Seit dem 1. Mai 2021 müssen nun wieder alle Unternehmen einen Insolvenzantrag stellen, sobald ein Insolvenzgrund vorliegt und die entsprechenden Fristen abgelaufen sind. Wegen der Coronapandemie wurde 2020 die Antragspflicht ausgesetzt. Neben dem klassischen Insolvenzverfahren, bei dem das Amtsgericht das vorläufige Verfahren anordnet und einen vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt, ist auch ein Verfahren in Eigenverwaltung eine Alternative – wenn die Voraussetzungen stimmen.
Vorteile des Verfahrens in Eigenverwaltung
Die Eigenverwaltung bietet bei frühzeitiger Antragsstellung und guter Begründung die Möglichkeit, dem klassischen Insolvenzverfahren vorzubeugen. Entscheidend sind die Liquidität des Unternehmens und die Aussicht auf einen Sanierungserfolg. Die bisherige Geschäftsführung bleibt handlungsfähig und bekommt vom Gericht einen Sachwalter zur Seite gestellt. Dieser ist unter anderem dafür zuständig, die Geschäftsführung zu überwachen, Forderungsanmeldungen entgegenzunehmen und eine Insolvenztabelle einzurichten. Für außergewöhnliche Geschäfte benötigt das Unternehmen außerdem die Zustimmung des Sachwalters. Meistens erhält es zusätzlich Unterstützung durch erfahrene Sanierungsexperten: Denn die Praxis zeigt, dass in solchen Verfahren betriebswirtschaftliche und insolvenzrechtliche Expertise gefragt ist. Gemeinsam mit Restrukturierungsexperten kann die Geschäftsführung das Unternehmen so selbst aus der Krise führen. Durch die Eigenverwaltung wird sichergestellt, dass die Erfahrung des Unternehmens auch in der Krise bestmöglich genutzt werden kann.
Beantragt ein Unternehmen eine Insolvenz in Eigenverwaltung, bestehen zwei Möglichkeiten: Es kann sich mit den Gläubigern im Rahmen eines Insolvenzplans einigen oder einen Investorenprozess einleiten, bei dem die Vermögensgegenstände und der Geschäftsbetrieb an einen neuen Eigentümer verkauft werden. Meist prüfen Sanierungsexperten beide Vorgehensweisen und verfolgen diese parallel im Zuge eines Dual-Track-Verfahrens.
Wichtige Änderungen seit Januar 2021
Seit Jahresanfang gelten wichtige Änderungen bei der Insolvenzordnung für die Eigenverwaltung. Die Eingangsvoraussetzungen für das Eigenverwaltungsverfahren sind nun strenger und klarer geregelt. Das Unternehmen muss für einen aussichtsreichen Antrag auf ein Eigenverwaltungsverfahren bestimmte Anforderungen erfüllen. Das Ziel der neuen Regelungen ist es, Missbrauch vorzubeugen und nur solchen Unternehmen den Zugang zum Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung zu erlauben, die dafür auch die passenden Voraussetzungen erfüllen. Dadurch sollen das Ansehen und die Wahrnehmung der Eigenverwaltung gewahrt werden.
Für das Unternehmen ist wichtig zu beachten: Der Antrag auf Anordnung der Eigenverwaltung muss über eine vollständige und schlüssige Eigenverwaltungsplanung verfügen. Diese muss unter anderem einen Finanzplan enthalten – eine detaillierte Analyse und Planung für die Liquiditätsentwicklung der kommenden sechs Monate. Neben den Fortführungskosten sollten auch die Verfahrenskosten gedeckt sein. Wichtig sind auch ein Konzept zur Umsetzung des Verfahrens sowie eine Übersicht über den aktuellen Stand der Verhandlungen mit Gläubigern. Auch ist zu nennen, wie die insolvenzrechtlichen Pflichten gewahrt werden. Eine Vergleichsrechnung soll zeigen, dass die Eigenverwaltung zu einem mindestens vergleichbaren Ergebnis für die Gläubiger führt wie ein klassisches Insolvenzverfahren.
Neu ist auch, dass das Gericht auf Antrag des Unternehmens die Begründung von Masseverbindlichkeiten anordnen muss, sollten diese im Finanzplan berücksichtigt sein. Es können Sicherungsmaßnahmen wie beispielsweise der Schutz vor Zwangsvollstreckung auferlegt werden. Masseverbindlichkeiten nützen in einer Insolvenz häufig der Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs und werden vor anderen Verbindlichkeiten bedient. Weiter ermöglicht die neue Regelung, dass Gläubigerversammlungen auch digital stattfinden dürfen. Zusätzlich hat das Unternehmen das Recht auf ein erläuterndes Vorgespräch mit dem Gericht.
Strengere Regelung fördert Vertrauen in die Eigenverwaltung
Insgesamt lässt sich festhalten, dass durch die Änderungen die Eingangsvoraussetzungen für das Eigenverwaltungsverfahren deutlich strenger geregelt sind. Dadurch wird gerade kleineren Unternehmen der Start in ein solches Verfahren erschwert. Für sie sind die Voraussetzungen nur schwer und mit viel Aufwand zu erfüllen. Vor allem für mittelständische und große Unternehmen kommt die Eigenverwaltung infrage.
Mit den neuen Regeln wird die Eigenverwaltung aber nachvollziehbarer und klarer. Dass der Zugang strenger geregelt wird, ist aus Sicht der Gläubiger von Vorteil. Auch wird so das Vertrauen in das Eigenverwaltungsverfahren gestärkt, was sich positiv auf die Sanierung der Unternehmen auswirkt. Die Gefahr eines Missbrauchs des Verfahrens wird deutlich verringert.
FAZIT
Gerade für Unternehmen, die durch die Coronakrise vor wirtschaftlichen Herausforderungen stehen, kann ein Verfahren in Eigenverwaltung der richtige Weg für einen Neuanfang sein. So können Betriebe frühzeitig bei ihrer Restrukturierung unterstützt und durch die Krise begleitet werden. Für diese Unternehmen ist nun zu beachten: Die neuen Regelungen gehen mit einer umfangreichen Vorbereitung einher. Daher sollten sich Geschäftsführer frühzeitig externe erfahrene Beratung ins Unternehmen holen, die sie bei der Antragstellung unterstützen.
Dieser Beitrag erschien in der Unternehmeredition 2/2021.
Dr. Maximilian Pluta ist Rechtsanwalt, Diplom-Kaufmann und Steuerberater sowie Geschäftsführer der Pluta Rechtsanwalts GmbH und der Pluta Management GmbH. Er ist unter anderem spezialisiert auf die Erstellung und Umsetzung von Restrukturierungsplänen, vor allem unter betriebswirtschaftlichen und rechtlichen Gesichtspunkten.
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