Deutsche Unternehmen scheuen zunehmend, in Wachstumsmärkten zu investieren. Gleichzeitig unterschätzen sie Risiken bei Auslandsgeschäften. Diese Ergebnisse gehen aus einer aktuellen Umfrage von KPMG unter 200 deutschen Unternehmen mit einem hohen Auslandsumsatz hervor.
Demnach nimmt die Investitionsneigung der deutschen Industrie im Ausland seit den vergangenen fünf Jahren ab. Es sind sukzessive weniger Investitionsprojekte deutscher Unternehmen im Ausland zu verzeichnen. Insbesondere in den Wachstumsmärkten China und Indien gehen die Investitionen deutscher Unternehmen seit einiger Zeit zurück.
Zurückhaltung in Wachstumsmärkten
In den kommenden fünf Jahren wollen die deutschen Unternehmen ihr Wachstum hauptsächlich auf die reifen Märkte Europas (59 Prozent) und Nordamerikas (46 Prozent) konzentrieren. Auf den wichtigen Wachstumsmärkten Indien, Afrika und Südamerika bleibt hingegen die Investitionsbereitschaft deutscher Unternehmen überraschenderweise weiterhin niedrig. Trotz des Rückgangs zuletzt bleibt China ein wichtiges Land für Investitionen: 51 Prozent der befragten Unternehmen planen diese auszubauen. Als einziger neuer interessanter Markt tut sich laut Studie Südostasien hervor (31 Prozent).
Andreas Glunz, Bereichsvorstand International Business bei KPMG in Deutschland: „Deutsche Unternehmen haben mit rund 27.000 Unternehmen mehr Tochtergesellschaften im Ausland als US-amerikanische Unternehmen und stehen damit an Position 1 in der Welt. Allerdings schöpfen sie durch ihr vergleichsweise zurückhaltendes Engagement auf den weniger entwickelten Märkten ihr Wachstumspotenzial nicht aus.”
Indien bietet größeres Potenzial als China
Frank Hemker, Leiter Country Practice Indien bei KPMG in Deutschland: „Indiens Wirtschaft befindet sich gemessen am Bruttoinlandsprodukt erst auf dem Stand Chinas von 2007. In vielerlei Hinsicht ist das Potenzial Indiens allerdings sogar noch größer: In wenigen Jahren wird der asiatische Subkontinent das bevölkerungsreichste Land der Erde sein.“
Auslandsrisiken werden unterschätzt
Ein weiteres Ergebnis der Studie: Nur eines von vier deutschen Unternehmen (26 Prozent) hält es für wahrscheinlich, dass innerhalb der kommenden fünf Jahre ein unvorhergesehenes Ereignis wie Naturkatastrophen und politische Umwälzungen massiven Einfluss auf sein Auslandsgeschäft haben könnte.
Andreas Glunz: „Das ist insofern erstaunlich, als ja erst in jüngerer Vergangenheit Ereignisse wie der Brexit, der Putschversuch in der Türkei oder der Konflikt zwischen der Ukraine und Russland gezeigt haben, wie schnell sich die Lage ändern kann – mit massiven Auswirkungen auch auf das Auslandsgeschäft. Seit dem vergangenen Jahr ist es erstmals ein Mix aus Krisen in Schwellen- und Entwicklungsländern, die aktuell zu einer starken Abkühlung der Weltwirtschaft führen. Aufgrund der Komplexität und Verwobenheit der Weltwirtschaft ist es schwer einzuschätzen, wie sich Risiken in einem Land beziehungsweise einer Region auf andere Länder und Regionen auswirken. Schließlich sind Wertschöpfungsketten heute so international wie nie zuvor.“
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