Keine Angst vor Innovation!

Fünf Tipps, wie mittelständische Unternehmen die eigene Innovationskraft entfesseln

Der Artikel betont die Bedeutung von Innovation für deutsche Mittelständler, in Zeiten großer wirtschaftlichen Herausforderungen.
Foto: © natali_mis - AdobeStock

Selten war der Innovationsdruck für deutsche Mittelständler größer als jetzt. Gleichzeitig haben die Unternehmen viel Know-how erarbeitet, das auch in Zukunft nachhaltige und kraftvolle Innovation ermöglicht. Hier sind fünf Tipps, wie mittelständische Unternehmen die eigene Innovationskraft entfesseln und dabei die Risiken managen können.

Die Krisen reißen nicht ab, die deutsche Wirtschaft schrumpft – in diesem Jahr um bis zu 0,5%. Besonders der Mittelstand bekommt dies zu spüren. In den Chefetagen macht sich Zukunftsangst breit: Jeder zweite Manager ist skeptisch, was die Zukunft des Mittelstands angeht, wie eine Umfrage der Beratungsfirma Metafinanz kürzlich ergab.

Diese Erfahrung machen wir bei Eisbach Partners auch, wenn wir mit mittelständischen Unternehmen über den Aufbau neuer Geschäftsmodelle sprechen. Die Unternehmen sind zwar offen für Innovationsprojekte und wissen, dass sie in der Krise Neues wagen müssen, um zukunftsfähig zu sein. Trotzdem bleibt das eigene Innovationspotenzial in vielen Fällen ungenutzt. Die Gründe für die Zögerlichkeit der Unternehmen sind vielfältig. Sie reichen vom Festhalten an etablierten Strukturen über bürokratische Hürden und Personalmangel bis hin zu fehlender Gründungserfahrung. Der entscheidende Punkt ist aber, dass die Risiken neuer Geschäftsmodelle überschätzt werden. Die Angst vor dem Scheitern bremst die Innovation aus.

Das Risiko ist jedoch oft kleiner als angenommen. Als Mittelständler muss man nicht gleich das nächste Google erfinden. Vielmehr geht es darum, aus dem eigenen Kerngeschäft heraus ein neues oder ergänzendes Geschäft zu entwickeln. Das kann ein neuer Geschäftsbereich sein, eine Ausgründung („Spin-off“) oder die Gründung eines eigenen Corporate Start-ups. Aus unserer Erfahrung sind dabei fünf Punkte wichtig, mit denen Sie als mittelständisches Unternehmen den Innovationsprozess absichern können:

1. Die eigenen Stärken identifizieren und nutzen

Jedes Unternehmen ist in etwas gut. Ansonsten hätte es keine Daseinsberechtigung auf dem Markt. Die eigenen Stärken oder „Assets“ können zum Beispiel ein etabliertes Produkt, Expertise von Mitarbeitern, ein starkes Partnernetzwerk, vorhandene Infrastruktur, Daten oder langfristige Kundenbeziehungen sein. Anders als Start-ups müssen Mittelständler nicht bei null anfangen, wenn sie ein neues Geschäftsmodell finden und aufbauen wollen. Ein Beispiel: Einer unserer mittelständischen Kunden wollte seine über 100-jährige Erfahrung in der Eisengießerei mit modernem 3D-Druck kombinieren. Dem Unternehmen ist es gelungen, durch die additive Fertigung neue Kundengruppen zu erschließen. Der Clou dabei ist, dass das im Detail stark abweichende neue Herstellungsverfahren in die bestehende Infrastruktur und die bestehenden Prozesse des Unternehmens integriert werden konnte.

2. Erwartungen realistisch managen

Neue Ideen können berauschend sein. Umso wichtiger ist es, sie realistisch einzuschätzen. In der Start-up-Welt heißt es oft „Think Big!“. Das bedeutet aber auch, dass viel Risikokapital benötigt wird, um die großen Ideen zu verwirklichen. Empfehlenswert ist deshalb, die Erwartungen an das neue Geschäftsmodell erst einmal moderat zu halten. Das spiegelt sich auch im Budget wider. Steigen Sie mit übersichtlichen Projektphasen ein, die sich am Reifegrad der Innovation orientieren und schauen Sie, was funktioniert und was nicht. Stellen sich die ersten Erfolge ein, lohnt es sich, die Erwartungen und auch die Budgets schrittweise und bedarfsorientiert zu erhöhen.

