„Für die meisten Mittelständler hat sich die Auslandsinvestition gelohnt“

 

Die Commerzbank ist mit ihren Filialen, Tochtergesellschaften und Repräsentanzen außerhalb Deutschland mit rund 16.000 Mitarbeitern in 60 Ländern an über 110 Standorten vertreten. Im Interview spricht Dr. Bernd Laber, Bereichsvorstand Mittelstandsbank International, über die chancenreichsten Auslandsmärkte sowie die Finanzierung von Internationalisierungsstrategien im Mittelstand.

Unternehmeredition: Herr Laber, wo sehen Sie derzeit global die chancenreichsten Absatzmärkte bzw. Produktionsstandorte für deutsche Unternehmen?
Laber: Das hängt natürlich sehr stark vom jeweiligen Produkt- und Leistungsangebot eines Unternehmens ab. Generell liegen die attraktivsten Absatzmärkte für den Mittelstand nach wie vor in Westeuropa, darauf entfallen 51% aller Auslandsaktivitäten deutscher Unternehmen. Auf dem zweiten Platz liegen nahezu gleichauf Osteuropa und Nordamerika, gefolgt von den stark aufholenden Märkten Asiens. Das sind die Auslandsmärkte, auf denen sich deutsche Unternehmen schwerpunktmäßig engagieren und auf denen die Commerzbank deshalb auch mit Filialen für Firmenkunden oder – wie in Polen und der Ukraine – mit Mehrheitsbeteiligungen an einheimischen Banken vertreten ist.

Unternehmeredition: Welche Möglichkeiten der Finanzierung eines Auslandsengagements gibt es grundsätzlich? Welche Rolle können Fördermittel bei der Finanzierung spielen?
Laber: Zur Finanzierung von Zahlungszielen bei Exportgeschäften gibt es mehrere Möglichkeiten, die im Einzelfall auf die Bedürfnisse des Exporteurs und Importeurs abgestimmt werden. Der Lieferantenkredit beispielsweise wird zur Finanzierung des Zahlungsziels, das der Exporteur dem Importeur gibt, gewährt. Er wird an den Exporteur ausbezahlt und üblicherweise durch Ansprüche aus dem Liefergeschäft und damit verbundenen Sicherheiten abgesichert. Der Lieferantenkredit wird häufig schon während der Produktionsphase gewährt. Beim Bestellerkredit gewährt eine inländische Bank dem ausländischen Besteller einen Kredit. Die Auszahlung der Kreditmittel erfolgt jedoch an den Exporteur, damit er seinen Verpflichtungen aus diesem Liefergeschäft nachkommen kann. Der Bestellerkredit bietet sich vor allem für Geschäfte an, bei denen dem Abnehmer ein mehrjähriges Zahlungsziel angeboten werden soll. Eine weitere Möglichkeit ist der regresslose Ankauf einer Forderung (Forfaitierung). Die Forderung, die der Exporteur nach vertragsgemäßer Lieferung gegenüber dem Importeur hat, wird dabei von der Bank ohne Rückgriff auf den Exporteur angekauft. Damit werden nicht nur das wirtschaftliche Risiko aus dem Grundgeschäft, sondern auch die politischen Risiken des Importlandes abgedeckt. In der Regel ist für die regresslose Forfaitierung die Sicherheit einer erstklassigen Auslandsbank erforderlich (z.B. Dokumentenakkreditiv, Bankgarantie usw.). Im Bereich der Fördermittel ist das wesentliche Instrument der Außenwirtschaftsförderung für den Mittelstand die Euler-Hermes Exportkreditversicherung. Zur Refinanzierung dieser Lieferantenkredite bietet sich der regresslose Forderungsankauf an. Die Exportforderung sowie die Rechte und Ansprüche aus der Euler Hermes-Deckung werden an die Commerzbank abgetreten. Im Gegenzug erhält der Kunde bei ordnungsgemäßer Ankaufsdokumentation den diskontierten Barwert der Exportforderung.

