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Eurokrise belastet Private-Equity-Markt

Im ersten Quartal bestand noch Zuversicht auf eine Besserung am deutschen Private-Equity-Markt. Inzwischen aber hat die sich ausweitende europäische Staatsschuldenkrise die Aktivitäten und Erwartungen wieder gedämpft. Die Unsicherheiten sowohl an den Kapitalmärkten als auch in konjunktureller Hinsicht belasten. Auch die Preisvorstellungen gehen weiter auseinander. Zudem ist die Finanzierungsbereitschaft der Banken für größere Transaktionen weiterhin gering.

Getrübte Erwartungen

Die schwierigen Jahre für die Private-Equity-Branche sind noch nicht vorbei. Nachdem 2010 und das erste Halbjahr 2011 noch recht gut waren und eine gewisse Aufbruchstimmung erzeugten, hat sich das Beteiligungsgeschäft doch wieder abgeschwächt. Bereits in der zweiten Jahreshälfte 2011 waren die Erwartungen vor dem Hintergrund gedämpfter Konjunkturaussichten zurückgeschraubt worden. Im ersten Quartal 2012 keimte zwar zunächst noch einmal Zuversicht für den weiteren Jahresverlauf auf, aber die Staatsschuldenkrise in der Eurozone sowie getrübte Erwartungen für die Weltkonjunktur sorgten für steigende Verunsicherung. Die Planbarkeit für langfristige Investoren ist damit deutlich eingeschränkt. Eine Rolle spielt auch, dass Unternehmen sich in stärkerem Maße aus eigener Kraft finanzieren können und weniger auf externes Kapital angewiesen sind. Zudem ist nach wie vor die Bereitschaft der Banken, Kreditfinanzierungen für größere Beteiligungstransaktionen beizusteuern, eher gering.

Schwaches Beteiligungsniveau

Auch wenn viele Private-Equity-Häuser händeringend gute Investitionen suchen, das Transaktionsniveau ist alles in allem schwach. Nach Zahlen des Bundesverbands der Kapitalbeteiligungsgesellschaften (BVK) wurden im ersten Quartal 2012 nur 669 Mio. EUR in deutsche Unternehmen investiert, ein Rückgang um 37% gegenüber dem bereits unter den Erwartungen gebliebenen vierten Quartal 2011 und sogar fast eine Halbierung gegenüber dem ersten Quartal 2011. Etwa 70% des Investitionsvolumens entfielen auf Buy-outs, 20% auf Venture-Capital-Engagements und 10% auf Wachstums- sowie Turnaround -und Replacement-Finanzierungen. In den vergangenen Monaten blieb der erhoffte Stimmungsaufschwung aus, das von BVK und KfW ermittelte German Private Equity Barometer ging sogar deutlich zurück. Einen regelrechten Einbruch erlitt auch das Exit-Volumen mit nur 132 Mio. EUR im ersten Quartal (minus 87% gegenüber dem Vorquartal).

Viel Geld zur Anlage vorhanden

Mit der Marktschwäche reiht sich Deutschland in den gesamteuropäischen Trend ein, nachdem das Gesamtjahr 2011 noch einen Aufwärtstrend (Investitionen plus 22% auf 5,92 Mrd. EUR) gezeigt hatte. „Es ist ohne Zweifel viel Geld da, um zu investieren“, sagt der BVK-Vorstandvorsitzende Matthias Kues. Und das mittelständische Geschäft – also die kleinen bis mittleren Transaktionen – sei auch noch relativ stabil. Was fehle, seien die großen Buy-outs. Und nach wie vor bewege sich das Venture-Capital-Segment stabil auf niedrigem Niveau. Auch das Exit-Umfeld sei schwierig. Beteiligungsfonds, die bald ihr Laufzeitende erreichen werden, haben Exit-Druck. Aber Trade Sales sind wegen der konjunkturellen Verunsicherung nicht mehr so häufig wie noch im ersten Halbjahr 2011. Kues beobachtet außerdem, dass Private-Equity-Häuser bei Secondaries und Tertiaries zurückhaltender geworden sind – wegen mangelnden Entwicklungspotenzials vieler Portfoliounternehmen.Im ersten Quartal bestand noch Zuversicht auf eine Besserung am deutschen Private-Equity-Markt. Inzwischen aber hat die sich ausweitende europäische Staatsschuldenkrise die Aktivitäten und Erwartungen wieder gedämpft. Die Unsicherheiten sowohl an den Kapitalmärkten als auch in konjunktureller Hinsicht belasten. Auch die Preisvorstellungen gehen weiter auseinander. Zudem ist die Finanzierungsbereitschaft der Banken für größere Transaktionen weiterhin gering.

