In 28 Jahren hat sich die Komsa Kommunikation Sachsen AG zum größten privaten Unternehmen Sachsens entwickelt. Die bevorstehende Digitalisierungswelle wird ihr noch einen weiteren Schub verleihen. VON TORSTEN HOLLER
In seinem Heimatland Schweden hatte der deutschstämmige Gunnar Grosse, ein studierter Kaufmann, eine steile Karriere hingelegt: über viele Jahre geschäftsführender Gesellschafter in einer fischverarbeitenden Fabrik und bis 1990 Vorstandsmitglied einer schwedischen Versicherung. Nach dem Fall der Mauer entschloss er sich, nach seinen familiären Wurzeln in Deutschland zu suchen. Er entdeckte einen alten Bauernhof in Hartmannsdorf vor den Toren von Chemnitz, den seine Familie über viele Generationen lang bewirtschaftet hatte – doch statt der Landwirtschaft widmete er sich dem riesigen Bedarf an Telekommunikationstechnik. Gerade gingen die ersten digitalen Mobilfunknetze an den Start. Daher gründete er 1992 mit drei Mitstreitern aus der Region das Unternehmen Komsa Kommunikation Sachsen AG, machte den elterlichen Bauernhof zu dessen erstem Hauptsitz und lieferte die allerorts dringend benötigte Kommunikationstechnik.
Dann erweiterten die Gründer 1996 ihre Geschäftsfelder: „Es entstanden die Bereiche mobile Datenkommunikation und Internet. Damit waren wir einer der ersten Player auf dem Markt“, erinnert sich der heutige Produktionsvorstand Sven Mohaupt, der in der damaligen Wachstumsphase ins Unternehmen kam. Das war die Grundlage dafür, dass es mit dem steten organischen Wachstum weiterging. „Ein wichtiger Punkt ist, dass wir unsere Dienstleistungsbereiche strikt nach den Anfragen unserer Kunden ausgerichtet haben“, sagt Mohaupt. „So sind wir Generalist geblieben und haben uns nicht in eine Nische zurückgezogen.“
Dass es durchaus sinnvoll ist, gewisse Dienstleistungen im eigenen Haus zu behalten, zeigt sich am Beispiel der Handyreparaturen. Das war ein Geschäftsfeld der ersten Stunde. „Damals mussten die Geräte noch richtig gelötet werden“, entsinnt sich Mohaupt. In Spitzenzeiten wurden bis zu 1 Mio. Handys repariert; dann halbierte sich allerdings die Nachfrage. Doch inzwischen spürt man bei Komsa Kommunikation das veränderte Verbraucherverhalten hin zu mehr Nachhaltigkeit. „Weg von der Wegwerfmentalität, hin zur mehrjährigen Nutzung“, so Mohaupt.
In 28 Jahren zum Milliardenumsatz
Groß denken, schnell diversifizieren und dabei doch familiär bleiben – auf diese Weise wuchs Komsa Kommunikation über die Jahre hinweg organisch und kam so 2015 an inzwischen sechs Standorten in Deutschland und einem in Polen erstmals über die Umsatzmilliarde. Mittlerweile hat man nahezu alle Produkte und Dienstleistungen entlang des Lebenszyklus digitaler Produkte im Portfolio. So wurde das Unternehmen zum zehntgrößten im Freistaat Sachsen.
Alle mit Blick auf den Umsatz höher gerankten Unternehmen haben entweder ihre Firmenzentrale in Westdeutschland oder werden von starken ausländischen Investoren unterstützt. Seit Anbeginn sind die Aktien im Mehrheitsbesitz der Gründerfamilie Grosse. Investitionen werden aus eigener Kraft gestemmt. 2003 eröffnete das Unternehmen eine eigene betriebliche Kindertagesstätte – die Hälfte der Mitarbeiterschaft waren Frauen. „Damit konnten wir vor allem Fachkräfte aus der Region eine Perspektive geben und auch etliche der gut Qualifizierten, die aus unserer strukturschwachen Gegend abgewandert waren, wieder zurückholen“, schildert Personalvorstand Katrin Haubold die Motivation. Die Kinder wachsen dort zweisprachig auf und werden gezielt in den Bereichen Mathematik, Naturwissenschaft, Ethik und Umwelt gefördert.
Investitionen aus eigener Kraft gestemmt
Dementsprechend versucht der große Familienbetrieb, die Balance zwischen Investitionen in die Belegschaft und in die betriebliche Infrastruktur zu halten. Folglich wurde auch die vorerst letzte große Investition – in Höhe von 30 Mio. EUR für das firmeneigene Logistikzentrum anno 2017 – wurde aus dem eigenen Wachstum und zu einem geringen Prozentsatz aus Fördermitteln des Freistaats Sachsen finanziert. Dort gibt es jetzt ein von der TU Chemnitz und dem Fraunhofer-Institut entwickeltes fahrerloses Transportsystem, um die jährlich 2,6 Mio. Pakete – vom reparierten Smartphone bis zum kompletten Telefon oder Konferenzanlagen – an die europaweit über 20.000 Handelspartner von Komsa Kommunikation zu verschicken.
Interview mit Sven Mohpaut: „Profitieren von den Werten eines Familienunternehmens“
Unternehmeredition: Herr Mohaupt, wie hat das Unternehmen seit März die Krise gemeistert?
Mohaupt: Wir haben bereits seit Februar ein Komsa-internes Präventionsteam im Einsatz, das passende Maßnahmen, die dem Schutz unserer Mitarbeiter und unserer Geschäftsfähigkeit dienen, evaluiert und umsetzt. Eine dieser Maßnahmen war es, dass wir zunächst knapp zwei Drittel der Belegschaft ins Homeoffice geschickt haben und dort auch heute noch die Hälfte aller Beschäftigten tätig sind. Darüber hinaus haben wir unseren Fachhandelspartnern, deren Läden von einem Tag auf den anderen geschlossen wurden, eine Onlineshop-Lösung zur Verfügung gestellt, mit der sich alternative Verdienstmöglichkeiten für sie ergaben.
Lief dieser Prozess reibungslos ab?
Wir haben davon profitiert, dass wir die Werte eines Familienunternehmens pflegen, also Zusammenhalt innerhalb der Komsa-Gruppe oder schnelle Entscheidungswege. Natürlich ruckelt es hier und da, wenn von heute auf morgen ein Großteil der Mitarbeiter gleichzeitig von zu Hause arbeitet. Da fehlt vielen der persönliche Kontakt zum Team. Mit unserer starken hauseigenen IT-Abteilung im Rücken können wir aber die Herausforderungen meistern.
Die Coronapandemie wird der Digitalisierung einen massiven Schub verleihen. Kann Komsa davon profitieren?
Das Thema Homeoffice und Videokonferenzen wird noch stärker in den Fokus rücken. Damit einhergehend sind vor allem Sicherheitslösungen für diesen Bereich gefragt. Dafür ist es allerdings notwendig, dass in Deutschland der Breitband- und Mobilfunkausbau massiv beschleunigt wird – sonst bleibt alles im Bereich der Digitalisierung nur Stückwerk.
Kurzprofil KOMSA Kommunikation Sachsen AG
Branche: Telekommunikation
Unternehmenssitz: Hartmannsdorf
Umsatz 2019: 1,2 Mrd. EUR
Mitarbeiterzahl: 1.450
www.komsa.com
Torsten Holler ist Gastautor.