„Es gilt, ein Gleichgewicht der Interessen zu erreichen“

 

Die Wurzeln der Firma Schneider gehen zurück auf einen Geschenk- und Haushaltswaren-Einzelhändler. Heute sieht sich die Schneider Holding als Multichannel-Händler für Mode und Lifestyle mit bekannten Marken wie „Conley’s“, „Impressionen“ oder „Discovery“. Seit 1989 haben verschiedene Private Equity-Gesellschaften das Wachstum des Unternehmens begleitet. Im Interview spricht Unternehmenslenker Carsten Muuß über seine Erfahrung mit Private Equity und die weitere Expansionsstrategie.

Unternehmeredition: Herr Muuß, wie konnte sich Ihr Unternehmen aus der Keimzelle Einzelhändler heraus entwickeln?

Muuß: Die Firma Schneider geht zurück auf einen führenden lokalen Geschenk- und Haushaltswaren-Einzelhändler, aus dem sich Mitte der 60er Jahre das Prämiengeschäft entwickelt hat. Kunden waren damals Buchclubs und Verlage, die diese Sachprämien für Incentive-Programme einsetzten. Das war innovativ, und Schneider wurde schnell Marktführer in diesem Bereich. 1986 ist der Schneider-Katalog entstanden mit einem anfänglich überwiegenden Prämiensortiment. Erst Ende der 90er wurde das Geschäft mit Werbeartikeln konsequent ausgebaut, das noch 15% unseres Umsatzes ausmacht. Als wir Mitte der 90er Jahre mit Impressionen starteten, konnten wir auf eine langjährige Erfahrung im Handel mit Geschenkartikeln zurückgreifen. Neu war hingegen der Ausbau der Fashionsparte mit Conley’s, die die Haupttriebfeder im Distanzhandel ist. Herausforderung war es, ein Unternehmen, das bisher ausschließlich mit Hartwaren zu tun hatte, auch im Bereich Fashion zu entwickeln. Das Gefühl für Trends und Mode war bei uns immer vorhanden, die Implementation neuer logistischer Funktionen dauerte jedoch länger als erwartet. Heute beherrschen wir auch dieses Geschäft, und als Mitte der 90er Jahre das Internet aufkam, waren wir von Anfang an dabei. Bereits 1997 hatten alle Geschäftseinheiten Internetauftritte, über die heute ca. 65% aller Aufträge eingehen. Die dynamische Entwicklung der vergangenen Jahre haben wir mit unserem Prozess-Know-how in weitere Innovationen übersetzt und bieten unseren Kunden alle Möglichkeiten der modernen Kommunikation: Zentraler Anlaufpunkt ist der Webshop, der Kunde kann uns aber auch über Mobile-Apps, Facebook oder Twitter erreichen und natürlich gerne anrufen oder schreiben. Persönlicher Kundenkontakt ist uns sehr wichtig.

Unternehmeredition: Ihr Unternehmen verfügt über langjährige Erfahrung mit Private Equity. Im September 2005 hat Barclays Private Equity Schneider übernommen und im Oktober 2010 an Silverfleet Capital verkauft. Was waren die Motive hinter der ersten Transaktion?

Muuß: Unsere Erfahrungen mit Private Equity gehen sogar auf das Jahr 1989 zurück, als sich der Unternehmensgründer entschied, 49% der Anteile an die Private Equity-Gesellschaften Hannover Finanz und NIB zu verkaufen. 2005 hat der Gründer, der bereits seit 1997 nicht mehr operativ tätig war, im Wege einer Nachfolgeregelung die Mehrheit an Barclays Private Equity abgegeben. Diese Regelung erwies sich für alle Beteiligten als sehr gute Lösung: Der Gründer bekam die Möglichkeit, als Minderheitsgesellschafter beteiligt zu bleiben, das Management die Chance, Anteile zu übernehmen, und die bis dahin investierten Fonds konnten einen Exit realisieren. Für das Unternehmen und unsere Mitarbeiter war dies eine sehr gute Regelung. Wir wollten unsere neuen Geschäftsfelder auch im Ausland etablieren und so weiter wachsen – diese Pläne hat Barclays voll unterstützt.

Unternehmeredition: Wie kam es zum Verkauf an Silverfleet? Welche Erfahrungen haben Sie mit dem zweiten Investor gemacht?

Muuß: Mit Barclays haben wir unsere Internationalisierung erfolgreich umgesetzt und sind weiter gewachsen. Die Gesellschaft hatte zu diesem Zeitpunkt die Akquisitionsfinanzierung aus dem Jahre 2005 fast getilgt und war bereit für einen Exit. Unser Unternehmen hat ein solides, sehr tragfähiges Geschäftsmodell, und das Online-Geschäft bietet noch großes Potenzial. Wir wollen weiter in die Verbrauchermarken Conley’s und Impressionen investieren und neue Wachstumspotenziale im Internet erschließen. Silverfleet unterstützt uns hier mit Experten aus UK, einem Markt, der uns beim Thema Internet um zwei Jahre voraus ist. Zudem haben wir uns um einen CFO verstärkt, um den gestiegenen Anforderungen auf der Finanzierungsseite zu begegnen. Wir schätzen den strategischen Ansatz von Silverfleet.

Unternehmeredition: Wie sieht Ihre weitere Geschäftsentwicklung in diesem Jahr aus? Planen Sie das Online-Geschäft und die Internationalisierung künftig weiter auszubauen?

Muuß: Wir erwarten auch für dieses Jahr ein moderates Umsatzwachstum. Die Entwicklung bei Impressionen und Conley’s wird weiterhin überproportional sein. Der Online-Anteil wird ebenfalls deutlich steigen. Hier liegt auch der Schwerpunkt unserer Aufmerksamkeit und unserer Investitionen. Der Gewinn wird in diesem Jahr im Rahmen unserer langfristigen Erwartungen sein, aufgrund diverser neuer Projekte aber nicht so stark steigen wie in den letzten Jahren.

Unternehmeredition: Was sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten Erfolgsfaktoren und Herausforderungen für Unternehmer im Umgang mit Private Equity?

Muuß: Wie für jeden Gesellschafterkreis, der aus mehreren Parteien besteht, gilt es, ein Gleichgewicht der Interessen zu erreichen. Dazu sollten sich die Beteiligten schon in der Investmentphase über die gemeinsamen Ziele klar werden. Private Equity-Fonds sind lediglich Gesellschafter auf Zeit, die viel stärker zahlengetrieben sind. Das führt zu einem Anstieg des Reportings, was aber nachvollziehbarer ist, als wenn die Firmenpolitik am Mittagstisch des Inhabers gemacht wird. Darüber gibt es nämlich kein Reporting! Ich würde wieder PE wählen, und das gilt auch für die Gründerfamilie, die ebenfalls neben Silverfleet und dem Management weiterhin am Unternehmen beteiligt ist.

Unternehmeredition: Herr Muuß, vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview führte Markus Hofelich.
markus.hofelich@unternehmeredition.de


Zur Person: Carsten Muuß
Carsten Muuß ist Vorsitzender der Geschäftsführung der Schneider Holding GmbH (www.schneider.de). Das Unternehmen beschäftigt rund 650 Mitarbeiter und erwirtschaftete 2009 einen Umsatz in Höhe von 241 Mio. EUR. Siehe auch www.impressionen.de, www.conleys.de.

Autorenprofil

Markus Hofelich ist Gastautor.

Vorheriger Artikel„Wir haben die nötigen Freiheiten bei der Umsetzung unserer Strategie“
Nächster ArtikelRödl & Partner-Studie: Private-Equity-Boom im Mittelstand