Der Unternehmer Heinz Hermann Thiele, Mehrheitsaktionär und langjähriger Vorstandsvorsitzender und Aufsichtsratsvorsitzender der Knorr-Bremse AG ist am 23. Februar im Alter von 79 Jahren im Kreise seiner Familie in München gestorben. Heinz Hermann Thiele war eine der führenden Unternehmerpersönlichkeiten Deutschlands. Durch seine unternehmerische Vision baute er in mehr als 35 Jahren den Knorr-Bremse Konzern von einem mittelständischen Unternehmen in wirtschaftlich schwieriger Situation zu einem profitablen, weltweit erfolgreichen Konzern mit fast 30.000 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von rund 7 Mrd. EUR auf. Bis heute vertrauen Tag für Tag weltweit mehr als eine Milliarde Menschen auf die wegweisenden Technologien für mehr Sicherheit auf Schiene und Straße. Seinen unternehmerischen und persönlichen Erfolg verband er dabei immer auch mit gesellschaftlicher Verantwortung. Als Förderer gründete Thiele nicht nur im Jahr 2005 den gemeinnützigen Verein Knorr-Bremse Global Care e. V., sondern unterstützte auch zahlreiche weitere soziale und wissenschaftliche Projekte auf der ganzen Welt. In München förderte Thiele unter anderem die Bayerische Staatsoper, das Lenbachhaus, das Deutsche Museum und die TU München. Er wurde neben vielen anderen Ehrungen mit dem Bundesverdienstkreuz erster Klasse, dem Bayerischen Verdienstorden sowie im Jahr 2015 mit dem Deutsch-Brasilianischen Persönlichkeitspreis ausgezeichnet.
Entwicklung zum Technologiekonzern und Weltmarktführer
Als weitsichtiger Unternehmer hatte Heinz Hermann Thiele die Führung des Unternehmens bereits vor knapp 15 Jahren in die Hände externer Manager gelegt. Ein weiterer Schritt zur Sicherung der Zukunftsfähigkeit war der Börsengang im Jahr 2018, als er das Unternehmen dem Kapitalmarkt und weiteren Investoren öffnete. Heute liegt die Entwicklung der Firma in den Händen eines sehr erfahrenen Management Teams, welches den erfolgreichen Wachstumskurs der Knorr-Bremse AG gemeinsam mit Aufsichtsrat und allen Mitarbeitern im Sinne von Heinz Hermann Thiele weiterführen wird. Disziplin, Fairness, Leistungsbereitschaft und Verantwortungsbewusstsein bezeichnete der Vollblutunternehmer Thiele als seine wichtigsten Prinzipien. Auf dieser Grundlage und mit hohem persönlichem Einsatz entwickelte er den mittelständischen Münchener Zulieferbetrieb zu einem Technologiekonzern und Weltmarktführer. Dabei setzte der Pionier Thiele früh auf eine Internationalisierungsstrategie. Bereits in den 70er Jahren knüpfte er strategisch wichtige Kontakte nach Nordamerika und Japan, aber auch in die damals noch aufstrebenden Märkte Indien, Südamerika, Russland und insbesondere China, in denen das Unternehmen bis heute stark positioniert ist. Sukzessive baute er das weltweite Produktions- und Vertriebsnetzwerk des Konzerns mit umfassender regionaler Wertschöpfung und persönlicher Kundennähe auf. Heute ist Knorr-Bremse ein globaler Konzern mit mehr als 100 Standorten in über 30 Ländern.
Mehr als zwei Jahrzehnte als Vorstandsvorsitzender
Nachdem er das Unternehmen mehr als zwei Jahrzehnte als Vorstandsvorsitzender geführt hatte, gab Thiele die operative Führung ab und wechselte im Jahr 2007 als Vorsitzender in den Aufsichtsrat. In diesem Gremium brachte er sein Wissen stets zum Wohle des Unternehmens ein. Gleichzeitig widmete er sich vermehrt auch seinen vielfältigen weiteren unternehmerischen und persönlichen Interessen.
Heinz Hermann Thiele wurde am 2. April 1941 in Mainz geboren. Nach kriegsbedingter Flucht aus Ostdeutschland wuchs er in Vlotho (Weser) und Minden (Westfalen) auf, wo er 1961 sein Abitur machte. Sein Vater, der 1945 aus der Kriegsgefangenschaft zurückkehrte, nahm 1951 seine Tätigkeit als Rechtsanwalt und Notar wieder auf, verstarb aber bereits 1963 im Alter von 61 Jahren. Heinz Hermann Thiele wuchs nach dem Verlust des Familienbesitzes im zerstörten Berlin in bescheidenen Verhältnissen auf. Trotzdem konnte Thiele im Wintersemester 1962/1963 ein Jurastudium an der Universität München aufnehmen. „In der Rückschau betrachtet habe ich die äußerst beschränkten finanziellen Verhältnisse und die mir sehr fehlende Vaterfigur genutzt, um aus eigener Kraft etwas zu schaffen“, sagte Thiele später.
Im Jahr 1969 startete er seine berufliche Laufbahn bei der Knorr-Bremse als juristischer Sachbearbeiter in der Patentabteilung. Ab 1975 wurde Thiele mit dem Aufbau und der Expansion des Nutzfahrzeugbereichs betraut, 1979 in den Vorstand des Unternehmens berufen, dem er 28 Jahre lang angehörte. 1987 wurde er Vorstandsvorsitzender der Unternehmensgruppe, deren Gesellschaftsanteile er ab 1985 sukzessive erwarb. Von 2007 bis 2016 war Thiele Aufsichtsratsvorsitzender der Knorr-Bremse AG, ab Juli 2020 stellvertretender Vorsitzender. Bereits im Jahr 2016 wurde Heinz Hermann Thiele zum Ehrenvorsitzenden des Aufsichtsrats ernannt. Heinz Hermann Thiele hat sein ganzes Leben in den Dienst der Knorr-Bremse und vielfältiger weiterer unternehmerischer Tätigkeiten gestellt. Er hinterlässt ein einzigartiges und außergewöhnliches Lebenswerk.
Die Knorr-Bremse AG ist Weltmarktführer für Bremssysteme sowie weitere Systeme für Schienen- und Nutzfahrzeuge. Die Produkte von Knorr-Bremse leisten weltweit einen maßgeblichen Beitrag zu mehr Sicherheit und Energieeffizienz auf Schienen und Straßen. Rund 29.000 Mitarbeiter an über 100 Standorten in mehr als 30 Ländern setzen sich mit Kompetenz und Motivation ein, um Kunden weltweit mit Produkten und Dienstleistungen zufriedenzustellen. Im Jahr 2019 erwirtschaftete Knorr-Bremse in seinen beiden Geschäftsdivisionen weltweit einen Umsatz von 6,9 Mrd. EUR. Seit mehr als 115 Jahren treibt das Unternehmen als Innovator in seinen Branchen Entwicklungen in den Mobilitäts- und Trans-porttechnologien voran und hat einen Vorsprung im Bereich der vernetzten Systemlösungen. Knorr-Bremse ist einer der erfolgreichsten deutschen Industriekonzerne und profitiert von den wichtigen globalen Megatrends: Urbanisierung, Nachhaltigkeit, Digitalisierung und Mobilität.
Als Chefredakteurin der Unternehmeredition berichtet Eva Rathgeber regelmäßig über Unternehmen und das Wirtschaftsgeschehen. Sie verfügt über langjährige Erfahrung im Wirtschaftsjournalismus und in der PR.