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Finanzierungsmethoden für internationales Wachstum

Der Mittelstand bildet das Rückgrat der deutschen Wirtschaft. Vor allem kleinere und mittelgroße Unternehmen stehen durch die zunehmende Globalisierung unter starkem Wettbewerbsdruck. Wie deutsche Firmen die Internationalisierung ihres Geschäfts finanzieren können.

Der Export ist mittlerweile ein wesentliches Erfolgskriterium für deutsche Unternehmen aus allen Industriebereichen: Schon heute realisieren ca. 30% der deutschen mittelständischen Betriebe ein Fünftel ihres Umsatzes im Ausland. In den kommenden drei Jahren erwarten das sogar ca. 50% der Unternehmen. Dies stellt den Mittelstand vor eine große Herausforderung: die Finanzierung der Expansion ihres Geschäfts im Ausland. So zeigt eine neue Roland Berger-Studie „What role can banks play in the internationalization process of European SME?“, dass 43% der deutschen Mittelständler Probleme haben, eine ausreichende Finanzierung zu bekommen, die ihren Bedarf abdeckt.

Unternehmen greifen immer noch auf klassische Instrumente wie Bankdarlehen zurück, doch seit der Finanzkrise in den Jahren 2008/09 streben sie vermehrt die Unabhängigkeit von bankfinanzierten Standardlösungen an. Sie suchen eine Diversifikation ihrer Finanzierung – auf verschiedenen Wegen.

Bankfinanzierung und alternative Instrumente

Wenden sich Firmen an ihre Bank, erhalten sie über eine Handelsfinanzierung das notwendige Kapital, um ihre Exportaktivitäten zu finanzieren. Kreditinstitute unterstützen außerdem Firmen bei der Erstellung und Bearbeitung von Import-/Export-Dokumenten; Bürgschaften und Akkreditive werden oft zur Verfügung gestellt. Rund 50% der international tätigen, europäischen Mittelständler halten dieses Instrument nach wie vor für essenziell, um sich fremde Märkte zu erschließen. Wichtig für Unternehmen sind jedoch individuelle, länderspezifische Lösungen und keine Standardprodukte.

Dabei müssen Firmen auf eine gute Risikoabsicherung achten – vor allem in Zusammenhang mit Wechselkursschwankungen und Zinsrisiken. So suchen 75% der Unternehmen neben der Finanzierung mit langfristiger Zinsbindung auch Hedging-Instrumente wie Swaps, um auf Währungsschwankungen auf den Beschaffungs- und Absatzmärkten besser reagieren zu können.Auch das professionelle Cash-Management, das früher nur größeren Unternehmen vorbehalten war, findet bei mittelständischen Unternehmen immer mehr Zuspruch. So können Firmen durch länderspezifisches Cash-Management flexibler im internationalen Währungs- und Finanzsystem agieren. Dabei nutzen etablierte Mittelständler vor allem e-Banking und Cash-Pooling. Ebenso beanspruchen sie Unterstützung im internationalen Zahlungsverkehr – insbesondere für die Eröffnung und Führung von Konten sowie für Zahlungen im Ausland. Denn hier müssen unterschiedliche Zahlungsziele im In- und Ausland berücksichtigt werden.

Als Konsequenz von Basel III sind Kapitalanforderungen an Banken heute differenzierter. Für viele Finanzierungsformen steigen sie; das eher langfristig ausgelegte Leasing profitiert jedoch aufgrund gesunkener Anforderungen und wird somit immer attraktiver. So können Mittelständler von verbesserten für individuelle Sale-and-Lease-back-Finanzierungen profitieren. Deshalb greifen mittlerweile fast 45% der deutschen Unternehmen auf diese Finanzierungsform zurück.

Interne Finanzierung wird immer wichtiger

Die Finanzkrise hat jedoch gezeigt, dass eine stabile interne Finanzierung eine immer wichtigere Rolle spielt, um das Wachstum voranzutreiben. Davon sind über 90% der deutschen Mittelständler überzeugt, deutlich mehr als noch vor ein paar Jahren. Denn 2010 waren es nur knapp 60%, die die interne Finanzierung noch vor Fremdkapitalinstrumenten wie Bankdarlehen eingesetzt haben.

Eine wesentliche Rolle spielt dabei das Working-Capital-Management. Denn durch besseres Mahnwesen, ein niedrigeres Vorratsvermögen sowie optimierte Zahlungsziele können Firmen eigenes Kapital für Investitionen freisetzen. So konnten deutsche Mittelständler die durchschnittliche Kapitalbindungsdauer in den vergangenen drei Jahren um drei Tage reduzieren.

Private-Equity-Beteiligungen und Unternehmensanleihen immer beliebter

Da mittelständische Betriebe meist die Kontrolle über das eigene Unternehmen behalten wollen, wird auch der Verkauf von Minderheitsanteilen an Private-Equity-Investoren immer attraktiver. Die Anzahl der deutschen Mittelständler, die diese Option erwägen, ist von 15% im Jahr 2010 auf über 50% im Folgejahr gestiegen. In diesem Finanzierungsmodell sehen Firmen außerdem zwei weitere Vorteile: die Möglichkeiten, die Nachfolgeregelung und die Investitionsoptionen für das Management schnell zu klären.

Eine weitere Finanzierungsalternative stellen Unternehmensanleihen dar: Knapp über 40% der deutschen Mittelständler berücksichtigen sie in ihrem Finanzierungsmix. Denn seit der Einführung des neuen Börsensegments in Deutschland erfreuen sich Mittelstandsanleihen immer größerer Beliebtheit. Gesunkene Emissions- und Folgekosten sowie niedrigere Spreads ermöglichen es mittelständischen Unternehmen mit einem Jahresumsatz von mehr als 100 Mio. EUR, sich über den Kapitalmarkt zu finanzieren. Kleineren Mittelständlern bleibt dieser Markt allerdings noch verwehrt: Mangelnde Kapitalmarktkommunikation sowie das zu kleine Emissionsvolumen stellen immer noch große Hürden für kleine Betriebe dar.

Fazit

International expandierende Mittelständler müssen sich heute nicht mehr auf Bankkredite beschränken. Sie haben die Möglichkeit, ihr Wachstum über verschiedene Wege zu finanzieren. Doch eine Auslandsexpansion nimmt auch signifikante Managementkapazität in Anspruch. Die besondere Herausforderung für Mittelständler liegt also darin, bedarfsgerechte Finanzierungsinstrumente in Abstimmung mit der gesamten Unternehmensstrategie zu identifizieren.



Zu den Personen

Sascha Haghani ist Deputy-CEO Deutschland von Roland Berger Strategy Consultants. Er verantwortet das globale Competence Center „Restructuring & Corporate Finance“, das auf die Beratung von mittelständischen Unternehmen spezialisiert ist. Rainer Bizenberger ist Partner im gleichen Competence Center. Sie sind Experten für nationale und internationale M&A-Transaktionen, IPOs, Unternehmensfinanzierungen sowie Wert- und Portfolio-Management. www.rolandberger.com

 

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