Unternehmenskäufe und -verkäufe unterliegen verschiedenen regulatorischen Anforderungen. Für grenzüberschreitende Transaktionen haben insbesondere die Melde- und Genehmigungserfordernisse aus dem Kartellrecht, dem Außenwirtschaftsrecht und zuletzt auch aus der EU-Verordnung über drittstaatliche Subventionen für Verschärfungen gesorgt, die frühzeitig zu berücksichtigen sind.
Deutschland ist als größte Volkswirtschaft in Europa nach wie vor attraktiv für ausländische Investoren. Vorbei sind jedoch die Zeiten, in denen diese ohne größere Umstände deutsche Unternehmen kaufen konnten. Im Grundsatz unterliegt jeder Erwerb eines deutschen Unternehmens durch einen ausländischen Akteur der Prüfung durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK), und zwar unabhängig von dessen wirtschaftlichem Wert.
Außenwirtschaftsrechtliche Investitionskontrolle
Die Bundesregierung will hierdurch sicherstellen, dass ausländische Direktinvestitionen die öffentliche Sicherheit und Ordnung Deutschlands nicht gefährden. Vor diesem Hintergrund haben in den letzten Jahren zahlreiche Gesetzesänderungen zu erheblichen Verschärfungen des deutschen Investitionskontrollrechts geführt. Die Bundesregierung hat auf dieser Grundlage zuletzt mehrfach in geplante Transaktionen eingegriffen beziehungsweise diese sogar vollständig untersagt.
Die zentrale Herausforderung ist regelmäßig die Klärung der Frage, ob das Zielunternehmen in einem der 27 als besonders sensibel eingestuften Wirtschaftsbereiche tätig ist. Dies erfordert eine frühzeitige Abstimmung zwischen Unternehmen und Beratern. Muss die Transaktion dem BMWK gemeldet werden? Ist ein Antrag auf Feststellung der Unbedenklichkeit des Erwerbs ratsam? Die Konsequenzen bei Verstößen können dramatisch sein. Findet keine Kommunikation mit dem BMWK statt, ist dieses befugt, die Transaktion noch fünf Jahre nach Vertragsschluss zu untersagen und die Rückabwicklung anzuordnen. Um eine solche Rechtsunsicherheit zu vermeiden, ist die Prüfung der Anforderungen der Investitionskontrolle zu einem Standardthema bei Transaktionen mit internationaler Beteiligung geworden. Hinzu kommt, dass auch viele EU-Nachbarstaaten Kontrollregimes verschärfen oder neu einführen. Dies hat insbesondere Auswirkungen für deutsche Zielunternehmen mit Tochtergesellschaften im EU-Ausland, die ebenfalls Gegenstand des Erwerbsvorgangs sein sollen.
Kontrolle drittstaatlicher Subventionen
Seit 12. Juli 2023 gilt ferner die EU-Verordnung 2022/2560 über den Binnenmarkt verzerrende drittstaatliche Subventionen (sogenannte Foreign-Subsidies-Verordnung). Die EU will damit verhindern, dass staatlich subventionierte Unternehmen aus Nicht-EU-Staaten den Wettbewerb innerhalb des europäischen Binnenmarkts verzerren. Um dieses Ziel zu erreichen, wurde unter anderem eine Anmeldepflicht für bestimmte Unternehmenszusammenschlüsse eingeführt. Voraussetzung ist, dass
- mindestens eines der beteiligten Unternehmen in der EU ansässig ist,
- im vorangegangenen Geschäftsjahr ein Gesamtumsatz von mindestens 500 Mio. EUR in der EU erzielt wurde und
- eines der beteiligten Unternehmen innerhalb der letzten drei Kalenderjahre eine drittstaatliche finanzielle Zuwendung (zum Beispiel Zuschüsse, Kredite, Kapitalzuführungen, Steuerbefreiungen) von mindestens 50 Mio. EUR erhalten hat.
Ab dem 12. Oktober 2023 sind solche Transaktionen nach Vertragsabschluss bei der EU-Kommission anzumelden. Auch Transaktionen, die zu diesem Zeitpunkt noch nicht vollzogen sind, sollten auf eine mögliche Anmeldepflicht hin überprüft werden. Kommt die Kommission zu dem Ergebnis, dass eine gewährte drittstaatliche Subvention den Binnenmarkt verzerrt, kann sie den Zusammenschluss der Unternehmen untersagen beziehungsweise die Rückabwicklung einer bereits vollzogenen Transaktion anordnen. Bei Verstößen gegen die Anmeldepflicht und anderen Verstößen gegen die EU-Verordnung kann sie Geldbußen bis zur Höhe von 10% des Vorjahresumsatzes der beteiligten Unternehmen verhängen.
