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„Internationalisierung muss machbar sein“

Einige Mittelständler haben sich auf dem Weg über die Landesgrenzen verhoben. Wichtig ist es, die eigenen Kräfte zu kennen und sich gegebenenfalls erfahrene Experten ins Haus zu holen.

Herr Dr. Weigel, warum wird es für Unternehmen immer wichtiger, über die Grenzen hinweg zu sehen?

Seit Jahren gibt es den Trend, dass Märkte wie Europa, die USA und die Emerging Markets als Wachstumstreiber immer wichtiger werden. Deutschland ist nun mal ein Exportland, und der deutsche Mittelstand hat eine besondere Position. In vielen Fällen ist er Technologieführer. Für die Unternehmen ist es wichtig, an diesen Wachstumsmärkten zu partizipieren. Viele gehen mittlerweile nach China. Seit Jahren gibt es dort ein überdurchschnittliches Wachstum und es gibt kaum jemanden, der daran zweifelt, dass das auch noch einige Jahre anhält.

Das ist jedoch ein Markt, der fern liegt, und nicht immer haben Mittelständler das notwendige Know-how. Wie können sie Abhilfe schaffen?

Sie können etwa ein Mitglied in ihren Beirat aufnehmen, das als Unternehmer schon im Ausland erfolgreich ist. Der kann im Zweifelsfall auch beurteilen, wo die Fettnäpfchen und die Fallstricke liegen.

Haben Sie das Gefühl, dass sich einige Mittelständer verheben?

Das ist sicher ein Risiko. Nehmen Sie die deutschen Autobauer, deren drängender Wunsch es war und ist, ihre Zulieferer vor Ort zu haben. Ziehen diese nicht mit, riskieren sie keine Aufträge mehr zu bekommen. Einige haben sich dadurch in der Tat verhoben.

Weil eine Internationalisierung mit hohen Kosten verbunden ist?

Zum einen kann es sein, dass die Internationalisierung über die finanziellen Kräfte eines Unternehmens hinausgeht. Es kann jedoch auch an der mangelnden Überwachung und Kontrolle liegen.

Was ist denn sinnvoller: erst einmal in ein grenznahes Land zu gehen oder gleich den großen Schritt zu wagen?

Pauschal kann man das nicht sagen. Es kommt auf die Märkte und die Chancen an. Traditionell sind Mittelständler erst einmal in das benachbarte Ausland gegangen, da dort die Mentalität ähnlich ist wie hierzulande. Dann ging es in einer zweiten Welle in die USA und nach Kanada. Später ging die Post in den Tigerländern und dann in China ab. Auch in Indien gilt es Menschen zu bedienen. Allerdings ist dort die Infrastruktur noch längst nicht so gut wie in China.Hat sich ein Unternehmen entschieden, ins Ausland zu gehen, folgt welcher Schritt?

Dann muss es sich im Klaren darüber werden, ob es seine Produkte über Vertreter verkauft, ob es selbst über Tochtergesellschaften präsent sein will oder ob es vor Ort produzieren muss, um die Produkte besser absetzen zu können. Dazu einen Sparringspartner im Beirat zu haben, der aus eigener Erfahrung sprechen kann, macht Sinn.

Wie treffe ich denn die richtige Auswahl für diesen?

Am besten sucht man sich Personen, die ein Unternehmen unter ähnlichen Voraussetzungen geführt und diese Situationen schon einmal bewältigt haben.
Sehen das Unternehmer genauso?

Die Erkenntnis ist da, die Umsetzung ist noch steigerungsfähig. Woran scheitert es?

Manchmal an der eigenen Eitelkeit. Ein Unternehmer, der seit 30 Jahren eine Firma erfolgreich geführt und auch schon erste Internationalisierungsschritte unternommen hat, traf seine Entscheidungen immer alleine. Er scheut sich davor, gegenüber einem Gremium zuzugeben, dass er Rat braucht. Das kratzt am Ego. Er scheut sich auch davor, sich mit anderen Meinungen auseinanderzusetzen. Meist ist er der Auffassung, dass der Beirat zwar seine Meinung äußern soll, er alleine jedoch die Entscheidung trifft. Reine Diskussionsrunden finden wiederum Beiräte nicht immer spannend. Sie wollen ernst genommen werden. Es ist wichtig, dass sich der Unternehmer deren Ratschläge zu Herzen nimmt. Ansonsten kann er auf den Beirat verzichten.

Warum sollten Unternehmer sich eher einen Beirat als einen Berater ins Unternehmen holen?

Es macht einen großen Unterschied, ob ich einen Unternehmer an Bord habe, der in gleichen Situationen gewesen ist, oder ob ich den klassischen Berater reinhole, der nur weiß wie es geht. Viele Mittelständler, die am Anfang skeptisch waren, sind heute mit ihrem Beirat sehr zufrieden.

Wo sehen Sie denn Fallstricke bei der Internationalisierung im Mittelstand?

Das Wichtigste ist, dass dieser Schritt vom Unternehmen bewältigt werden kann. Es müssen genügend menschliche sowie finanzielle Kapazitäten vorhanden sein, um eine Internationalisierung stemmen zu können. Die räumliche und zeitliche Distanz etwa in Asien ist natürlich eine ganz andere, als wenn ich über meine Tochtergesellschaft in Zürich rede. Man muss sich vorher darüber informieren, wo die Probleme liegen können. Und das Thema Plagiate ist da noch nicht berücksichtigt. Auch dieses kann für die Unternehmen eine riesige Herausforderung darstellen.

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