Unternehmeredition: Frau Hugendubel, viele Kinder aus Familienunternehmen überlegen lange, ob sie in die Fußstapfen ihrer Eltern treten oder nicht. Wann war für Sie klar, dass Sie das Unternehmen weiterführen möchten? Was bedeutet es heute für Sie, Familienunternehmerin zu sein?
Hugendubel: Ich denke, ein Familienunternehmer spürt eine doppelte Verantwortung im Gegensatz zu einem familienfremden Manager, da er gleichzeitig Gesellschafter und Geschäftsführer ist. Berührungspunkte zum Unternehmen gab es immer schon, weil wir mit unserem Vater zu Hause über seine Arbeit gesprochen haben, aber er hat nie Druck auf uns ausgeübt. Für mich war lange Zeit nicht klar, ob ich ins Unternehmen einsteigen will, und ich bin zunächst meinen eigenen beruflichen Weg gegangen. Erst als ich bereits im Arbeitsleben – außerhalb der Firma Hugendubel – stand, hatte mich mein Vater gefragt, ob ich es mir vorstellen könnte. Ich habe darüber nachgedacht und mich letztendlich dafür entschieden, aber immer in dem Bewusstsein, es mir zunächst einmal möglichst objektiv anzusehen und dann eine Entscheidung zu treffen. Im Nachhinein war es die beste Entscheidung meines Lebens. Aber ich wusste es vorher nicht. Ich habe es ausprobiert, und es war dann absolut richtig.
Unternehmeredition: Vor dem Einstieg in das Unternehmen arbeiteten Sie insgesamt sechs Jahre bei Time Warner in New York und für die Verlagsgruppe Holtzbrinck. Wie wichtig war es für Sie, außerhalb des eigenen Familienunternehmens berufliche Erfahrungen zu sammeln? Was waren die wichtigsten Meilensteine in Ihrem Nachfolgeprozess?
Hugendubel: Ich hatte zwar vorher in der Verlagsbranche gearbeitet, aber nicht im Hinblick auf einen möglichen späteren Einstieg ins Familienunternehmen, sondern rein aus persönlichem Interesse. Für mich waren diese externen Erfahrungen sehr wichtig. Man tritt so mit einem ganz anderen Selbstbewusstsein ins Familienunternehmen ein. Für die Mitarbeiter ist es wichtig zu sehen, dass jemand aufgrund seiner Erfahrung und Qualifikation die Nachfolge antritt und nicht nur deswegen, weil man Sohn oder Tochter ist. Ich startete 2001 bei Hugendubel als Marketingleiterin. Mein Bruder Maximilian, Jurist und Unternehmensberater, stieß ein Jahr später dazu im kaufmännischen Bereich. 2003 kamen wir zusammen in die mittlerweile fünfköpfige Geschäftsführung. Dann wurde mein Vater krank und war immer weniger präsent, bis er 2005 gestorben ist.
Unternehmeredition: Sie führen die Buchhandlung seit dem Tod Ihres Vaters im Jahr 2005 gemeinsam mit Ihrem Bruder Maximilian und zusammen mit drei familienfremden Managern. Sie sind zuständig für Marketing, Öffentlichkeitsarbeit, Direktvertrieb und New Media, er für Finanzen und Expansion. Birgt diese Familienpräsenz im Management eher Chancen oder Risiken?
Hugendubel: Das hat alles Vor- und Nachteile. Bei uns bewegen sich alle Geschäftsführer auf Augenhöhe und sind gleichgestellt. In seltenen Fällen müssen mein Bruder und ich aus der Sicht als Gesellschafter eine Entscheidung treffen, aber in der Regel finden wir immer zu gemeinsamen Lösungen. Wir sind alle sehr diskussionsfreudig. Die Zusammenarbeit mit meinem Bruder läuft gut, wir können gut das Private vom Beruflichen trennen – im Unternehmen sprechen wir auf der Sachebene miteinander, eher wie Geschäftsführer und weniger wie Geschwister.