Die Diskretion wohlhabender Unternehmerfamilien ist der zentrale Grund für das bisher limitierte Wissen über Single Family Offices (SFOs). Dabei hat sich in den vergangenen Jahren insbesondere durch das Niedrigzinsumfeld die Vermögensanlage von Unternehmerfamilien fundamental verändert. Über vier SFO-Archetypen und ihre Besonderheiten.
Alternative Assetklassen gewinnen an Bedeutung
In den vergangenen Jahren wurde daher vermehrt in alternative, illiquidere Assetklassen investiert. Im Vordergrund standen dabei Venture Capital, also Investitionen in Start-ups, sowie unternehmerische Direktbeteiligungen, sprich meist mehrheitliche Übernahmen von Firmen mit etablierten Ge-schäftsmodellen. Die direkte Investition in innovative Start-ups war bei den untersuchten SFOs vor allem dann erfolgreich, wenn die jeweiligen Familienmitglieder selbst ihre Expertise beziehungsweise ihr Netzwerk beisteuern konnten. Ansonsten waren SFOs mit Venture Capital-Fonds oder im Rahmen von Co-Investitionen oft erfolgreicher. Bei unternehmerischen Direktbeteiligungen scheint erfolgs-entscheidend zu sein, sich auf wenige und vertraute Industrien zu fokussieren und einen guten Zugang zu potenziellen Zielfirmen zu finden.
„Venture Capital und unternehmerische Direktbeteiligungen sind inzwischen die wichtigsten alternativen Assetklassen.“
Venture Capital und Direktbeteiligungen sind nicht nur eine Vermögensanlage, sondern umfassen häufig auch eine unternehmerische Tätigkeit beziehungsweise Lenkungsfunktion, etwa im Aufsichtsrat. Die Autoren konnten sogar beobachten, dass einige der SFOs als unternehmerische Industrieholdings organisiert sind und verschiedene Direktbeteiligungen strategisch kombiniert und weiterentwickelt haben. So ist es auch nicht überraschend, dass die meisten SFOs die jeweiligen Unternehmens-beteiligungen, wenn überhaupt, selektiv verkaufen und oft auch an die nächste Generation übergeben möchten. Dies ist der zentrale Unterschied zwischen unternehmerischen Direktbeteiligungen von SFOs und dem Geschäftsmodell der meisten Private Equity-Firmen, die in der Regel nach vier bis sieben Jahren den Weiterverkauf anstreben.
Die SFOs mit unternehmerischen Direktbeteiligungen hielten durchschnittlichen 13 Beteiligungen mit einer durchschnittlichen Umsatzgröße von 50 Mio. Euro (Median). Viele dieser Unternehmen waren Familienunternehmen. Die Interviewpartner begründeten dies unter anderem damit, dass Unter-nehmerfamilien „dieselbe Sprache sprechen“, gemeinsame Werte teilen und damit leichter ein Ver-trauensverhältnis aufbauen können.
Heterogenität der SFOs beeinflusst Anlageschwerpunkte
Die grundsätzlichen Aussagen zur Anlagelogik sowie den Assetklassen können für unterschiedliche Gruppen der SFOs differenziert und geschärft werden. In den Interviews konnten die Autoren fest-stellen, dass für eine Unterteilung der SFOs zwei Fragen entscheidend sind. Erstens: Befindet sich das ursprüngliche Familienunternehmen noch im Besitz der Familie (55 Prozent der Fälle)? Zweitens: Befindet sich das SFO noch in der ersten Generation (47 Prozent der Fälle)? Es resultieren vier SFO-Archetypen, die unter anderem bei ihren Investitionsschwerpunkten äußerst unterschiedlich sind.