Seit Jahren scheint Deutschland weniger Innovationen voranzutreiben als andere Länder in Europa. Ob die Digitalisierung oder neue Geschäftsmodelle – hierzulande stockt in vielen Bereichen die Entwicklung. Laut Innovationsindikator lässt sich dies auf die vergleichsweise wenig dynamischen finanziellen und personellen Strukturen zurückführen. Wie bleiben Unternehmen mit älter werdenden Belegschaften innovativ?
Mit einem Medianalter von 45 Jahren gehört Deutschland weltweit zu den ältesten Nationen – nur in Japan und Italien ist das Medianalter, das die Bevölkerung in zwei Hälften teilt, noch höher. Dieses hohe Bevölkerungsalter belastet hierzulande nicht nur das Renten- und Gesundheitssystem, es hemmt in gewisser Weise auch die Innovationskraft der Bundesrepublik. Ältere Erwerbstätige sind in der Regel weniger innovativ und ihre Ideen sind tendenziell nicht so disruptiv wie die der jüngeren Generation. Trotzdem sind ältere Beschäftigte – besonders im Hinblick auf ihre weitreichenden Erfahrungen und den Fachkräftemangel – wichtig für unsere Wirtschaftsleistung.
Fachkräftemangel verschlimmert die Situation
Schon jetzt haben laut dem Fiverr Skill Gap Report zwei Drittel der Unternehmen (66%) Probleme, Talente zu rekrutieren. Der bald auf uns zukommende Renteneintritt der Babyboomer, der demografische Wandel sowie die digitale Transformation werden diesen Zustand noch einmal verschärfen. Dabei können 39% der kleinen und mittelständischen Unternehmen schon aktuell keine geeigneten Mitarbeiter mit dem richtigen Fachwissen finden. Die Folgen sind fatal: Knapp ein Drittel (31%) der Unternehmen kann aufgrund von unbesetzten Stellen mit der digitalen Transformation und neuen Technologien wie KI etc. nicht Schritt halten und hat deshalb einen Umsatzrückgang verzeichnet oder erwartet diesen (30%), wie aus dem Fiverr Skill Gap Report 2023 hervorgeht. So ist es besonders mit Hinblick auf den demographischen Wandel für Deutschland essentiell, die Digitalkompetenz der älteren Generation zu verbessern, um innovative Ideen und neue, disruptive Geschäftsmodelle zu kreieren.
Digitalkompetenz der älteren Generation stärken
In Zukunft werden es sich die Unternehmen schlicht nicht mehr leisten können, ältere Mitarbeiter nicht zu schulen und somit ihr Potential nicht voll auszuschöpfen. Durch neue Technologien wie künstliche Intelligenz ändern sich die Anforderungen und Jobbeschreibungen. Die Tätigkeitsbereiche erweitern sich in allen Abteilungen, und wir alle werden in den nächsten Jahren stetig neues Wissen und neue Fähigkeiten erlernen müssen, um am Puls der Zeit und damit erfolgreich zu bleiben.
Vorausschauende Unternehmen haben das Potenzial von Weiterbildungen in diesem Zusammenhang bereits erkannt und investieren daher in die Aus- und Weiterbildung ihrer Teams. Laut Skill Gap Report geben pro Jahr 79% der Unternehmen zwischen 1.000 und 3.000 EUR pro Mitarbeiter für Weiterbildungsmaßnahmen wie interne und externe Trainings oder berufsbegleitende Studien aus.
Innovationstreiber: Altersgemischte Teams
Eine einfache, aber lohnende Strategie in Unternehmen, damit diese bei der Innovationskraft nicht den Anschluss verlieren, sind altersgemischte Teams. Arbeiten junge, kreative Mitarbeiter mit älteren, erfahrenen zusammen, entstehen in diesen Teams eher innovative Ideen. Zudem werden in altersgemischten Abteilungen häufiger Innovationen mit größerer Bedeutung hervorgebracht. Dies mag daran liegen, dass sich die unterschiedlichen Kompetenzen von jüngeren und älteren Mitarbeitern gut ergänzen. Jüngeren fällt es tendenziell leichter, Informationen aufzunehmen und zu verarbeiten. Daher können sie sich schneller an neue Situationen anpassen und auf diese reagieren. Ältere hingegen können die Früchte ihrer Erfahrung ernten und treffen Entscheidungen basierend auf ihrem (Fach-)Wissen. Durch eine langjährige Tätigkeit verfügen sie oft auch über größere betriebsspezifische Kenntnisse. Die Mischung ist also entscheidend: durch altersgemischte Teams können Unternehmen von der Kombination aller Fähigkeiten profitieren.
