Der Erwerb eines Unternehmens ist ein hochkomplexer und oft riskanter Prozess, der eine sorgfältige Planung und Durchführung erfordert. Nur wer den Unternehmenskauf systematisch angeht, wird langfristig erfolgreich sein. In diesem Fachartikel werden die zentralen Erfolgsfaktoren beleuchtet und die häufigsten Stolpersteine beim Unternehmenskauf behandelt. VON ARMIN SCHÖPKE UND MARTIN ENGELMANN
Der Unternehmenskauf stellt für viele Unternehmen eine vielversprechende Möglichkeit dar, Wachstum zu beschleunigen, neue Märkte zu erschließen oder technologische Kompetenzen zu erweitern. Doch der Weg dahin ist gespickt mit Herausforderungen und Fallstricken. Ohne eine durchdachte Strategie und sorgfältige Planung kann der Kauf schnell zu einem finanziellen und operativen Risiko werden. Dabei sind nicht nur die Auswahl des richtigen Zielunternehmens und die marktgerechte Bewertung entscheidend, sondern auch die effiziente Durchführung des gesamten M&A-Prozesses, einschließlich der Due Diligence und der Sicherstellung der Finanzierung. Im Folgenden werden die wichtigsten Erfolgsfaktoren und Stolpersteine erörtert:
Erfolgsfaktoren
1. Klare M&A-Strategie und Zieldefinition
Eine klare Strategie ist die Basis für jeden erfolgreichen Unternehmenskauf. Unternehmen sollten im Vorfeld genau definieren, welche Ziele sie mit der Akquisition verfolgen. Insbesondere strategische Ziele wie etwa der Zugang zu Technologien oder Märkten sowie Erweiterung der Wertschöpfungskette sind entscheidend. Es gilt sicherzustellen, dass das Zielunternehmen gut in die bestehende Unternehmensstruktur und -kultur passt.
2. Professioneller Selektions- und Anspracheprozess
Die aus der M&A-Strategie abgeleiteten Suchkriterien sind der zentrale Aufsatzpunkt für die darauffolgende Recherche passender Übernahmekandidaten sowie die Ansprache dieser Unternehmen. Entscheidend ist dabei, dass dieser Prozess professionell und unter Zuhilfenahme umfangreicher Datenbanken durchgeführt wird. Bei entsprechender Unternehmensgröße kann dies die hauseigene M&A-Abteilung übernehmen. Ist keine eigene M&A-Abteilung vorhanden, so ist es ratsam, einen erfahrenen M&A-Berater hinzuzuziehen, der den Buy-Side-Prozess professionell managt. Als neuer Weg etabliert sich zurzeit am deutschen M&A-Markt das sogenannte M&A-Businesspartnering, bei dem M&A- oder Strategieabteilungen von einem Berater punktgenau bei bestimmten Prozessschritten wie der Target-Identifikation unterstützt werden.
3. Marktgerechte Bewertung des Zielunternehmens
Die marktgerechte Bewertung des Zielunternehmens ist essenziell, um überhaupt mit den aktuellen Gesellschaftern ins Gespräch zu kommen und einen fairen, jedoch nicht zu hohen Preis zu zahlen und das Investitionsrisiko zu minimieren. Datenbanken wie Mergermarket und Capital IQ liefern wertvolle Informationen zum aktuellen Bewertungsumfeld. Eine fundierte Bewertung berücksichtigt dabei nicht nur die aktuellen Finanzdaten des Unternehmens, sondern auch zukünftige Potenziale und Risiken sowie erwartete Synergieeffekte.
4. Vertraulichkeit des M&A-Prozesses
Die Vertraulichkeit des M&A-Prozesses muss zu jedem Zeitpunkt gewahrt werden. Insbesondere innerhalb der betroffenen Unternehmen sollte der Kreis der Eingeweihten so klein wie möglich gehalten werden. Ein zu frühes oder unbeabsichtigtes Bekanntwerden von Kauf- oder Verkaufsabsichten kann zu erheblicher Verunsicherung innerhalb der Belegschaft führen und dadurch negative Auswirkungen auf das operative Geschäft haben.
