Ifo sieht Schrumpfen der Wirtschaft

Foto: © Miha Creative_AdobeStock
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Das ifo Institut hat seine Konjunkturprognose für 2023 bestätigt. Demnach wird die deutsche Wirtschaftsleistung um 0,4% schrumpfen. Im kommenden Jahr werde sie dann um 1,4% steigen, 0,1% Prozentpunkte weniger als bislang gedacht. Im Jahre 2025 sehen die ifo-Experten das Wachstum bei 1,2%. „Anders als bislang erwartet dürfte die Erholung in der zweiten Jahreshälfte ausbleiben. Die Abkühlung setzt sich fort, in nahezu allen Branchen steht die Tendenz auf Flaute“, sagt ifo-Konjunkturchef Timo Wollmershäuser.  Lichtblick sei der private Konsum. Er dürfte sich im zweiten Halbjahr wieder allmählich erholen. „Der Anstieg der verfügbaren Haushaltseinkommen wird kräftig bleiben und bei langsam sinkenden Inflationsraten auch zu einem Kaufkraftplus führen“, sagt Wollmershäuser weiter. Die gute Nachricht: Die Verbraucherpreise werden zwar in diesem Jahr um 6,0% Prozent steigen, im kommenden Jahr aber nur noch um 2,6% und danach um 1,9%.

Stimmung der Wirtschaft trübt sich ein

Die Aussichten für die deutsche Wirtschaft haben sich laut jüngster Herbstprognose des IfW Kiel eingetrübt. Im Vergleich zum Vorjahr dürfte das Bruttoinlandsprodukt in diesem Jahr um 0,5% schrumpfen, damit revidiert das IfW Kiel seine Sommerprognose leicht nach unten. Gründe seien vor allem eine schwache Industriekonjunktur, die Krise in der Bauwirtschaft sowie sinkende Konsumausgaben. Für 2024 rechnet das IfW Kiel nun mit einem Plus von 1,3% (bislang +1,8 Prozent), für 2025 mit einem Plus von 1,5% Prozent. Die Inflation dürfte sich laut der Prognose deutlich verringern und 2024 und 2025 2,1 Prozent betragen. „Deutschland bekommt jetzt auch zu spüren, dass sein altes industrielles Geschäftsmodell nicht mehr funktioniert. Dazu belastet die Zinswende die Wirtschaft im Inland und über die Exportmärkte. Die Notenbanken haben erfolgreich Zähne im Kampf gegen die Inflation gezeigt, und in diesem neuen Umfeld muss sich die deutsche Wirtschaft nun behaupten“, sagt Moritz Schularick, Präsident des IfW Kiel. Vor allem eine schwache Industrie und Bauwirtschaft würden die deutsche Konjunktur belasten. Teile der energieintensiven Produktion seien nicht mehr rentabel und werden es voraussichtlich auch nicht wieder werden.

Dienstleister in Deutschland mit Problemen

Die jüngsten Daten der Wirtschaftsforscher von S&P Global zeigen, dass die deutschen Serviceanbieter im August zum ersten Mal wieder in die Schrumpfungszone abrutschten. Bislang hatte es im Jahresverlauf ein kontinuierliches Wachstum gegeben hatten. Viele Befragte berichteten demnach von anhaltendem Nachfragemangel aufgrund der wirtschaftlichen Unsicherheit und dem hohen Kostendruck. So rangierten die Teuerungsraten der Ein- und Verkaufspreise laut S&P nach wie vor über ihrem jeweiligen Langzeitdurchschnitt. Die Geschäftsaussichten hätten sich zugleich leicht verbessert, auch wenn die Stimmung bei den Dienstleistern unverändert verhalten sei. Wie die Umfrageergebnisse signalisieren, leiden die Unternehmen weiter unter einer Nachfrageflaute. Ein weiterer wesentlicher Faktor war das nachlassende Auslandsgeschäft, obgleich die dritten Exporteinbußen in Folge schwächer ausfielen als im Vormonat. Der flächendeckende Mangel an Neuaufträgen sorgte abermals dafür, dass die Branchenakteure vermehrt ihre unerledigten Aufträge und Projekte abarbeiteten. Diese wurden zum dritten Mal hintereinander und im größten Ausmaß seit Juni 2020 reduziert.

