Gefahr einer Überhitzung?

Neue Kapitalmarktmechanismen im Krisenfall

Droht nun aus der Kombination von hohen Unternehmensbewertungen und einem hohen Fremdkapitalanteil bei LBOs Gefahr für die Unternehmen? Wird es eine Pleitewelle geben? “Im Krisenfall sind hohe Schulden kein Thema, solange es effiziente Mechanismen gibt, die Krise zu bereinigen. Mit dem Sekundärhandel für Kredite stehen heute marktwirtschaftliche Lösungen zur Verfügung, die dem Unternehmen helfen, wieder von den Schulden herunterzukommen”, meint Gerd Bieding von Close Brothers. Wenn Unternehmen früher in eine Krise gerieten, wussten sich die Banken oft nicht anders zu helfen, als den Kredit zu kündigen, und das Unternehmen ging in die Insolvenz. Das ist heute anders. “Mit dem Weiterkauf der Kredite und Debt Equity Swaps ändern sich die Gesellschafter, aber die Unternehmen gehen letztlich nicht Pleite – sie werden an neue Besitzer weitergereicht, die ein Interesse am Fortbestand des Unternehmens haben. Diese erstellen Sanierungspläne und versuchen, das Unternehmen neu auszurichten und wieder nach vorne zu bringen”, sagt Albrecht Hertz-Eichenrode. Geht etwas schief, so ist der Leidtragende am Ende des Tages nicht das Unternehmen, sondern die Private Equity-Gesellschaft oder die Bank, die sich verkalkuliert haben und entsprechende Verluste verbuchen müssen. Das Unternehmen hat neue Eigentümer, eine gesündere Finanzstruktur und konnte die Insolvenz vermeiden.

Kredithandel und Debt to Equity Swaps

Wie laufen solche Prozesse ab? Die meisten Banken haben in den vergangenen Jahren ihre Geschäftsbedingungen geändert, weitgehende Kontroll- und Schutzmechanismen ins Kreditgeschäft eingebaut und fordern von den Unternehmen einen wesentlich stärkeren Informationsfluss als früher. Ziel ist es, drohende Schieflagen frühzeitig zu erkennen und rechtzeitig gegenzusteuern – falls es nicht gelingt, kündigen sie den Kredit und verkaufen ihn am Kapitalmarkt weiter. So haben die Kreditgeber – anders als früher – die Möglichkeit, stärkeren Druck auszuüben. Die Voraussetzungen dafür legt die Bank in ihren Kreditbedingungen (so genannte “Covenants”) fest. Verletzt ein Unternehmen diese Auflagen – indem es bestimmte Finanzkennzahlen nicht mehr erfüllen oder die Schulden nicht mehr bedienen kann – hat die Bank ein Kündigungsrecht. Es gibt sogar Fälle, in denen schon bei deutlicher Verschlechterung des Ratings Sonderkündigungsmöglichkeiten bestehen. Käufer der Kredite können einerseits Distressed Debt-Investoren wie Lonestar oder Fortress sein, die große Kreditportfolios kaufen und die Kredite dann selbst wie eine Bank betreuen und verwalten, oder auch Hedgefonds sowie andere Investmentbanken. Andererseits gibt es Investoren wie Private Equity-Häuser, die an Übernahmen interessiert sind und sich über den gezielten Kauf einzelner Kredite Zugang zu bestimmten Unternehmen verschaffen. Der Kreditverkauf geht meist einher mit Debt to Equity Swaps, das heißt mit einer Umwandlung von Fremdkapital in Eigenkapital, was letztlich zu einer Entschuldung und dem Überleben des zuvor krisengeschüttelten Unternehmens führt.

Folgen eines künftigen konjunkturellen Einbruchs

Was passiert nun beim nächsten konjunkturellen Einbruch mit den LBO-Unternehmen? “Es wird kein realwirtschaftliches Desaster und keine massiven Insolvenzen geben”, sagt Bieding. Es wird auch nicht zu einer Bankenkrise kommen, denn diese haben die Risiken breit am Kapitalmarkt gestreut. Wenn die Krise kommt, entlädt sie sich in dramatisch fallenden Erträgen bei Mezzanine- und Private Equity-Anbietern, so der Close Brothers-Geschäftsführer. Es wird Kredithandel, einen Transfer von Kontrolle und eine Umverteilung von Renditen geben. Die Unternehmen erhalten neue Eigentümer und nach der Wandlung von Fremdkapital in Eigenkapital eine gesündere Kapitalstruktur, die der neuen Konjunkturlage entspricht, sind sich Bieding, Dr. Weigel und Hertz-Eichenrode einig.

Fazit
Die Kombination aus hohen Unternehmensbewertungen und steigenden Fremdkapitalanteilen bei LBOs birgt in wirtschaftlichen Wachstumsphasen in der Regel keine Gefahren. Geraten die Unternehmen in der nächsten Rezession unter Druck und können die Schuldenlast nicht mehr tilgen, dürfte es nicht zu zahlreichen Insolvenzen kommen. Effiziente Mechanismen wie der Kreditverkauf an andere Investoren und die Umwandlung von Fremd- in Eigenkapital werden voraussichtlich zum Fortbestand der Unternehmen unter neuen Gesellschaftern führen. Betroffene Private Equity-Gesellschaften und auch Mezzanine-Anbieter werden dagegen Verluste verbuchen.

Autorenprofil

Markus Hofelich ist Gastautor.

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