Ein Drittel des Mittelstands sieht Risiken durch Ukrainekrieg

Die Mehrheit der Mittelständler in Deutschland macht sich angesichts des Ukrainekriegs nur wenig Sorgen um die eigene wirtschaftliche Situation. Etwa jedes dritte kleine und mittelständische Unternehmen sieht in dem Konflikt jedoch hohe oder mittlere Risiken für seine Geschäftsentwicklung in den kommenden zwölf Monaten. Dies zeigen die repräsentativen Ergebnisse einer Sonderbefragung zum KfW-Mittelstandspanel im März 2022.

Tiefer sind die Sorgenfalten vor allem im Verarbeitenden Gewerbe und im Handel. Hier liegen die Anteile der Unternehmen, die den Ukrainekonflikt als ein hohes Risiko wahrnehmen, über dem Durchschnitt (17% bzw. 22%). Die schwächere Konjunktur, steigende Energiepreise und bei einigen auch das Risiko gestörter Lieferketten und wegbrechender Absatzmärkte sind hierfür ausschlaggebend. Im Dienstleistungssektor und auch im Bau liegt der Anteil dagegen nur bei jeweils 12%.

„Gut jedes dritte mittelständischen Unternehmen sieht im Ukrainekrieg und den Sanktionen gegen Russland aktuell ein bedeutsames Risiko fürs eigene Geschäft,“, sagt Dr. Fritzi Köhler-Geib, Chefvolkswirtin der KfW. „Von Relevanz für den Mittelstand in der Breite und gleichzeitig schwer abzuschätzen sind auch die konjunkturellen Folgen des Konflikts für Deutschland. Unter der hohen Unsicherheit dürfte die Investitionsbereitschaft des Mittelstands weiter leiden. Umso wichtiger ist es, das Ziel einer digitalen und klimaneutralen Wirtschaft für Deutschlands Zukunftsfestigkeit fest im Blick zu behalten.“

Steigende Energiepreise und gestörte Lieferketten

In den Befragungsergebnissen zeigt sich, dass vor allem solche Mittelständler negative Auswirkungen auf ihre wirtschaftliche Entwicklung befürchten, die auch steigende Energiepreise als hohes Risiko für ihre Geschäftsentwicklung einstufen. Störungen in den Lieferketten dürften ein weiterer Grund für die Besorgnis sein. Denn auch wenn nur 2,6% aller kleinen und mittleren Unternehmen Rohstoffe und/oder Vorprodukte aus Russland beziehen, so liegt dieser Anteil bei den kleinen und mittleren Unternehmen des Verarbeitenden Gewerbes mit 11% deutlich höher.

Für einige Mittelständler dürfte auch das Wegbrechen Russlands als Absatzmarkt ein Risiko darstellen. Allerdings sind die Verflechtungen des Mittelstands mit Russland auch auf der Exportseite eher gering. Im Jahr 2015 erzielten knapp 11% aller auslandsaktiven Mittelständler Umsätze in Russland – das sind kaum mehr als 2% aller Mittelständler. Der Anteil dürfte seither tendenziell noch zurückgegangen sein.

Regierung beschließt schnelle und spürbare Entlastungen

Die Bundesregierung hat angesichts der stark steigenden Energiepreise schnelle und spürbare Entlastungen auf den Weg gebracht. Dazu zählen umfassende steuerliche Entlastungen sowie weitere unterstützende Maßnahmen.

Um die finanziellen Auswirkungen der gestiegenen Energiekosten für die Menschen und die Wirtschaft abzumildern, hat die Bundesregierung mit einem ersten Entlastungspaket rasch umfangreiche Maßnahmen zur Entlastung und sozialen Unterstützung auf den Weg gebracht. Angesichts der weiter massiv steigenden Energiepreise haben sich die Bundesregierung tragenden Parteien auf weitergehende Entlastung und Unterstützung verständigt.

Der Koalitionsausschuss einigte sich bei seinem Treffen vom 23. März 2022 im Grundsatz auf ein weiteres Entlastungspaket, das nun umgesetzt werden soll. Es beinhaltet weitreichende Maßnahmen zur kurzfristigen und befristeten Entlastung bei den Energiekosten. Dazu zählen insbesondere:

  • Energiesteuer auf Kraftstoffe soll für drei Monate gesenkt werden. Der Benzinpreis sinkt damit um 30 Cent je Liter, Diesel um 14 Cent je Liter.
  • Einmalige Energiepauschale in Höhe von 300 EUR.
  • Vergünstigte Tickets für den ÖPNV.
  • Zusätzliche Einmalzahlung für Familien von 100 EUR pro Kind.
  • Weitere Einmalzahlungen für Empfangende von Sozialleistungen.

Bereits von der Bundesregierung beschlossen wurden umfangreiche Maßnahmen aus dem ersten Entlastungspaket. Dazu zählt das Steuerentlastungsgesetz 2022, das am 16. März 2022 vom Kabinett auf den Weg gebracht wurde. Damit gilt rückwirkend zum 1. Januar 2022:

  • Der Arbeitnehmerpauschbetrag steigt um 200 EUR auf 1.200 EUR.
  • Der Grundfreibetrag steigt um 363 EUR auf 10.347 EUR.
  • Die Entfernungspauschale für Fernpendler (ab dem 21. Kilometer) sowie die Mobilitätsprämie steigen auf 38 Cent.

Weitere steuerliche Entlastungen werden mit dem Vierten Corona-Steuerhilfegesetz umgesetzt, auf das sich das Kabinett am 16. Februar 2022 verständigt hat:

  • Erweiterte Verlustverrechnung,
  • Verlängerung der degressiven Abschreibung um ein Jahr,
  • Verlängerung der Home-Office-Pauschale,
  • Steuerfreie Zuschüsse zum Kurzarbeitergeld,
  • Steuerfreiheit für Corona-Pflegebonus bis zu 3.000 EUR und
  • Verlängerung der Abgabefrist für Steuererklärungen 2020, 2021 und 2022.

Zur Entlastung von Verbraucherinnen und Verbrauchern bei den Stromkosten entfällt zum 1. Juli 2022 die EEG-Umlage . Die sich daraus ergebende Entlastung von insgesamt rund 6,6 Mrd. EUR sollen Stromanbieter in vollem Umfang an ihre Endverbraucher weitergeben.

Weitere Maßnahmen zur sozialen Unterstützung von Bürgerinnen und Bürgern:

  • 100 EUR Coronazuschuss für Beziehende von Arbeitslosengeld II oder Grundsicherung.
  • 20 Euro pro Monat Sofortzuschlag für von Armut betroffene Kinder
  • Einmaliger Heizkostenzuschuss
    • 270 EUR für Beziehende von Wohngeld (bei Haushalt mit zwei Personen: 350 EUR, pro weiterem Familienmitglied 70 EUR)
    • 230 EUR für Azubis und Studierende im Bafög-Bezug.
Autorenprofil

Als Chefredakteurin der Unternehmeredition berichtet Eva Rathgeber regelmäßig über Unternehmen und das Wirtschaftsgeschehen. Sie verfügt über langjährige Erfahrung im Wirtschaftsjournalismus und in der PR.

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