Mehr Rechtssicherheit bei grenzüberschreitenden Spaltungen, Verschmelzungen oder Formwechseln – dieser Gedanke steht hinter der von der EU 2019 beschlossenen Umwandlungsrichtlinie. Nun hat sie der deutsche Gesetzgeber in nationales Recht umgesetzt. Das UmRUG und damit die Änderung des UmwG ist zum 1. März 2023 in Kraft getreten.
Das Gesetz zur Umsetzung der Umwandlungsrichtlinie (UmRUG) regelt erstmals den grenzüberschreitenden Formwechsel sowie die grenzüberschreitende Spaltung von Unternehmen. Umwandlungsvorgänge werden durch die neuen Regelungen im weitesten Sinne harmonisiert. Seitens der Unternehmens- und Beraterpraxis war eine solche Harmonisierung lange ersehnt worden. Dass nunmehr Spaltungen und Formwechsel von Kapitalgesellschaften, die mehr als ein Land der EU und des EWR betreffen, hier weitgehend einheitlich geregelt sind, schafft Rechtssicherheit und eröffnet den Unternehmen neue Gestaltungsmöglichkeiten.
Das UmRUG geht zurück auf eines der größten Reformpakete des europäischen Gesellschaftsrechts, das „Company Law Package“, zum dem auch die am 27. November 2019 beschlossene Umwandlungsrichtlinie (EU) 2019/2121 gehört. In der Richtlinie ist vieles normativ gefestigt und fortgeführt, was der Europäische Gerichtshof zuvor zur europäischen Niederlassungsfreiheit beschlossen hatte.
Wesentliche Neuerungen durch das UmRUG
Mit Inkrafttreten des UmRUG werden die Vorschriften über grenzüberschreitende Umwandlungsvorgänge im neuen, sechsten Buch des Umwandlungsgesetzes (UmwG) zusammengefasst. Die bewährten Grundsätze und die verweisungsreiche Systematik des deutschen Umwandlungsrechts bleiben dabei erhalten.
Grenzüberschreitende Verschmelzungen, bei denen das gesamte Vermögen eines Unternehmens auf ein anderes bestehendes oder ein neues, dadurch gegründetes Unternehmen übertragen wird, werden neu regelt. Zentral ist hier insbesondere die Vereinheitlichung der Rechte von Minderheitsgesellschaftern zur gerichtlichen Überprüfung der Angemessenheit einer Barabfindung für Minderheitsgesellschafter des übernehmenden und des übertragenden Rechtsträgers sowohl bei nationalen als auch bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen.
Außerdem werden erstmals Vorgaben zur grenzüberschreitenden Spaltung, zur Neugründung und zum grenzüberschreitenden Formwechsel geschaffen.
Im Falle der grenzüberschreitenden Spaltung wird das Vermögen/Vermögensteile eines (in- oder ausländischen) Unternehmens gegen Gewährung von Anteilen an dem übernehmenden Rechtsträger als Gesamtheit auf ein anderes (in- bzw. ausländisches) Unternehmen übertragen.
Der grenzüberschreitende Formwechsel wird in erster Linie vollzogen, indem der Sitz eines Unternehmens unter Beibehaltung der rechtlichen Identität in einen anderen Staat verlegt und die Rechtsform des Unternehmens in eine Rechtsform des Zuzugsstaats geändert wird. Eine Vermögensübertragung findet dabei nicht statt.
Das Verfahren der grenzüberschreitenden Umwandlungsvorgänge unter Beteiligung einer deutschen Kapitalgesellschaft und deren (Rechtmäßigkeits-)Registerprüfung folgt grundsätzlich dem bekannten Verfahren grenzüberschreitender Verschmelzungen.
Schutz der Beteiligten
Um der gestiegenen Schutzbedürftigkeit der beteiligten Gläubiger, Arbeitnehmer und Minderheitsgesellschaft gerecht zu werden, die im Wesentlichen aus der Anwendung zweier verschiedener nationaler Rechtsordnungen und Regelungssysteme resultiert, wurden im UmRUG neue Vorschriften zu deren Schutz aufgenommen.
