Bei der Beantragung von Krediten müssen Deutschlands Mittelständler künftig nicht nur den Bankberater, sondern auch den Computer überzeugen. 77% der Unternehmen gehen davon aus, dass Künstliche Intelligenz (KI) künftig stark in die Bewertung und Bearbeitung von Firmenkrediten eingebunden sein wird. Die digitale Unterstützung wird dadurch bessere Konditionen ermöglichen, so zumindest die Erwartung. Gleichzeitig stockt derzeit die Kreditvergabe über die traditionellen Finanzierer. Das sind Ergebnisse der Studie „Finanzierungsmonitor 2023“, für die creditshelf, ein führender digitaler KMU-Finanzierer, gemeinsam mit der TU Darmstadt mehr als 200 Finanzentscheider aus mittelständischen Industrie-, Handels- und Dienstleistungsunternehmen befragt hat.
„Maschinelles Lernen und moderne KI-Systeme sind mächtige digitale Werkzeuge, die große Datenmengen in kürzester Zeit sinnvoll strukturieren und Muster erkennen. Damit sind sie ideal geeignet, um den Kreditvergabeprozess zu optimieren und effizienter zu gestalten“, sagt Dr. Daniel Bartsch, Vorstandsvorsitzender von creditshelf. Mit dieser digitalen Unterstützung könne die gesamte Prozesskette der Kreditvergabe beschleunigt und optimiert werden. „Die zunehmende Digitalisierung wirkt sich positiv aus, da jeder einzelne Schritt von der Antragstellung über die Konditionsberechnung bis hin zur Dokumentenablage des unterschriebenen Vertrags weiter automatisiert werden kann. Und je geringer der manuelle Aufwand, desto niedriger die Kosten. Damit ist der Weg zu effizienteren Kreditprozessen und flexibleren Konditionen geebnet“, so Branchenexperte Bartsch.
Die Erwartungen der Mittelständler sind hoch: 78% der Umfrageteilnehmer, die einen verstärkten Einsatz von KI auf Seiten der Kreditgeber erwarten, rechnen mit Effizienzvorteilen auf Seiten der Anbieter und daraus resultierenden besseren Konditionen. creditshelf-Vorstand Bartsch unterstützt diese Erwartung: „Finanzierungsplattformen nutzen moderne Technologien nicht als Selbstzweck, sondern im Dienste des Kunden. Davon profitieren vor allem Unternehmen, die offen und ohne Berührungsängste auf neue Partner zugehen.“ Die Studienergebnisse verdeutlichen aber auch die Bedenken der Unternehmen, die sich demnächst in der Interaktion mit KI-gestützten Kreditgebern sehen. So erwarten 84%, dass der reduzierte persönliche Kontakt die Verhandlungen erschweren wird, 88% glauben, dass der Faktor Vertrauen bei der Kreditvergabe an Bedeutung verlieren wird.
Nach Ansicht des Digitalisierungsexperten Bartsch muss der verstärkte Einsatz von KI jedoch nicht zwangsläufig entfremdend wirken: „Innovative Fintechs decken durch datenbasierte Analysen bei der Kreditvergabe häufig Details und Zusammenhänge auf, die der Hausbank bisher verborgen geblieben sind. Dadurch werden versteckte Potenziale der Unternehmen sichtbar. Zudem haben die Berater mehr Raum für das individuelle Gespräch, da zeitaufwändige Routineaufgaben automatisiert werden.“
Kreditnehmer profitieren von mehr Alternativen
Angesichts der Zinswende und grassierender Rezessionsängste empfiehlt Prof. Dr. Dirk Schiereck von der TU Darmstadt den Unternehmen, auch innovative Finanzierungsmodelle zu nutzen: „Eine zu starre Bindung an die Hausbank verhindert oft eine optimale Finanzierungsstruktur. Denn für innovative Finanzierungsmöglichkeiten brauchen Kreditgeber und Kreditnehmer flexible Gestaltungsspielräume. Mittelständische Unternehmen sollten daher einen Finanzierungspartner wählen, bei dem die Kreditkonditionen nicht nur von historischen Finanzkennzahlen und vorhandenen Sicherheiten bestimmt werden, sondern auch von Daten, die die Performance der Investition belegen und jederzeit überprüfbar machen.“
Schiereck leitet das Fachgebiet Unternehmensfinanzierung an der TU Darmstadt und hat den „Finanzierungsmonitor 2023“ wissenschaftlich begleitet. Sein Fazit: „Die Kreditaufnahme wird schwieriger. So geben 87% der Unternehmen an, dass sich der Zugang zu Krediten für den Mittelstand in den vergangenen zwölf Monaten verschlechtert hat. Bezogen auf das eigene Unternehmen sehen sich zwei von drei Befragten in einer schlechteren Situation als noch vor einem Jahr. Ein möglicher Ausweg aus dieser Sackgasse ist der verstärkte Einsatz digitaler Technologien, damit Kreditgeber aus den verfügbaren Daten fundiertere Entscheidungen ableiten können.“
Hier finden Sie die Studienergebnisse zum Download.
Als Chefredakteurin der Unternehmeredition berichtet Eva Rathgeber regelmäßig über Unternehmen und das Wirtschaftsgeschehen. Sie verfügt über langjährige Erfahrung im Wirtschaftsjournalismus und in der PR.