Internationalisierung statt Fachkräftemangel

Rettungswagen von Ambulanz Mobile: Die Fahrzeuge waren ursprünglich für den Lieferverkehr gedacht und werden umgerüstet.
Rettungswagen von Ambulanz Mobile: Die Fahrzeuge waren ursprünglich für den Lieferverkehr gedacht und werden umgerüstet.

Ambulanz Mobile hat die demografische Entwicklung zu einem Geschäftsmodell gemacht. Immer mehr ältere Menschen sind auf medizinische Transporte angewiesen. Die Nachfrage nach Krankenwagen steigt. Dennoch setzt die Firma in Zukunft vor allem auf Wachstum im Ausland – und umgeht damit auch den Fachkräftemangel daheim.

Schönebeck liegt direkt an der Elbe in Sachsen-Anhalt. Die Stadt blickt mittlerweile auf eine über tausendjährige Geschichte zurück. Das Solbad ist das älteste in Deutschland und wird auch heute noch für Kuren genutzt. Ein Anziehungspunkt für Fachkräfte ist die Stadt indes nicht. Das bekommt die Firma Ambulanz Mobile schon seit einiger Zeit zu spüren. Sie bildet zwar ihren Nachwuchs selber aus und kooperiert mit der Universität im nahegelegenen Magdeburg. Das Fachkräfteproblem kann sie aber trotzdem nicht lösen. „Wir sind hier an einer biologischen Wachstumsgrenze. Die Leute, die wir für den Spezialfahrzeugbau brauchen, die bekommen wir einfach nicht“, sagt Firmengründer und Geschäftsführer Hans-Jürgen Schwarz.

Deshalb rückt für Schwarz das Ausland immer mehr ins Blickfeld. In 40 Ländern verkauft Ambulanz Mobile schon seine Krankentransporte, Rettungswagen und Behindertenfahrzeuge – in Europa, aber auch in Neuseeland, Ecuador und Abu Dhabi. Schwarz hat sich vorgenommen, jedes Jahr zwei oder drei weitere Abnehmerländer zu gewinnen. Ambulanz Mobile liefert in den meisten Fällen keine fertigen Fahrzeuge ins Ausland. Vielmehr sucht sich das Unternehmen in jedem Land Kooperationspartner und schickt unfertige Fahrzeuge als unterschiedliche Vorprodukte dorthin. Die Kontakte werden meist auf Messen geknüpft. Inzwischen kommen Firmen aber auch direkt auf Ambulanz Mobile zu. Die Partner fertigen die Fahrzeuge mit dem Know-how und den Teilen von Ambulanz Mobile und rüsten sie mit länderspezifischen Komponenten wie beispielsweise Funkgeräten aus, bevor sie diese an lokale Kunden verkaufen. Grundlage sind zeitlich limitierte Überlassungsverträge. Die Partner sind nach Auslieferung der Fahrzeuge auch für das Servicegeschäft zuständig. „Mit dem Partnersystem haben wir eine viel bessere Kundenansprache, denn die einheimischen Firmen kennen den Markt, das ist von Deutschland nur schwer zu machen“, ist Schwarz überzeugt.

Werk von Ambulanz Mobile in Schönebeck: Kein Anziehungspunkt für Fachkräfte.
Werk von Ambulanz Mobile in Schönebeck: Kein Anziehungspunkt für Fachkräfte.

Die Zusammenarbeit ist sehr eng. Zu Beginn werden Mitarbeiter der Kooperationspartner im Werk in Schönebeck geschult, später beaufsichtigen Ambulanz Mobile-Mitarbeiter eine Zeit lang die Montage beim Partnerunternehmen. Dieses Partnersystem verkleinert nicht nur den Fachkräftemangel im Schönebecker Werk, sondern schafft in Ländern mit einer hohen Arbeitslosigkeit auch neue Arbeitsplätze.

Neustart nach der Wende

Schwarz hat Ambulanz Mobile 1991 zusammen mit sechs Partnern gegründet. Der gelernte Maschinenbauingenieur hatte vorher im örtlichen Traktorenwerk gearbeitet. Nach der Wende wurde das Areal des Werks durch die Treuhandanstalt aufgeteilt. Ambulanz Mobile entstand auf einer dieser Parzellen – aus der Idee heraus, eine Lücke zu füllen. In der DDR hatte es anders als in der Bundesrepublik so gut wie keine Krankenfahrzeuge gegeben. Man sah eine lukrative Nische. Am Anfang wurden Fahrzeuge zum Behindertentransport gebaut. Im Laufe der Zeit kamen Notarztfahrzeuge, Krankentransporter und schließlich auch voll ausgerüstete Rettungswagen dazu.

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