Die Diskretion wohlhabender Unternehmerfamilien ist der zentrale Grund für das bisher limitierte Wissen über Single Family Offices (SFOs). Dabei hat sich in den vergangenen Jahren insbesondere durch das Niedrigzinsumfeld die Vermögensanlage von Unternehmerfamilien fundamental verändert. Über vier SFO-Archetypen und ihre Besonderheiten.
Die Gründer-SFOs (29): Nach dem Verkauf des ursprünglichen Unternehmens stellen sich folgende Fragen: Was sind unsere Ziele? Wie können wir den Zusammenhalt als Familie und das Unternehmertum bewahren? Das SFO wird tatsächlich oft mit Blick auf diese Fragen überhaupt erst gegründet. Darüber hinaus kann es auch steuerliche Überlegungen geben, da eine zeitnahe und vergleichbare Investition des Verkaufserlöses vorteilhaft sein kann. Ein generationsübergreifender Gedanke steht in den ersten Jahren meist nicht im Vordergrund. Einige dieser SFOs sind aus dem Verkaufserlös von Start-ups in der New Economy entstanden. Wegen der entsprechenden Expertise ist es also nicht verwunderlich, dass diese SFOs häufig in Venture Capital investieren.
Die Portfolio-Unternehmer-SFOs (20): Obwohl das ursprüngliche Unternehmen nicht mehr im Besitz der Familie ist, entwickelt sich hier häufig wieder eine Tradition rund um das jeweilige SFO. Dieses SFO wird somit emotional selbst zu einem Identitätsanker der Familie. In diesen Fällen wieder ein gängiges Mantra: Das SFO und damit das Vermögen ist nur von den eigenen Kindern geliehen und soll an diese übergeben werden. Auffällig ist, dass 70 Prozent dieser SFOs in unternehmerische Direktbeteiligungen investieren – ein höherer Wert als bei allen anderen SFO-Archetypen. Dies ist symptomatisch für die tendenziell starke Betonung von Vermögenswachstum (gegenüber Vermögenserhalt).
„Wenn das ursprüngliche Familienunternehmen nicht mehr im Besitz der Familie ist, so neigen SFOs besonders häufig zu unternehmerischen Direktbeteiligungen.“
Die Optimierer-SFOs (22): Neben dem ursprünglichen Unternehmen haben diese Familien in der aktuellen Generation ein SFO gegründet, um das tendenziell große Vermögen besser zu diversifizieren. Die Unternehmen sind so etabliert, dass sie die Gewinne zu einem großen Teil nicht thesaurieren müssen und damit sinnvoll re-investieren können. Im Vordergrund stehen also pragmatische Überle-gungen. Dazu gehört etwa eine kostengünstige und verlässliche Vermögensverwaltung, die im Ernstfall als Absicherung dienen soll. Die Identität der Familie ist in der Regel vollständig an das ursprüngliche Unternehmen geknüpft. Das SFO wird als passende Lösung für die Vermögensoptimierung (Di-versifikation) angesehen.
Die Bewahrer-SFOs (38): Diese Familien haben sowohl das ursprüngliche Unternehmen als auch das SFO über mindestens zwei Generationen bewahrt. In vielen Fällen verknüpft die jeweilige Familie mit beiden Einheiten einen emotionalen Wert und möchte diese Tradition für die folgenden Generationen erhalten. Auffällig ist, dass lediglich 32 Prozent dieser SFOs in unternehmerische Direktbeteiligungen investieren – ein niedrigerer Anteil als bei allen anderen SFO-Archetypen. Grundsätzlich wird bei diesen SFOs der Kapitalerhalt besonders stark priorisiert.