Unternehmeredition: Was erwarten Sie als Bank, wenn der Unternehmer sich zur Finanzierung seines Auslandsengagements an Sie wendet?
Laber: Grundlage für eine Geschäftsbeziehung sind Partnerschaftlichkeit, Offenheit und Transparenz. Wir möchten das Geschäftsmodell unseres Kunden und seine Gründe für das Auslandsengagement verstehen. Je früher das mittelständische Unternehmen sein Finanzinstitut einbezieht, desto individueller und zielgerichteter kann hier die Unterstützung gelingen. Banken können angesichts ihrer breiten, über reine Finanzierungsaspekte hinausgehenden Kompetenz auch Impulse für strategische Neuausrichtungen geben, indem sie ihre Kunden über die Potenziale ausländischer Märkte – sei es für Export, Import, Kooperation/Joint Venture oder Auslandsinvestition – informieren und beraten.

Unternehmeredition: Ändert sich durch Basel III etwas in den Regeln für die Auslandsfinanzierung?
Laber: Die Regulierungsschwerpunkte von Basel III zielen in erster Linie auf neue bankaufsichtliche Standards für Eigenkapital und Liquidität ab. Dabei wird eine weltweite Harmonisierung dieser Bankenregularien angestrebt. Wir begrüßen strengere Regeln. Erhöhte Eigenkapitalanforderungen beispielsweise sind für den Markt grundsätzlich positiv. Die regulatorischen Vorgaben sind aber voraussichtlich erst im Verlauf des kommenden Jahres final. Deshalb ist es für eine abschließende Beurteilung dieser Frage nach möglichen Auswirkungen von Basel III auf die Regeln für die Auslandsfinanzierung noch zu früh.

Unternehmeredition: Was raten Sie den Unternehmern abschließend, damit sie sich finanziell keine „blutige Nase“ holen?
Laber: Mittelständische Unternehmen gehen vielfach erst dann die Frage der Internationalisierung an, wenn sie von Kunden dazu gedrängt werden. Das heißt, der Impuls dazu kommt häufig von außen: Kleine Unternehmen entwickeln ihre Märkte zu selten vorausschauend. Damit droht jedoch die Gefahr, Chancen zu verpassen. Auf der anderen Seite ist es wichtig, über die Zahlungsmodalitäten im Auslandsgeschäft bereits vor Vertragsunterzeichnung mit neuen Kunden im Ausland nachzudenken. Hier können und wollen wir als Bank gerne im Vorfeld beraten, wie ein Unternehmen dies am besten macht, um sich finanziell eben „keine blutige Nase“ zu holen. Es gibt auch einen weiteren Aspekt. Eine gut geplante und vorausschauende Internationalisierungsstrategie erschließt nicht nur neue Märkte, sondern sichert auch bestehende Marktpositionen im Heimatmarkt ab. Für zwei Drittel aller Mittelständler ist der internationale Konkurrenzdruck inzwischen auch auf dem Heimatmarkt spürbar. Eine Prüfung der individuellen Chancen und Risiken für eine internationale Ausrichtung sowie die Einbeziehung des Finanzierungspartners lohnt also in jedem Fall. Für die meisten mittelständischen Unternehmen hat sich die Auslandsinvestition gelohnt. Fast zwei Drittel der Unternehmen haben ihr Auslandsengagement in den letzten fünf Jahren ausgeweitet.

Unternehmeredition: Herr Laber, vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Markus Hofelich.
markus.hofelich@unternehmeredition.de


Zur Person: Dr. Bernd Laber
Dr. Bernd Laber ist Bereichsvorstand Mittelstandsbank International der Commerzbank AG. Sie hat weltweit rund 60 Standorte in 50 Ländern und betreut 14 Millionen Privat- sowie 1 Million Geschäfts- und Firmenkunden weltweit. Im Jahr 2010 erwirtschaftete sie mit insgesamt 59.100 Mitarbeitern Bruttoerträge von 12,7 Mrd. EUR. www.commerzbank.de

Autorenprofil

Markus Hofelich ist Gastautor.

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