Größere Preisdifferenzen

„Die allgemein schlechte wirtschaftliche Stimmung lähmt die Entscheidungsfreude“, konstatiert Kues. Auch das Verkaufsinteresse sei gerade bei gedämpfter Konjunkturperspektive schwächer ausgeprägt, da sich gute Preise nur schwer erzielen ließen. Die Konjunkturschwankungen machten die Preisfindung insbesondere in zyklischen Branchen extrem schwierig. Während die Verkäuferseite die guten Jahresabschlüsse hervorhebt, gewichtet die Käuferseite stärker die unsicheren Perspektiven. Jeder Käufer fragt sich, wie nachhaltig die guten Ergebnisse der beiden letzten Jahre sind. „Die Unternehmen haben zwar 2010 und 2011 gut verdient, aber die Investoren trauen dem Ganzen noch nicht langfristig; daran scheitern viele Deals“, sagt Kues. Eine interessante Branche mit vielen mittelständischen Unternehmen ist aus seiner Sicht der Energiebereich. Die Energiewende habe diesen Markt noch attraktiver für Käufer gemacht.

Schwieriges Fundraising

Trotz des allgemeinen Niedrigzinsniveaus gestaltet sich auch das Fundraising anhaltend schwierig. Hoffnung gibt aus Kues‘ Sicht der zunehmende Trend bei Versicherungen und anderen Investoren, sich angesichts der schwachen Renditen bei klassischen Anlagen stärker für das Thema Private Equity zu interessieren. Der durchschnittliche Garantiezins bei Lebensversicherungen liege bei 3,2 bis 3,3%, dies sei mit ihren bisherigen Anlagen (Schwerpunkt Anleihen) nicht mehr zu erzielen.

Strategen im Vorteil

Eher positiv gestimmt ist Dr.-Ing. Hans-Gert Mayrose, Vorstand der börsennotierten Industrie-Beteiligungsgesellschaft Gesco AG. Er sieht zumindest für Gesco eine deutliche Belebung auf der Angebotsseite. „Vor zwei oder drei Jahren waren noch viele Verkäufe, insbesondere im Mittelstand, auf Eis gelegt“, sagt er. „Jetzt haben die Unternehmer mit den Ergebnissen von 2010 und 2011 im Rücken eher den Willen zum Verkauf.“ Auf Käuferseite habe man zwar auch noch die Krisenjahre im Hinterkopf, aber da könne man mit den Unternehmen verhandeln. „Von M&A-Beratern hören wir, es sei doch schwierig, gute Verkaufsangebote zu finden; aber wir werden von Anfragen fast überschwemmt“, sagt Mayrose. Die PE-Branche habe es allerdings schwerer, Transaktionen umzusetzen, auch weil sie auf die Finanzierungsbereitschaft der Banken angewiesen seien. „Das gibt uns als Industrieholding einen Vorteil, da wir keinen Finanzierungsvorbehalt haben und dem Verkäufer mehr Transaktionssicherheit und -schnelligkeit bieten. Dafür sind diese dann auch bereit, mit dem Preis etwas herunterzugehen.“ Gesco richtet den Fokus auf den produzierenden industriellen Mittelstand, insbesondere den Werkzeugmaschinenbau, aus dem laut Mayrose der Großteil der Anfragen kommt. Die Investitionsgüterbranche habe hohe Auftragsbestände, die Eurokrise schlage hier (noch) nicht so stark durch. „Viele Anfragen kommen aus Nachfolgesituationen, die 2009 und 2010 noch verschoben worden waren; aber jetzt drängt bei vielen die Zeit“, so Mayrose. Für Akquisitionen sei das Zeitfenster jetzt sehr günstig. „Wir haben binnen sechs Monaten – zwischen Ende Dezember und Anfang Juli – drei Unternehmen gekauft; das ist Rekord.“Im ersten Quartal bestand noch Zuversicht auf eine Besserung am deutschen Private-Equity-Markt. Inzwischen aber hat die sich ausweitende europäische Staatsschuldenkrise die Aktivitäten und Erwartungen wieder gedämpft. Die Unsicherheiten sowohl an den Kapitalmärkten als auch in konjunktureller Hinsicht belasten. Auch die Preisvorstellungen gehen weiter auseinander. Zudem ist die Finanzierungsbereitschaft der Banken für größere Transaktionen weiterhin gering.

