Patrimonium stellt mittelständischen Unternehmen Fremdkapital zur Verfügung, die von Banken nicht mehr ausreichend finanziert werden. Durch die Pandemie, den Krieg in der Ukraine und die daraus resultierenden Veränderungen des Finanzierungsumfelds ist die Nachfrage nach Private Debt spürbar gestiegen. Wir sprachen mit Moritz Frerker, Senior Director Private Debt bei Patrimonium Asset Management AG.
Unternehmeredition: Was unterscheidet Private Debt und Banken in der Kreditvergabe an mittelständische Unternehmen?
Moritz Frerker: Ein grundsätzlicher Unterschied besteht darin, dass Private-Debt-Anbieter und Banken meist unterschiedliche Risikoprofile suchen. Banken vergeben Kredite in der Regel an bonitätsstarke Unternehmen; Private-Debt-Fonds dagegen suchen typischerweise Unternehmen, die lediglich eine gute bis mittlere Bonität aufweisen. Auch Unternehmen in Krisensituationen mit schwachen Bonitäten können durch Private Debt finanziert werden. Ein methodischer Unterschied besteht darin, dass Banken ihre Kreditvergabe anhand eines quantitativen Ratings steuern, während Private-Debt-Fonds unabhängig von einem quantitativen Rating oftmals eine zukunftsgerichtetere Analyse vornehmen.
Hat das Geschäft von Private Debt in den letzten Jahren zugenommen?
Aufgrund der Entwicklung der letzten Jahre sind viele Unternehmen bonitätsschwächer geworden. Ursächlich waren vor allem die Lockdowns in der Pandemie sowie der Krieg in der Ukraine und die jeweiligen Folgen wie Lieferkettenprobleme, gestiegene Material-, Rohstoff- und Energiepreise. Darüber hinaus hat sich das Wachstum spürbar verlangsamt. Mittelständische Unternehmen finanzieren sich in Deutschland überwiegend über Banken und haben häufig keinen oder nur eingeschränkten Zugang zum Kapitalmarkt. Viele mittelständische Unternehmen entsprechen in einem herausfordernden Umfeld jedoch nicht mehr dem gewünschten Risikoprofil einer Bank. Zudem sind Banken wegen einer strengeren Regulatorik zunehmend restriktiver und selektiver bei der Kreditvergabe. Daraus resultiert eine Finanzierungslücke, die Private Debt schließen kann. Private Debt hat in den vergangenen Jahren bereits Marktanteile gewonnen und die Bedeutung hat zugenommen.
Wie sieht das speziell bei Patrimonium aus?
Patrimonium finanziert mittels direkter Vergabe von Darlehen mittelständische Unternehmen in der DACH-Region sowie den Beneluxländern mit einem Jahresumsatz zwischen 30 Mio. und 400 Mio. EUR. Wir vergeben derzeit Darlehen bis zu einer Höhe von rund 70 Mio. EUR pro Unternehmen. Wir finanzieren sowohl bonitätsstarke Unternehmen als auch Unternehmen in Krisen- oder Sondersituationen mit schwächeren Bonitäten. Wir betrachten stets den Einzelfall und agieren sektoragnostisch. Zudem finanzieren wir sowohl Unternehmen im Eigentum von Private Equity als auch Familienunternehmen. Wir sind als Finanzierer auch weiterhin aktiv, wenn das Umfeld herausfordernd ist. Im vierten Quartal 2022 haben wir beispielsweise das Familienunternehmen Bogner finanziert und im ersten Quartal 2023 Bencis eine Akquisitionsfinanzierung für den Erwerb von Heytex zur Verfügung gestellt.
Welche Finanzierungen werden aktuell gesucht?
Viele Unternehmen benötigen derzeit zusätzliche Liquidität, unter anderem aufgrund gestiegener Kosten, aber auch, um sich in unsicheren Zeiten einen Puffer für unerwartete Schwankungen zu sichern. Finanzierungsanlässe sind weiterhin organisches und anorganisches Wachstum. Darüber hinaus gibt es solche Unternehmen, die aufgrund einer Krise oder wesentlichen Bonitätsverschlechterung eine bestehende Bankfinanzierung ersetzen müssen.
Wie sieht die Zukunft für Private Debt aus?
Ich erwarte, dass das Umfeld für Private Debt weiterhin vorteilhaft bleibt. Die Ursachen für die Finanzierungslücke werden sich nicht wesentlich verändern. Ich gehe deshalb davon aus, dass Private Debt in Deutschland weiterhin wachsen wird und sich als Ersatz oder Ergänzung zu einer Bankfinanzierung etablieren wird – auch zunehmend bei Familienunternehmen.
ZUR PERSON
Moritz Frerker,
Senior Director Private Debt,
Patrimonium Asset Management AG
Moritz.Frerker@patrimonium.ch
www.patrimonium.ch
Dieser Beitrag ist in unserem Spezial “Investoren im Mittelstand” erschienen.
Bärbel Brockmann
Bärbel Brockmann ist eine freie Wirtschaftsjournalistin, die schwerpunktmäßig über Finanz-, Energie- und Immobilienthemen schreibt. Die frühere Leiterin des Düsseldorfer Korrenspondentenbüros der Nachrichtenagentur Reuters begann ihre berufliche Karriere bei einer großen Regionalzeitung.