Die Zahl der Großinsolvenzen in Deutschland bleibt im dritten Quartal 2024 weiterhin auf einem hohen Niveau. Laut dem Insolvenzreport der Unternehmensberatung Falkensteg meldeten zwischen Juli und September 45 Unternehmen mit einem Umsatz von mehr als 20 Mio. EUR Insolvenz an. Diese Zahl liegt knapp unter den Zahlen des Vorquartals und des Vorjahreszeitraums. Im Fünf-Jahres-Vergleich zeigt sich laut Falkensteg jedoch ein deutlicher Anstieg. Die Zahl liege rund ein Drittel über dem langjährigen Durchschnitt der letzten fünf Jahre.
Steigende Insolvenzen bei Großunternehmen
Besonders betroffen seien Unternehmen mit einem Umsatz von über 100 Mio. EUR. Restrukturierungsexperte Jonas Eckhardt, Partner bei Falkensteg, sieht die Gründe dafür in wirtschaftlicher Unsicherheit und fehlender Planungssicherheit. „Das Verbrauchervertrauen ist stark gesunken, Unternehmen schieben Investitionen auf, und eine Atmosphäre des Abwartens dominiert,“ erklärt Eckhardt. Er rechnet damit, dass die Großinsolvenzen im Jahr 2024 die Marke von 180 Fällen erreichen könnten – ein Niveau, das zuletzt während der Coronakrise 2020 verzeichnet wurde.
Automobilzulieferer besonders betroffen
Branchenspezifisch stehen Automobilzulieferer an der Spitze der Großinsolvenzen. Im dritten Quartal entfielen zehn Fälle auf diese Branche, was die Zahlen aus dem Vorquartal (sechs Insolvenzen) übersteigt. Im bisherigen Jahresverlauf 2024 betrifft bereits jede sechste Großinsolvenz einen Automobilzulieferer. Auch die Metallwarenherstellung und die Immobilienbranche verzeichneten jeweils sechs Insolvenzen. Die Schwierigkeiten der Automobilindustrie werden durch globale Entwicklungen weiter verschärft. Die angekündigten Zollerhöhungen aus den USA und die angestrebte Reduktion des Handelsdefizits werden die exportstarke deutsche Wirtschaft belasten. Besonders der Maschinenbau und die Automobilbranche stehen vor großen Herausforderungen. Eckhardt betont: „Ohne tiefgreifende Strukturreformen und Innovationen droht Deutschland, an Wettbewerbsfähigkeit zu verlieren.“
Ermutigende Entwicklungen bei Rettungen
Trotz der angespannten Lage zeigen sich positive Trends bei den Verfahrensausgängen. Im dritten Quartal 2024 konnten 28 Unternehmen erfolgreich aus der Insolvenz geführt werden – drei Fälle mehr als im Vorquartal. Verkäufe aus der Insolvenz und Insolvenzplanlösungen trugen zu diesem Anstieg bei. Auch die Zahl der Unternehmen, die den Geschäftsbetrieb vorzeitig einstellten, sank deutlich. Nur sechs Firmen stellten die Tätigkeit ein, verglichen mit neun im Vorquartal. Anzeigen über Masseunzulänglichkeit halbierten sich von sechs auf drei Fälle. Die Rettungsquote für Unternehmen, die 2023 Insolvenz anmeldeten, hat sich bis Ende September 2024 auf 46% verbessert. Auch Insolvenzen aus dem laufenden Jahr 2024 zeigen eine positive Entwicklung: Jedes fünfte der betroffenen Unternehmen konnten bisher gerettet werden.
Als Redakteur der Unternehmeredition berichtet Alexander Görbing regelmäßig über Unternehmen und das Wirtschaftsgeschehen. Zu seinen Schwerpunkten gehören dabei Restrukturierungen, M&A-Prozesse, Finanzierungen sowie Tech-Startups.