Gut gerüstet

Das Insolvenzplanverfahren in der Kritik
Außerdem gibt es Mängel im 1999 in Deutschland eingeführten sogenannten “Insolvenzplanverfahren” – das dem “Chapter 11” in den USA sehr ähnlich ist. Es bietet die Möglichkeit, ein Unternehmen zu sanieren, indem alle Fremdkapitalgeber einen Teil ihrer Schulden erlassen. “Das Verfahren weist einen nicht zu rechtfertigenden, die Akzeptanz des Verfahrens in der Praxis zugleich stark beeinträchtigenden Systembruch auf, weil es die Gläubiger eines Unternehmens im Ergebnis schlechter stellt als dessen Eigentümer”, erklärt Clifford-Chance-Partner Kolja von Bismarck. Während die Kreditgeber dabei auf einen Teil ihres Geldes verzichten, sieht das Verfahren nicht vor, dass auch die Gesellschafter Anteile abgeben müssen. Das heißt, die Banken tragen zwar das hohe Ausfallrisiko, profitieren aber nicht wie die Gesellschafter im Erfolgsfall von einem steigenden Unternehmenswert. Deswegen ist kaum ein Kreditgeber dazu bereit. Hier wäre wichtig, wie in angelsächsischen Ländern die zwangsweise Umwandlung von Fremd- in Eigenkapital zu ermöglichen. “In der Krise muss die 75%-Mehrheit der Gläubiger in der Lage sein, die Gesellschafter zu einem Debt to Equity Swap zu zwingen, also dazu, Firmenanteile an die Gläubiger abzutreten”, sagt Kolja von Bismarck, Partner bei Clifford Chance. Von diesen Punkten abgesehen, ist die Insolvenzrechtsordnung in England und den USA allerdings gar nicht so viel besser als bei uns. Ein klarer deutscher Vorteil ist z. B. das Insolvenzgeld. Der Vorbildcharakter der Angelsachsen liegt eher in deren höheren Bereitschaft, außergerichtlich zu sanieren. Sie sind auch eher bereit, zur Rettung eines Unternehmens auf Forderungen zu verzichten. Entsprechende Änderungen in der Insolvenzordnung hält von Bismarck – der einer Arbeitsgruppe beim Bundesjustizministerium angehört – für relativ wahrscheinlich.

Fazit
Die deutsche Restrukturierungsbranche ist gut aufgestellt und gerüstet, um zahlreiche Unternehmen über die bevorstehende Wirtschaftskrise zu retten. Das geht natürlich einher mit harten Veränderungsprozessen und einer Verschiebung von Besitzverhältnissen, weg von den bisherigen Stakeholdern hin zu neuen Eigentümern. Volkswirtschaftlich gesehen ist dies jedoch die bessere Lösung im Vergleich zur Insolvenz, die Arbeitsplätze, Werte und Wirtschaftskraft vernichtet. Für die Unternehmen gilt es, nicht die Augen vor den drohenden Problemen zu verschließen, sondern rechtzeitig Maßnahmen zu ergreifen, um die Krise zu meistern.

Autorenprofil

Markus Hofelich ist Gastautor.

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