Externe Talente als Faktor für den Unternehmenserfolg
Um Innovationen im harten Wettbewerbskampf voranzutreiben, können auch Freiberufler einen echten Mehrwert bieten. Als Unterstützung und Erweiterung der bestehenden Teams bieten sie “den Blick von außen” und bringen frische Ideen ein. Freelancer sind oftmals echte Experten auf ihrem Gebiet, gerade wenn es um neue Technologien und digitale Businessstrategien geht. Als “Innovationscoaches” stehen sie festangestellten Mitarbeitern als Sparringspartner zur Seite, um Ideen (weiter-) zu entwickeln oder auf ihre Umsetzbarkeit und Praxistauglichkeit zu überprüfen. So werden sie häufig wegen ihres speziellen Know-hows eingesetzt, welches das Kernteam bisher noch nicht abbildet. Zusammen mit innovativen Tools als alltägliche Hilfsmittel sind sie ein weiteres Puzzleteil für die Innovationskraft eines Unternehmens.
Weiterbildung und Wissensvermittlung
Seit Jahrhunderten erfolgt die Wissensvermittlung von den Älteren zu den Jüngeren. Meister und Lehrling, oder im akademischen Umfeld – Seniorität bedeutet hierzulande Expertise und Seriosität. Doch genau das stimmt heute so nicht mehr, vor allem im Hinblick auf die Digitalisierung oder den Einsatz von neuen Technologien wie KI. In diesen Bereichen sind es meistens die Jüngeren, “Digital Natives”, die über eine umfassende Expertise verfügen.
Bei älteren Belegschaften können beispielsweise Freelancer als externe Experten für die Weiterbildung der Mitarbeiter beauftragt werden. Auf Basis ihrer Expertise und ihres Fachwissens entwickeln sie maßgeschneiderte Schulungsprogramme, die den spezifischen Bedürfnissen des Unternehmens gerecht werden. Hier profitieren Unternehmen von der Flexibilität, die Freiberufler bieten. Im Gegensatz zu traditionellen Schulungsanbietern erstellen Freiberufler individuelle Weiterbildungspläne, die sowohl den Kenntnisstand der Mitarbeiter als auch die genauen Anforderungen der Organisation berücksichtigen.
Fazit
Im Bericht “World Population Prospects: the 2019 Revision” sagen die Vereinten Nationen voraus, dass im Jahr 2050 16% der Weltbevölkerung älter als 65 Jahre sein werden (1950 waren es 5%). Dabei wird die Lebensspanne, in der die Menschen gesund bleiben, auch immer länger. Nach dem offiziellen Renteneintritt können viele dementsprechend noch arbeiten und wollen es wahrscheinlich auch. Das bietet Unternehmen große Chancen, denn sie können von der Expertise und Erfahrung älterer Menschen profitieren, wenn sie sie richtig einbinden und unterstützen. Das Arbeiten – und Lernen – in altersgemischten Teams hat gleich mehrere positive Effekte. Eine höhere Identifikation mit dem Arbeitgeber und damit auch eine größere Loyalität, mehr Verständnis der Mitarbeiter füreinander und vor allem die Bündelung von Erfahrung und die Bereitschaft, alte Strukturen infrage zu stellen und Neues auszuprobieren. Das ist gut für die Teams und eine hervorragende Basis für die Innovationsfähigkeit eines Unternehmens.
Florian Müller
Florian Müllerist Country Manager DACH bei der Freelancer-Plattform Fiverr. Der Experte für digitales und strategisches Marketing verantwortet den Geschäftsausbau in der DACH-Region. Er ist zudem zuständig für die Lokalisierung des Marktplatzes, um die Erfahrungen für Unternehmen und Freelancer auf Fiverr zu optimieren.