ergebnis aus Vermarktungspreis abzüglich der Restschuld den realen Verbrauch oder die Nutzungskosten des Leasingobjekts ab. Es gibt keinen Streit über vermeintliche Wertminderungen, zu wenig vergütete Minder- oder zu hoch bemessene Mehrkilometer“, erläutert Henning Schick, Sales Director des Fuhrparkmanagement-Dienstleisters Holman GmbH, der deutschen Tochter der US-amerikanischen Holman Inc.

Fahrzeugservices können separat zu jeweils aktuellen Marktpreisen eingekauft werden. Im Endeffekt entsprächen die Kosten der tatsächlichen statt einer fiktiven (Ab-)Nutzung eines Fahrzeugs. Schick: „Immer mehr Fuhrparks wählen dieses Modell, denn es gibt ihnen die Möglichkeit, ihr Fahrzeug flexibel zu nutzen, und eine vollständige Transparenz über die Kosten.“ Im Mutterland des Leasings sei „Open-End“, so die freie Übersetzung, seit Jahrzehnten die bestimmende Variante. „Nach der angelsächsischen Management-Lehre stünden Pauschalpreise jeglicher Art einem aktiven Kostenmanagement diametral entgegen.

Fazit

Mit der immer volatileren Wirtschaft und Auslastungsschwankungen von Unternehmen wächst der Bedarf an flexiblen Finanzierungs- und Nutzungskonzepten für die Unternehmensmobilität. Offene Leasingverträge sind eine Option. Sie bieten zudem volle Kostentransparenz und die Möglichkeit, Fahrzeuge zu aktuell besten Konditionen zu beschaffen, zu betreiben und zu veräußern.


Stimmen aus der Fuhrpark-Praxis

“Bei starker Beanspruchung können die Schäden rechnerisch bei wenigstens 2.500 Euro pro Fahrzeug liegen. Nur: Die fallen bei der Weitervermarktung im Nutzfahrzeugbereich gar nicht an und zurzeit ist ohnehin jeder froh, wenn er ein Fahrzeug bekommt. Dann gibt es einen Abzug von vielleicht 1.000 Euro. Bei einer herkömmlichen Schadenabrechnung ist dagegen die Leasingfirma happy. Und zwar darüber, dass sie die 1.500 Euro zusätzlich einstreichen kann, ohne dass sie die Schäden überhaupt beheben lässt. Deshalb rate ich meinen Kunden mit industriellem Nutzungsprofil in der Regel zu einem offenen Leasingvertrag.”

Christian Keller, Fuhrparkberater(Keller Consulting)

 „Wer nicht genau hinschaut, zahlt am Ende einen hohen Preis. Sonderkonditionen oder Rabatte erscheinen auf den ersten Blick attraktiv, sind aber in ein Gesamtkonstrukt eingebettet, das am Vertragsende seinen ganzen Charme zugunsten der Leasinggesellschaft entfaltet“.

Professor Hans-Peter Burghof, Inhaber des Lehrstuhls für Bankwirtschaft am Institut für Financial Management der Universität Hohenheim

„Mit den All-inklusive-Angeboten nimmt die Preistransparenz ab.“

Benjamin Kibies, Analyst, Dataforce GmbH (Marktforschung im Bereich gewerbliche Mobilität)

„Wir haben seit jeher offene Leasingverträge und können sehr flexibel auf verschiedene Bedingungen reagieren.“

Unternehmenssprecher, Adolf Würth


Berechnungsbeispiel

Vergleich geschlossener/offener Leasingvertrag
Beispiel: VW Golf Variant Comfortline 2,0 TDI SCR. Der auf 30 Monate befristete/auf 180.000 Kilometer limitierte Leasingvertrag wird betriebsbedingt 35,2 Monate gefahren (stillschweigende Verlängerung gem. § 625 BGB), Tachostand 130.901 km, Erstattung Minderkilometer lt. Vertrag 2,7 Cent/km, gedeckelt auf 10.000 km
Geschlossener Vertrag Offener Vertrag
Eckdaten
Limits 30 Monate/180.000 km
Netto-Listenpreis 36.836,13 €
Rabatt/Nachlass 9.209.03 €
Finanzierungsbetrag 27.627,10 € 27.627,10
Leasingraten 490,00 € 485,27 €
Zinsen/Tilgung
Kosten nach 35,2 Monaten
Gezahlte Raten +14.700,00 € +14.558,10 €
Weitere Raten 5,2 Monate +2.548,00 € + 2.523,40 €
Minderkilometer -270,00 €
Rückgabeschäden +2.370,45 €
Restschuld +11.316,31 €
Verkaufserlös zugunsten des Leasingnehmers -13.000,00 €
Remarketinggebühr +275,00 €
Tatsächliche Kosten 19.348,45 € 15.672,81 €
Differenz -3.675,64 €
Quelle: Holman  

 

Autorenprofil
Manfred Godek
Journalist, PR-Berater | Website
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