Mit Bangen wurde das Urteil erwartet, jetzt ist Klarheit da: Das Bundesverfassungsgericht erachtet die derzeitige Regelung der Erbschaft- und Schenkungssteuer als nicht verfassungsgemäß. Der Gesetzgeber hat nun bis Juni 2016 Zeit, das Gesetz zu reformieren.
Zwar sei es wichtig, Unternehmen steuerlich zu begünstigen, die unter einem besonderen Schutz des Gemeinwohls stehen und Arbeitsplätze erhalten. Als unverhältnismäßig bezeichnen es die Verfassungsrichter aber, dass Betriebe mit weniger als 20 Mitarbeitern grundsätzlich von der Steuer ausgenommen sind – ganz egal, ob sie Arbeitsplätze erhalten oder nicht. Auch seien die derzeitigen Befreiungsmöglichkeiten für Großunternehmen nicht nachzuvollziehen. Derzeit können Unternehmen 85 Prozent ihres Betriebsvermögens von der Erbschaftsteuer „verschonen“, wenn sie sich verpflichten, Beschäftigtenzahl und Gehälter fünf Jahre lang konstant zu halten. Verpflichten sie sich für sieben Jahre, sind 100 Prozent des Betriebsvermögens von der Steuer ausgenommen.
Das Bundesverfassungsgericht (BVG) kritisiert auch, dass die derzeitigen Regelungen zu viele Schlupflöcher lassen. „§§ 13a und 13b ErbStG sind auch insoweit verfassungswidrig, als sie Gestaltungen zulassen, die zu nicht zu rechtfertigenden Ungleichbehandlungen führen“, heißt es in der Pressemitteilung. Die Karlsruher Richter greifen damit einen Punkt auf, den viele Sozialverbände bemängelt hatten: Vielfach wurde Privatvermögen in Betriebsvermögen umgewandelt, um der Besteuerung im Erb- und Schenkungsfall zu entgehen. Teilweise wurden dafür eigene Firmen, sogenannte Cash-GmbHs gegründet. Dieses Schlupfloch hatte der Gesetzgeber aber bereits 2013 erkannt und dicht gemacht.
All das verstößt laut Ansicht des BVG gegen das vom Grundgesetz geschützte Recht auf Gleichbehandlung. Unter den Richtern erging die Entscheidung einstimmig. www.bundesverfassungsgericht.de