5. Gründliche, aber effiziente Due Diligence
Die Due Diligence ist ein zentraler Bestandteil des M&A-Prozesses. Selbstverständlich muss sie in der gebotenen Breite und Tiefe durchgeführt werden, um potenzielle Risiken aufzudecken und den tatsächlichen Wert des Zielunternehmens zu ermitteln. Insbesondere ein erfahrener M&A-Berater wird hier immer auf ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Tiefe und Effizienz der Prüfung hinwirken, um den Erfolg einer Transaktion durch Verzögerungen nicht zu gefährden.
6. Sichere Finanzierung der Akquisition
Eine frühzeitige Sicherstellung der Finanzierung ist ein entscheidender Erfolgsfaktor für eine zügige und seriöse Umsetzung einer Akquisition. Alle involvierten Parteien, zum Beispiel Treasury, Investoren und Banken, sollten daher von Anfang an eingebunden werden, um spätere Verzögerungen oder finanzielle Engpässe zu vermeiden. Eine solide Finanzierung erhöht nicht nur die Chancen auf eine erfolgreiche Transaktion, sondern stärkt auch die Verhandlungsposition des Käufers. Eine gesicherte Finanzierung ist nicht zuletzt vor dem Hintergrund entscheidend, dass divergierende Kaufpreisvorstellungen mit circa 40% der mit Abstand am häufigsten genannte Grund für das Scheitern von M&A-Transaktionen sind.
7. Einbindung eines erfahrenen M&A-Anwalts
Die Gestaltung und Verhandlung von Share Purchase Agreements (SPA) oder Asset Purchase Agreements (APA) im Rahmen von M&A-Transaktionen sind hochkomplexe Aufgaben, die spezifisches Fachwissen erfordern. Ein erfahrener M&A-Anwalt ist daher unerlässlich, um sicherzustellen, dass alle rechtlichen Aspekte der Transaktion professionell abgewickelt werden. Dieser sollte als „Deal-Enabler“ die Transaktion mit konstruktiven Vorschlägen unterstützen und nicht nur auf potenzielle Risiken hinweisen.
Stolpersteine
1. Unvorbereitet in den M&A-Prozess gehen
Häufig unterschätzen Käufer den Umfang sowie die Komplexität eines M&A-Prozesses. Zudem laufen schnell Kosten in sechs- bis siebenstelliger Höhe für externe Berater auf, zum Beispiel im Rahmen der Due Diligence oder der Post-Merger-Integration. Entsprechend wichtig ist die Integration der M&A-Strategie in die Gesamtstrategie des Unternehmens.
2. Verlust des Momentums
Ein weiterer Stolperstein ist der Verlust des Momentums, wenn sich der M&A-Prozess zu lange hinzieht. Verzögerungen können sich bei der Erstellung des Non-Binding Offer, aber auch später bei der Kaufpreisfindung, der Due Diligence oder der Vertragsverhandlung (SPA, APA) ergeben. Schnelligkeit und Effizienz sind daher im M&A-Prozess von entscheidender Bedeutung. Ein gängiger Lösungsansatz ist hierbei, Prozessschritte parallel anzugehen und sie nicht stur seriell abzuarbeiten.
3. Überschätzung der eigenen Kompetenzen
Die Strategieabteilung mal nebenbei eine Unternehmensakquisition mit durchführen lassen? Oder dies als Geschäftsführer neben dem Tagesgeschäft selbst in die Hand nehmen? Keine gute Idee! Ein M&A-Prozess gehört in die Hände von Experten. Dies kann die hauseigene M&A-Abteilung oder ein externer M&A-Berater sein. Wichtig dabei ist nicht nur das Prozess-Know-how, sondern auch die Kompetenz, den Käufer bei der Ausarbeitung seiner M&A-Strategie zu unterstützen und die Zielkriterien auszuarbeiten.
FAZIT
Ein erfolgreicher Unternehmenskauf erfordert eine klare Strategie, professionelle Prozesse und die Vermeidung typischer Stolpersteine. Unternehmen sollten ihre internen Kompetenzen realistisch einschätzen und externe Expertise einbinden. Gründliche Vorbereitung, Vertraulichkeit und eine zügige Umsetzung sind entscheidend für den Erfolg. Wer diese Faktoren beachtet, schafft die Basis für eine erfolgreiche Akquisition und langfristiges Wachstum.
👉 Dieser Beitrag ist erschienen in der aktuellen Magazinausgabe der Unternehmeredition 3/2024 mit den Schwerpunkten “Unternehmensverkauf/M&A/Private Equity”