Um zu vermeiden, dass Unternehmen sich durch grenzüberschreitende Umwandlungsmaßnahmen Ansprüchen ihrer Gläubiger entziehen können, können Gläubiger der übertragenden bzw. formwechselnden Gesellschaft deshalb künftig in sämtlichen Fällen grenzüberschreitender Umwandlungsmaßnahmen Sicherheiten verlangen. Voraussetzung ist dabei, dass der Gläubiger vor Umsetzung der Umwandlungsmaßnahme darlegen kann, dass die Erfüllung seiner Forderung durch den Umwandlungsvorgang gefährdet wird.
Hat der Gläubiger eine Gefährdung vor dem zuständigen Gericht glaubhaft gemacht, sehen die neuen Regelungen im UmwG für grenzüberschreitende Umwandlungsvorgänge – insoweit deckungsgleich mit den Vorschriften zur grenzüberschreitenden Verschmelzung nach alter Fassung – insbesondere eine Registersperre vor, solange das Verfahren betreffend die gefährdete Forderung noch nicht vollständig abgeschlossen ist; dies kann zu erheblichen Verzögerungen in der Umsetzung der Umwandlungsmaßnahme führen und ist entsprechend bei der Planung zu berücksichtigen.
Ferner wurden die Beteiligungs- und Informationsrechte von Arbeitnehmern und Arbeitnehmervertretungen dahin gehend verstärkt, dass beispielsweise sechs Wochen vor der Beschlussfassung über die grenzüberschreitende Umwandlungsmaßnahme den Arbeitnehmern/Arbeitnehmervertretern der Umwandlungsbericht mit Informationen über die rechtlichen und wirtschaftlichen Aspekte des Umwandlungsvorgangs und dessen Auswirkungen auf die Arbeitnehmer vorzulegen ist.
Missbrauchskontrolle durch Registergerichte
Zumindest mittelbar dem Schutz der genannten Beteiligten dient auch die Erweiterung der Befugnisse des Registergerichts. Das Registergericht muss nun zusätzlich zu den bestehenden Prüfpflichten eine Missbrauchskontrolle durchführen, soweit Anhaltspunkte vorliegen, dass eine Umwandlung zu missbräuchlichen Zwecken vorgenommen werden soll.
Entsprechende Anhaltspunkte liegen u.a. dann vor, wenn:
- ein gesetzlich zwingendes Verfahren zur Sicherung der Unternehmensmitbestimmung erst auf Aufforderung des Gerichts eingeleitet worden ist;
- die Zahl der Arbeitnehmer mindestens vier Fünftel des für die Unternehmensmitbestimmung maßgeblichen Schwellenwerts beträgt, im Zielland keine Wertschöpfung erbracht wird und der Verwaltungssitz in Deutschland verbleibt.
Sind solche Anhaltspunkte gegeben, kann sich das Registerverfahren hierdurch erheblich verzögern, da die für das Registerverfahren vorgesehene Frist von maximal drei Monaten in diesem Fall um maximal weitere drei Monate verlängert werden kann; schlimmstenfalls führt die Missbrauchskontrolle zu einer Eintragungsverweigerung und damit zum Scheitern des Umwandlungsvorhabens.
Fazit
Insgesamt sind die neuen Regelungen des UmwG zu grenzüberschreitenden Umwandlungsvorgängen zu begrüßen, schaffen sie durch klare Vorgaben und ein einheitliches Verfahren doch endlich weitestgehend EU-/EWR-weite Rechtssicherheit für die Umsetzung eines solchen Verfahrens. Gleichwohl wird bei der Planung eine genaue Abstimmung mit dem zuständigen Registergericht wie gehabt unumgänglich sein. Zudem hat der Gesetzgeber der schnellen Durchführung eines grenzüberschreitenden Umwandlungsvorgangs jedenfalls durch die einzuhaltenden Verfahrensfristen eine Absage erteilt, was in simpel gelagerten Fällen von Gesellschaften mit nur einem Gesellschafter und ohne Arbeitnehmer und Gläubiger dazu führen könnte, den Umwandlungsvorgang im Zweifel lieber nicht durchzuführen.