Wieder mehr Insolvenzen

Die Unternehmensinsolvenzen sind im ersten Halbjahr des Jahres angestiegen, lösen aber die bisher oft befürchtete Welle nicht aus. Einige Branchen wie die Immobilienwirtschaft und der Bausektor sind nach einer Auswertung des Statistischen Bundesamtes (Destatis) derzeit besonders von Insolvenzen betroffen. Hauptsächlich zinssensible Unternehmen stünden demnach vor großen Herausforderungen. Nach Angaben von Destatis ist die Zahl der beantragen Unternehmensinsolvenzen im ersten Halbjahr 2023 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 20,5% gestiegen. Im langjährigen Vergleich bedeutet auch dieser Anstieg nach Ansicht von Dr. Christoph Niering, Insolvenzverwalter und Vorsitzender des Berufsverbandes der Insolvenzverwalter und Sachwalter Deutschlands (VID). aber nur eine Normalisierung des Insolvenzgeschehens: „Derzeit stecken vor allem zinssensible Unternehmen in einer problematischen Lage“, erklärt „Bei der aktuellen Inflationsrate ist es unwahrscheinlich, dass die EZB kurzfristig Zinssenkungen vornehmen wird. Diese Entwicklung wird sich nicht so schnell verändern, sodass sich ihre Auswirkung auch in einem moderaten Anstieg der Unternehmensinsolvenzen zum Jahresende niederschlagen wird.“

Der ZEW-Indikator sinkt weiter

Die ZEW-Konjunkturerwartungen für Deutschland steigen in der aktuellen Umfrage vom September 2023, wie schon im Vormonat, Die Einschätzung der gegenwärtigen konjunkturellen Lage verschlechtert sich hingegen weiter deutlich. 79,4 Punkte sind der niedrigste Wert seit drei Jahren.  „Die Finanzmarktexpertinnen und -experten schätzen die aktuelle konjunkturelle Lage in Deutschland noch pessimistischer ein als im August 2023. Diese Entwicklung relativiert die leicht gestiegenen Erwartungen bezüglich der konjunkturellen Lage auf Sicht von sechs Monaten. Die positiveren Konjunkturerwartungen für Deutschland gehen mit einem deutlich optimistischeren Ausblick bezüglich der Entwicklung auf den internationalen Aktienmärkten einher. Dies ist zumindest teilweise der Tatsache geschuldet, dass der Anteil der Befragten, die von stabilen Zinsen im Euroraum und den USA ausgehen, weiter gestiegen ist. Darüber hinaus erwarten die Expertinnen und Experten eine weitere Lockerung der Zinspolitik in China“, kommentiert ZEW-Präsident Prof. Achim Wambach die aktuellen Ergebnisse des ZEW-Indikators. Die Erwartungen der Finanzmarktexpertinnen und -experten an die Konjunkturentwicklung in der Eurozone sinken im September um 3,4 Punkte. Sie liegen damit aktuell bei minus 8,9 Punkten.

Deutschland: Im Zentrum der Krise

Deutschland ist nach Ansicht der Wirtschaftsforscher von Sentix erneut „der schwache Mann Europas“. Die enormen Unsicherheiten, die durch die Energie- und Stromkrise für die Wirtschaft bestehen, würden die deutsche Konjunktur immer tiefer in die Rezession ziehen. Die Lagewerte sinken laut Sentix auf den tiefsten Stand seit Juli 2020. Man habe also „Lockdown-Niveau“ erreicht. Tiefer hätten die Lagewerte nur noch in der großen Finanzkrise 2008/2009 gelegen. „Die deutsche Wirtschaft, mit Abstand (noch) die größte Volkswirtschaft in der Eurozone, belastet mit einer tiefen Rezession die ganze Währungszone. Für die EZB stellt dies ein doppeltes Problem dar. Die Dynamik der Konjunktur würde eigentlich eine lockerere Geldpolitik rechtfertigen, doch ausgerechnet in Deutschland erweist sich die Inflation als besonders hartnäckig“, erklärt dazu Manfred Hübner, Geschäftsführer von Sentix

 

Autorenprofil

Als Redakteur der Unternehmeredition berichtet Alexander Görbing regelmäßig über Unternehmen und das Wirtschaftsgeschehen. Zu seinen Schwerpunkten gehören dabei Restrukturierungen, M&A-Prozesse, Finanzierungen sowie Tech-Startups.

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