Verbundenheit hin oder her – immer weniger Familiensprösslinge spüren eine moralische Verpflichtung, das Unternehmenserbe fortzuführen und es über die eigenen beruflichen Ziele zu stellen. Es geht vielmehr darum: Will ich es? Kann ich es? Und darf ich es auf meine Art?
Vom Dürfen – über die Zwänge von Fußspuren
Wird meinen Zukunftsplänen für das Unternehmen aufgeschlossen begegnet? Spüre ich das Vertrauen in meine Führungsqualitäten? Habe ich freie Hand für selbständiges Handeln oder spüre ich die fortwährende Überprüfung vom Vorgänger? Wurde mir alles notwendige Wissen über die Geschäftsführung gegeben? Sind die Eigentumsverhältnisse und Finanzen so geplant, dass ich meiner neuen Rolle auch wirklich nachgehen kann?
Nachfolge bedeutet immer Kulturwandel. Es kommt darauf an – für den Übergebenden ebenso wie für den Junior –, keinen Verfall von alten Werten zuzulassen, sondern neue zu gestalten. Schließlich gehen mit dem Generationswechsel in Familienunternehmen oft grundlegende Weichenstellungen und Wertewandel einher: vom Ich zum Wir. Vom Macher zum Manager. Vom Zentrum zum Netzwerk. Vom Patriarchen zum Performer. Von der Erfahrung zum Unbekannten. Nur wer diese Kulturtransformation gezielt und behutsam ins Rollen bringt, macht den Prozess auch für die Mitarbeiter nachvollziehbar.
Absolut erfolgsentscheidend dabei ist: Der Übergebende lässt diesen Transformationsprozess zu. Nur wenn er offen mit dem Juniornachfolger kommuniziert und beide gründlich vorbereitet sind, können Barrieren produktiv überwunden werden. Erst wenn so gemeinsam die richtige Strategie definiert wurde, wird sich der Senior leichter tun, das Neue zu erlauben, mit auf den Weg zu bringen und sich schließlich zurückzuziehen.
Dabei muss der Junior seinen eigenen Stil haben und sein Führungsverständnis und seine eigenen Wertevorstellungen in dem Unternehmen verankern. Diese decken sich vielleicht nicht immer mit denen des Vorgängers, dienen aber dem gleichen Ziel: der Erhöhung des Unternehmenswertes und der Performance.
Vom Wollen – tausche Freiheit gegen Verantwortung und Verpflichtung
Sehe ich mich als Vollblutunternehmer und das Unternehmen als Gestaltungsfeld meiner Kreativität? Will ich meine bisherige Selbstbestimmtheit eintauschen gegen einen unternehmerischen und sozial-gesellschaftlichen Verantwortungskontext? Erkenne ich mit Blick auf meine privaten Wünsche und Träume in der Aufgabe eine erfüllende Herausforderung?
Der Anteil der Nachfolgen aus Pflichtgefühl, ohne Leidenschaft für das Unternehmerische und mit mangelnder Identifikation mit dem Familienbetrieb ist immer noch vergleichsweise hoch. Dabei ist der „Beruf als Berufung“ eine dringend notwendige, weil nachhaltig erfolgreiche Vorrausetzung für den weiteren beruflichen Lebensweg.