Die Produktionserwartungen der deutschen Industrie haben sich den dritten Monat in Folge aufgehellt. Sie stiegen nach Angaben des Münchener ifo-Instituts im Februar auf 20,7 Punkte, nach 9,4 im Januar. Damit beginnen wir unseren Überblick über die aktuellen Wirtschaftsgutachten.
„Die Erwartungen der Branchen sind dabei sehr unterschiedlich“, sagt ifo-Experte Klaus Wohlrabe. „Die Autoindustrie will ihre Produktion besonders stark ausweiten, die Bekleidungsindustrie plant ihre Produktion einzuschränken.“ In der Autoindustrie und bei ihren Zulieferern habe sich die Erwartungen deutlich verbessert. Der Indikator stieg auf 35 Punkte, nach minus 1 im Januar 2020. Auch bei den Herstellern von Computern ist der Indikator nach der Studie angestiegen. Die Bekleidungsindustrie bleibt das Schlusslicht, auch wenn die Umfrageteilnehmer die Situation etwas weniger pessimistisch beurteilten als im Vormonat.
Eigenkapital deutscher Mittelständler sinkt
Das Eigenkapital deutscher Firmen hat während der Coronakrise gelitten. Das ist das Ergebnis einer Studie des ifo Instituts im Auftrag der Industrie- und Handelskammer für München und Oberbayern. Sechs Prozent der Firmen berichteten über starke Rückgänge, und bei insgesamt 30 Prozent ist die Eigenkapitalquote gesunken. „Das Eigenkapital war nur eine von vielen Sorgen der befragten Firmen. Ihnen brachen Aufträge weg, und ihre Geschäftslage verschlechterte sich“, erläutert Andreas Peichl, Leiter des ifo Zentrums für Makroökonomik und Befragungen. Das Gastgewerbe, die Reisebranche oder der Kunst- und Unterhaltungssektor verzeichnen deutlich höhere Einbrüche beim Eigenkapital als der Durchschnitt. Viele Unternehmen in diesen Branchen waren vor der Krise gesund. Andere, deren Eigenkapital stark abnahm, klagten bereits vor der Krise über schlechte Geschäfte – etwa die Unternehmen der Metallerzeugung und -verarbeitung.
Rückstau bei Insolvenzen
Eine aktuelle Studie des ZEW Mannheim zeigt, dass die undifferenzierten Finanzhilfen im Zuge der Pandemie zu einem Rückstau an Unternehmensinsolvenzen beigetragen haben. Insbesondere sehr kleine, finanziell schwache Unternehmen, die unter normalen wirtschaftlichen Umständen mit hoher Wahrscheinlichkeit den Weg in die Insolvenz bestritten hätten, wurden nach einer Studie des ZWE ohne die Perspektive einer erfolgversprechenden Sanierung am Leben gehalten. Die Hilfspakete in Milliardenhöhe in Verbindung mit der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht in den Monaten nach dem ersten Lockdown würden eine Welle an Unternehmensinsolvenzen zur Folge haben, so die Prognose. „Die wirtschaftlichen Aussichten für Deutschland sind positiv. Das zeigen unter anderem die ZEW-Konjunkturerwartungen, die im Februar erneut gestiegen sind. Die Exportmärkte boomen. Angesichts dieser positiven Signale müssen wir allerdings vermeiden, in die dritte Welle der Pandemie hineinzulaufen. Bereits jetzt schieben wir eine signifikante Insolvenzlücke vor uns her. Schätzungen des ZEW ergeben, dass bei der derzeitigen konjunkturellen Lage eigentlich etwa 25.000 weitere Unternehmen Insolvenz gemeldet hätten“, erklärte ZEW-Präsident Prof. Achim Wambach beim Leibniz-Wirtschaftsgipfel
Lage der Autoindustrie leicht verbessert
Die deutschen Autohersteller und ihre Zulieferer bewerten nach einer Befragung des Münchener ifo Instituts im abgelaufenen Februar ihre aktuelle Geschäftslage etwas besser als im Vormonat. Der Indikator stieg auf minus 2,3 Punkte, nach minus 7,7 im Januar. „Im Moment herrscht noch Winter bei den Autobauern. Aber sie freuen sich auf den Frühling“, sagt Klaus Wohlrabe, Leiter der ifo-Umfragen.
Die Nachfrage im Februar war eher schleppend. Der entsprechende Umfragewert fiel deutlich auf minus 3,6 Punkte, nach plus 10,6 im Januar. Der Auftragsbestand legte dementsprechend nur leicht zu. Aber die Erwartungen für die kommenden Monate stiegen von plus 15,1 auf plus 37 Punkte. Die Produktion soll wieder deutlich hochgefahren werden. Der Indikator stieg auf plus 35,3 Punkte, nach minus 0,5 im Januar. „Der Blick ins Ausland macht die Branche gerade glücklich“, fügt Wohlrabe hinzu. Die Autobauer rechnen mit einer Zunahme des Exportgeschäfts.
Abwärtstrend im Servicesektor
Die Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus sorgten im Februar erneut dafür, dass die deutschen Dienstleister den fünften Monat in Folge Rückgänge verzeichneten. Der finale und saisonbereinigte IHS Markit Service-Index Geschäftstätigkeit notierte im Februar mit 45,7 Punkten unter den 46,7 vom Vormonat und damit auf dem niedrigsten Wert seit März letzten Jahres. Allerdings fiel die Schrumpfung verglichen mit dem im vergangenen Frühling während des ersten Lockdowns erreichten Tiefpunkt (April 2020: 16,2) deutlich schwächer aus. Die Geschäftstätigkeit nahm in fast allen von der Umfrage erfassten Teilsektoren ab. Lediglich die Unternehmen im Bereich Transport & Lagerhaltungen konnten ein Plus verbuchen.
Produktion sinkt im Januar
Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes kam es im Januar 2021 im Vergleich zum Vormonat zu einem Rückgang der Produktion im Produzierenden Gewerbe um 2,5%. Die Industrie verzeichnete dabei einen leichten Rückgang ihres Ausstoßes um 0,5% , während sich die Erzeugung im Baugewerbe deutlich um 12,2% verringerte. Der Ausstoß der Industrie verzeichnete nach der aktuellen Untersuchung im Januar trotz der Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung nur einen geringen Rückgang, der vor allem von den Engpässen bei Halbleiterprodukten in der Kfz-Industrie herrührte. Demgegenüber verzeichnete der Maschinenbau ein merkliches Plus.
Als Redakteur der Unternehmeredition berichtet Alexander Görbing regelmäßig über Unternehmen und das Wirtschaftsgeschehen. Zu seinen Schwerpunkten gehören dabei Restrukturierungen, M&A-Prozesse, Finanzierungen sowie Tech-Startups.