Schon mit Blick auf diese drastischen Rechtsfolgen muss daher künftig im Vorfeld von M&A-Transaktionen sorgfältig geprüft werden, ob ein geplanter Erwerbsvorgang in den Anwendungsbereich der EU-Verordnung fällt.
Kartellrechtliche Fusionskontrolle
Die kartellrechtliche Fusionskontrolle gehört zwar bereits seit Langem zum „Standardrepertoire“ im Transaktionsprozess. Bei Transaktionen mit Auslandsbezug besteht jedoch die Herausforderung, die zum Teil höchst unterschiedlich ausgestalteten Anmeldepflichten in verschiedenen Ländern abzuklären und die unterschiedlichen Verfahren zu koordinieren. Ein relevanter Auslandsbezug kann bereits dann bestehen, wenn ein beteiligtes Unternehmen gewisse (gegebenenfalls auch nur geringe) Umsätze in einem anderen Land erzielt − was häufig der Fall ist.
Für zusätzliche Unsicherheit bei grenzüberschreitenden Transaktionen sorgen aktuelle Entwicklungen auf EU-Ebene mit dem Ziel, sogenannte Killer-Acquisitions innovativer Start-ups besser kontrollieren beziehungsweise verhindern zu können. So wurde im Fall Illumina/Grail jüngst bestätigt, dass die EU-Kommission auch Transaktionen fusionskontrollrechtlich prüfen und untersagen kann, die weder die Anmeldevoraussetzungen nach EU-Recht noch nach dem Recht der Mitgliedstaaten erfüllen. Nach neuester Rechtsprechung des EuGH können zudem nicht-anmeldepflichtige Transaktionen auf Basis des Marktmachtmissbrauchsverbots von den Kartellbehörden überprüft werden.
Auch in Deutschland kommt es zu weiteren Verschärfungen im Bereich der Fusionskontrolle. Infolge der jüngst vom Bundestag beschlossenen 11. GWB-Novelle kann das Bundeskartellamt künftig Unternehmen im Anschluss an eine sogenannte Sektoruntersuchung verpflichten, in bestimmten wettbewerbskritischen Branchen (nahezu) jede Transaktion anzumelden.
Die Risiken einer unterlassenen Anmeldung oder des vorzeitigen Vollzugs einer anmeldepflichtigen Transaktion (sogenanntes Gun Jumping) sind erheblich. Auch hier drohen Bußgelder von bis zu 10% des Vorjahresumsatzes der beteiligten Unternehmen. Erst im Juli 2023 hat die EU-Kommission beispielsweise ein Bußgeld in Höhe von 432 Mio. EUR wegen Gun Jumping verhängt.
FAZIT
Die Tendenz ist eindeutig: Regulatorische Anforderungen an grenzüberschreitende Unternehmenstransaktionen werden zahlreicher und umfangreicher. In der Folge wird die Wegstrecke zwischen der Vertragsunterzeichnung und dessen Vollzug länger und komplexer. Das muss aber nicht in jedem Fall hohe Hürden für die Durchführung eines Projekts darstellen. Wichtiger denn je ist, dass die genannten Themenfelder frühzeitig identifiziert und auf ihre Relevanz geprüft werden. Die Erfüllung der behördlichen Anmelde- und Genehmigungserfordernisse kann umfassende Vorarbeiten durch die Unternehmen erforderlich machen, mit denen rechtzeitig begonnen werden muss, um die Zeitplanung einer Transaktion nicht zu gefährden. In den Vertragsdokumenten muss der Umgang der Vertragsparteien mit der Handhabung dieser Vorgaben geregelt werden (unter anderem mit Regelungen über die Aufgabenverteilung der Parteien, den Eintritt von Vollzugsbedingungen, den Umgang mit Verzögerungen, die Risikoverteilung im Falle einer Untersagung oder einer Freigabe unter Auflagen, die Kostentragung). Auf diese Weise wird man in vielen Fällen der geplanten Transaktion über die Ziellinie verhelfen können, ohne an regulatorischen Hürden zu scheitern.
Dieser Beitrag erscheint in der neuen Magazinausgabe 3/2023 mit Schwerpunkt Unternehmensverkauf (ET: 22. September 2023).