Generationenwechsel als M&A

Noli equi dentes inspicere donati – so sprach vor rund 1.500 Jahren Kirchenvater Hieronymus und verbat dem Beschenkten jede Kritik an dem übergebenen Geschenk. Bei der Unternehmensübergabe scheint dieser Grundsatz immer noch zu gelten. Dabei lohnt es sich für die Nachfolger häufig, die Übergabe und die ersten Schritte als neuer Chef wie einen Kaufprozess zu betrachten.

Kostspielige Erblasten und tickende Zeitbomben

In den Entscheidungen der Elterngeneration können auch dann Risiken für den Fortbestand des Unternehmens verborgen sein, wenn das Finanzamt in Betriebsprüfungen keine Einwände gehabt hat. Dazu zwei Beispiele:

 Die Altersversorgung der weichenden Unternehmer wird durch das Unternehmen übernommen.

In Zeiten hoher Unternehmenssteuerbelastungen war es weit verbreitet, die Altersversorgung des Inhabers mittels einer Pensionszusage dem Unternehmen aufzubürden. Die damit verbundene Steuerersparnis war ein zusätzlicher Anreiz. Die in der Bilanz gebildete Rückstellung zeigt die Wirklichkeit angesichts der niedrigen Zinsen und der gestiegenen Lebenserwartung allerdings nur unzureichend. Für die vollständige Durchfinanzierung der Versorgungszusagen wird tatsächlich ein Finanzbedarf zu berücksichtigen sein, der bis zum Doppelten der handelsrechtlichen Rückstellung reichen kann.

– Steuerorientierte Gestaltungen aus der Vergangenheit erschweren Veränderungen der Unternehmensstrukturen.

Zur Sicherung des Familienvermögens war es viele Jahre gängige Praxis, das Immobilienvermögen des Unternehmens in eine eigene Gesellschaft auszulagern und an jenes zu vermieten oder zu verpachten. Der Steuerrechtler nennt diese Gestaltung „Betriebsaufspaltung“. Notwendige Strukturanpassungen werden durch derartige Gestaltungen häufig erschwert, weil die Aufdeckung stiller Reserven im Immobilienvermögen regelmäßig erhebliche ertragsteuerliche und auch grunderwerbsteuerliche Belastungen zur Folge haben kann.

Fazit

Auch wenn es ein Geschenk war: Der Generationenwechsel ist eine gute Gelegenheit, die strategische Ausrichtung des Unternehmens kritisch zu hinterfragen und die Unternehmensziele und -strukturen an die Herausforderungen der Zukunft anzupassen. Und stellen Sie sich die Frage: Würde ich dieses Unternehmen kaufen?


Zur Person

Wolfgang Schmidt-Gorbach/optegra GmbH & Co. KG (© Privat)
(© Privat)

Wolfgang Schmidt-Gorbach ist Partner der optegra GmbH & Co. KG in München. Er verfügt über langjährige Erfahrung in der mittelständischen Transaktionsberatung und -abwicklung insbesondere in den Bereichen Lebensmittel, IT und Immobilien. optegra ist eine mittelständische Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft und beschäftigt an den Standorten München und Köln insgesamt rund 100 Mitarbeiter. www.optegra.de

Autorenprofil

Wolfgang Schmidt-Gorbach ist Partner der optegra GmbH & Co. KG in München. Er verfügt über langjährige Erfahrung in der mittelständischen Transaktionsberatung und -abwicklung insbesondere in den Bereichen Lebensmittel, IT und Immobilien. optegra ist eine mittelständische Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft und beschäftigt an den Standorten München und Köln insgesamt rund 100 Mitarbeiter.

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