Unternehmeredition: Was zeichnet Hannover Finanz als Investor aus?
Goetz Hertz-Eichenrode: Wir sehen uns heute als einen Hybrid zwischen einem Family Office und einem klassischen Private-Equity-Investor. Wir sind als Familie Hertz-Eichenrode mit einer der größten Gesellschafter der Hannover Finanz. Wir sehen uns daher vor allem als Partner des familiengeführten Mittelstands. Weil wir selbst Unternehmer sind, teilen wir die gleichen Werte. Dabei haben wir aber die professionellen Strukturen eines klassischen Private-Equity-Investors und dadurch sehr transparente Entscheidungsprozesse. Eine Besonderheit ist sicher auch unsere Investorenbasis – es sind alles deutsche Investoren, neben Versicherungen sind das Versorgungswerke, auch kirchliche. Das Werteverständnis dieser Investoren ist sehr ähnlich: Es geht nicht nur um Rendite um jeden Preis, sondern darum, nachhaltig zu investieren und langfristig Werte zu schaffen.
Welche Vorteile bietet es, als Evergreen-Fonds investieren zu können?
Wir bekommen das Geld der Investoren für unbegrenzte Zeit zur Verfügung gestellt und nicht, wie bei klassischen Private-Equity-Fonds, für eine bestimmte Haltedauer. Wir können daher längerfristig und vor allem flexibel investieren. Im Schnitt sind wir sechs bis acht Jahre an einem Unternehmen beteiligt. Es geht aber auch viel länger: Aktuell haben wir zwei Unternehmen im Portfolio, bei denen wir vor 25 Jahren als Minderheitsgesellschafter eingestiegen sind. Beide Beteiligungen laufen hervorragend und bringen laufende Erträge. Das stabilisiert unser Geschäftsmodell und unsere Ertragsströme. Als Evergreen-Fonds haben wir aber auch die Möglichkeit, in späteren Zeiten weiteres Geld bereitzustellen. Sei es, dass sich das Unternehmen gut entwickelt und es für weiteres Wachstum Geld braucht, sei es, dass es nicht so gut läuft und daher Geld zur Unterstützung benötigt wird. Das sind die großen Stärken eines Evergreen-Fonds.
Ist dieses Funding in Krisenzeiten schwieriger?
Wegen der Unsicherheiten am Markt waren wir in der letzten Zeit etwas vorsichtiger bei Neuinvestitionen. Geopolitik, Innenpolitik, Zinsen – es ist schwierig, zu erkennen, wohin die Reise geht. Zugleich ist die Zahl der Beteiligungsangebote, die wir bekommen haben, stark gestiegen. Auffällig ist, dass neben Buy-outs und Nachfolgeregelungen, bei denen es um Mehrheitsübernahmen geht, vor allem die Nachfrage nach Minderheitsbeteiligungen stark steigt. Viele Unternehmen suchen nach vielen Jahren im kräftezehrenden Dauerkrisenmodus nach einem Sparringspartner. Ein weiterer Grund sind zunehmende Schwierigkeiten bei der Refinanzierung durch Banken − wegen der gestiegenen Zinsen und der weiteren Zurückhaltung der Banken bei der Kreditvergabe insgesamt. Schließlich kommt es immer häufiger vor, dass Unternehmen durch die Krisen eine Stärkung ihres Eigenkapitals brauchen. Wir sehen aus all diesen Gründen eine Renaissance der Minderheitsbeteiligung. Diese war in Zeiten der sehr niedrigen Zinsen und der guten Refinanzierungsmöglichkeiten durch Banken aus der Mode gekommen.
Investiert Hannover Finanz auch in Unternehmen in sogenannten Sondersituationen?
Grundsätzlich ja. Es gibt einen starken Anstieg der Anfragen für Beteiligungsprojekte von Unternehmen, die durch die Krisen in Schwierigkeiten geraten sind. Wir haben mittlerweile einen Experten eingestellt, der sich ausschließlich um dieses Geschäftsfeld kümmert. Wir haben außerdem vor Kurzem einen eigenen Geschäftsbereich für Restrukturierungen gegründet, weil wir glauben, dass es in den nächsten zwei bis drei Jahren einen hohen Unterstützungsbedarf für Unternehmen in Schwierigkeiten geben wird.
Wir danken Ihnen für diese spannenden Einblicke!
ZUR PERSON
Goetz Hertz-Eichenrode,
Sprecher der Geschäftsführung,
presse@hannoverfinanz.de
Das Investorenprofil zur Hannover Finanz GmbH finden Sie hier.
Bärbel Brockmann
Bärbel Brockmann ist eine freie Wirtschaftsjournalistin, die schwerpunktmäßig über Finanz-, Energie- und Immobilienthemen schreibt. Die frühere Leiterin des Düsseldorfer Korrenspondentenbüros der Nachrichtenagentur Reuters begann ihre berufliche Karriere bei einer großen Regionalzeitung.