3. Kunden- und Marktverständnis vertiefen

Viele Mittelständler sind seit Jahrzehnten fest im Markt verankert und kennen ihre Kundschaft sehr gut. Die gute Vernetzung führt manchmal dazu, dass Unternehmen glauben zu wissen, was ihre Kunden denken und erwarten, bevor sie mit ihnen gesprochen haben. Gerade neue Ideen brauchen aber dezidiertes Kundenfeedback. Verbringen Sie Zeit damit, Ihre Kunden und den Markt besser zu verstehen. Und zwar kontinuierlich und nicht nur punktuell. Sammeln Sie Feedback und beobachten Sie Trends, um Kundenbedürfnisse und Marktmöglichkeiten zu identifizieren. Das sichert das neue Geschäft ab. Neben kontinuierlichem Kundenfeedback helfen auch agile Methoden und Prozesse, mit denen das Unternehmen auf Veränderungen im Markt schnell reagieren kann, um das Geschäftsmodell zu optimieren und Risiken zu reduzieren.

4. Hybrides Gründungsteam aufbauen

Der Mittelstand lebt von der hohen Kompetenz seiner Fachkräfte. In Zeiten des Fachkräftemangels sind die internen Experten ein riesiger Vorteil, den Unternehmen für ihre Innovationsprojekte nutzen sollten. Bauen Sie ein kompetentes Team aus den eigenen Reihen auf, das die erforderlichen Fähigkeiten für Ihr neues Geschäftsmodell mitbringt. Zusätzlich sollten externe Experten in das Team geholt werden, um den Prozess mit kritischer Distanz zu begleiten und etwa fehlende Gründungserfahrung zu kompensieren. Start-ups scheitern oft daran, dass sie keine Erfahrung haben. Etablierten Unternehmen fehlt nach Jahrzehnten des Erfolgs hingegen häufig der Gründergeist. Ideal ist deshalb ein hybrides Gründungsteam, das Unternehmens- und Gründungserfahrung miteinander verbindet.

5. Innovation zur Chefsache machen

Innovation braucht den Rückhalt des Managements. Die Geschäftsführung muss den Innovationsprozess zur Chefsache machen und aktiv vorantreiben, wenn die Transformation erfolgreich sein soll. Eine Hürde ist jedoch, dass Managementaufgaben und Verpflichtungen im Alltag zu wenig Raum lassen, um Strukturen grundsätzlich zu überdenken und neue Prozesse zu etablieren. Vielen Geschäftsführern fehlt im operativen Geschäft schlicht die Zeit für Innovation. Externe Unterstützung kann helfen, Innovationsprozesse schnell umzusetzen. Das Management muss aber hinter dem Vorhaben stehen und die Vision voll mittragen. Nur so kann innovatives Denken fest im Unternehmen verankert und erfolgreich umgesetzt werden.

FAZIT

Kurzum: Das Risiko eines Innovationsprojekts mag auf den ersten Blick groß erscheinen. Der Aufbau erfordert Know-how und Ressourcen. Die meisten erfolgreichen Mittelständler können aber auf ihrem bisherigen Kerngeschäft mit innovativen Ansätzen und Weiterentwicklungen aufbauen. Dabei geht es nicht darum, das neue Google zu erfinden, sondern in kleinen konkreten Schritten ein tragfähiges innovatives Geschäft zu etablieren, das das eigene Kerngeschäft erweitert oder unterstützt. Das Ergebnis sind neue Business Units, Spin-offs oder in manchen Fällen sogar ein firmeneigenes Start-up. Das Know-how dafür ist meistens bereits in den Unternehmen vorhanden. Es muss nur identifiziert, entwickelt und systematisch umgesetzt werden. Das funktioniert am besten in kleinen hybriden Teams aus internen und externen Experten, die ihr Wissen bündeln und sich gemeinsam auf die Innovationsreise begeben. Fehlende Gründungserfahrung oder fehlende Distanz zum eigenen Projekt können so kompensiert und Innovationspotenziale gezielt entfesselt werden.

Autorenprofil
Markus Barnikel
Markus Barnikel

Markus Barnikel ist Partner der Business-Builder-Beratung Eisbach Partners in München. Als erfahrener Gründer und Berater baut er mit Robert Maier neue Geschäftsmodelle für Unternehmen auf – von der Business Unit bis zum Corporate Start-up. Zuvor hat Markus Barnikel die frühe Wachstumsphase von Yahoo begleitet und neue Märkte in Asien, Australien und den USA erschlossen. Anschließend war er CEO des Start-ups Carpooling, eine weltweit führende Mitfahrplattform.

Autorenprofil
Robert Maier
Robert Maier

Robert Maier ist ebenfalls Partner der Business-Builder-Beratung Eisbach Partners in München. Zuvor war er Stratege bei Sixt, hat ein Fintech Start-up gegründet und bei Roland Berger internationale Konzerne sowie den Mittelstand beraten.

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