Unternehmerische Expertise gefragt

Was das Preisniveau angeht, so sind die Multiples im Durchschnitt zwar relativ stabil. Allerdings hat die Schwankungsbreite zugenommen, mit wachsenden Abweichungen vom Durchschnitt nach oben und unten – abhängig von den nachhaltigen Perspektiven des Unternehmens. Bewertungsunsicherheit ist für Dr. Andreas Fendel, Geschäftsführer der Beteiligungsgesellschaft Quadriga Capital, ein wesentliches Hemmnis für die Aktivitäten im PE-Markt. „Man will zu hohe Bewertungen, die eventuell nicht nachhaltig sind, vermeiden“, sagt er. Ein wenig Licht sieht er bei der Bankenfinanzierung, die aus seiner Sicht „etwas besser ist als vor einem Jahr“. Zunehmend fänden sich auch wieder Konsortien für Club-Deals zusammen. Finanziert werde nach wie vor eher konservativ, mit einem Fremdkapitalanteil von maximal 45 bis 50%. Der Trend weg vom „Financial Engineering“ sei weiterhin intakt. „Bei den PE-Gesellschaften ist unternehmerische und branchenbezogene Expertise und Leistungsfähigkeit gefragt“, so Fendel. Auf operative Beiträge zur Wertschöpfung komme es an. „Diejenigen, die sich als pure Finanzinvestoren sehen, bekommen Probleme.“

Guter Track Record entscheidend

Fendel geht davon aus, dass sich die Lage wieder bessern wird. „Denn Unternehmen suchen Problemlösungen, Eigentümer wollen sich vom Unternehmen trennen oder suchen Partner, zum Beispiel bei der internationalen Expansion und der Errichtung von Produktionsstätten in fremden Märkten“, sagt Fendel. Beteiligungspartner müssten hier gute Konzepte anbieten. Die Transaktionsbereitschaft auf PE-Seite sei da, Kapital genügend vorhanden. Eher schwach sei aktuell aber die Einwerbung frischen Kapitals. Das Kapitalangebot habe sich verringert – die Nachfrage sei im Verhältnis deutlich höher. „Der Wettbewerb um die knappen Mittel ist hart; insbesondere große Fonds haben es schwer, genügend Kapital einzusammeln. Nur mit einem guten Track Record hat man überhaupt Chancen“, erklärt Fendel. Die Fonds müssten die Frage beantworten, wie künftige Transaktionen zu strukturieren sind und wie man einen nachhaltigen Mehrwert schaffen wolle.

Nachfrageüberhang nach Targets

Einen starken Nachfrageüberhang nach attraktiven Zielunternehmen sieht Arno Fuchs, Geschäftsführer des Münchner Finanzierungsspezialisten FCF Fox Corporate Finance. „Zum aktuellen Zeitpunkt kommen beispielsweise auf zehn Zielunternehmen etwa 30 bis 40 Finanzinvestoren – neben Strategen – als Interessenten infrage“, sagt Fuchs. „Das Deal-Angebot ist niedrig und hält mit der Nachfrage in keiner Weise mit, es ist um einiges geringer als letztes Jahr. Ein aktiver PE-Markt kann so nicht funktionieren.“ Das mache den PE-Häusern das Geschäft schwer. Kreativität und eine unternehmerische Herangehensweise seien gefragt, um Alpha zu generieren. Teilweise verstünden es die Finanzinvestoren weniger als früher, „die Verkäufer für sich zu begeistern“. Man schaue oft zu sehr darauf, ob die Unternehmen in eine gewünschte Schablone passten, statt individuell zur Unternehmenssituation eine Transaktion zu strukturieren. „Einige aktive PE-Häuser tun dies und zeichnen sich durch sehr aktives Dealmaking aus.“

Minderheitsbeteiligungen als Chance

Eine Chance für die PE-Branche sieht Fuchs darin, sich mehr auf Minderheitsbeteiligungen, Secondary-Umplatzierungen und Transaktionen mit börsennotierten Unternehmen zu fokussieren und so zu mehr Transaktionen zu kommen. Fuchs geht nicht davon aus, dass sich der Dealflow insgesamt auf absehbare Zeit verbessern wird. Eher sei eine Konsolidierung in der PE-Branche zu erwarten – einige Player könnten aus dem Markt ausscheiden.

Ausblick

Wie es aussieht, wird 2012 nach zwei halbwegs guten PE-Jahren wieder ein schwächeres werden. Ein Hoffnungsschimmer für mehr Transaktionen kommt von den vielen ungelösten Unternehmensnachfolgen – das Thema steht weiter ganz oben auf der Agenda. Und manche Unternehmen suchen einen Partner für ihre Internationalisierungspläne. Hier muss Private Equity über das Kapital hinaus Mehrwert bieten – mit einer klaren unternehmerischen Unterstützung.

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