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Entspannung bei den Insolvenzen

Die Zahlen sehen gut aus bei der Insolvenzentwicklung 2013. Trotz mancher Großinsolvenz, etwa bei den Baumärkten, bleibt der Trend zu eher kleinen betroffenen Betrieben bestehen.

Die Insolvenzzahlen in Deutschland sind im Jahr 2013 deutlich zurückgegangen. Die Zahl der Verbraucherinsolvenzen verringerte sich um 6,7% auf 91.500 Fälle, die Zahl der Unternehmensinsolvenzen sank um 8,4% auf 26.300. Das ist der niedrigste Wert seit 14 Jahren. Insgesamt wurden von den Amtsgerichten zwischen Januar und Dezember 141.900 neue Insolvenzfälle behandelt (Vorjahr: 150.810). Die aktuelle Zahl liegt um ein Sechstel unter dem bisherigen Rekordjahr 2010 (169.840 Fälle). Seit drei Jahren hält der Trend sinkender Insolvenzzahlen an.

Gute Konjunktur auch für den Mittelstand

Grund für die spürbare Entspannung des Insolvenzgeschehens hierzulande ist zum einen die gute wirtschaftliche Lage in Deutschland, von der sowohl Unternehmen als auch Verbraucher profitieren. Deutschland verzeichnet ein Rekordbeschäftigungsniveau. Zum anderen sind die Finanzierungsbedingungen weiterhin vergleichsweise günstig. Viele Unternehmen haben sich konsolidiert, Kapitalreserven auf- und Schulden abgebaut sowie Abläufe – etwa im Liquiditätsmanagement – professionalisiert. Ein weiterer Grund sind die neuen Möglichkeiten für Sanierungsbemühungen im Vorfeld der Insolvenz mit einem Schutzschirmverfahren bzw. später auch mit dem Insolvenzplan.

In Ostdeutschland sank die Zahl der Unternehmensinsolvenzen mit 5,5% nur etwa halb so stark wie im Westen (9,0%). Allerdings konnte die Zahl der Unternehmenspleiten im Osten Deutschlands bereits in den Vorjahren deutlich verringert werden. Knapp zwei Drittel aller Insolvenzen (West: 64,4%; Ost: 65,0%) betreffen private Verbraucher.

Arbeitsplatz oft nicht retten

Die Schäden aufgrund von Unternehmensinsolvenzen für die Gläubiger belaufen sich im Jahr 2013 auf schätzungsweise 26,9 Mrd. EUR. Das ist ein deutlicher Rückgang der Schadenssumme gegenüber dem Vorjahr, als noch 38,5 Mrd. EUR Schäden registriert wurden. Weniger ganz große Unternehmensinsolvenzen und mehr Fälle von Kleinstunternehmen haben auch die Gesamtzahl der von Insolvenz betroffenen Arbeitnehmer verringert. Im laufenden Jahr mussten insgesamt 285.000 Beschäftigte um ihren Arbeitsplatz bangen; 61.000 weniger als im Vorjahr.In der Struktur der Insolvenzfälle zeigen sich einige Verschiebungen im Vergleich zum Vorjahr. So mussten 2013 mehr ältere Unternehmen einen Insolvenzantrag stellen, während ganz junge Unternehmen weniger stark betroffen waren als 2012. Hinsichtlich der Umsatzgröße zeigen sich in allen Umsatzklassen Rückgänge. Diese fallen aber bei kleinen Unternehmen, mit Umsätzen von unter einer Viertelmillion Euro, deutlich unterdurchschnittlich aus. In etwa acht von zehn insolventen Unternehmen lag die Zahl der Beschäftigten bei maximal fünf. Das Insolvenzgeschehen in Deutschland ist damit sehr kleinteilig. Auf große Unternehmen mit mehr als 50 Mio. EUR Umsatz entfielen 2013 lediglich 130 Insolvenzen (0,5% des Insolvenzaufkommens).

Bauboom lässt Insolvenzen sinken

Im Baugewerbe ist die Zahl der Insolvenzen mit minus 11,1% im Vergleich zu 2012 am stärksten von allen Wirtschaftsbereichen zurückgegangen. Im Handel betrug das Minus 5,6%. Gut die Hälfte aller Insolvenzen (56,7%) entfiel auf den Dienstleistungssektor. Die Insolvenzquote bei Dienstleistern liegt mit 82 Insolvenzen pro 10.000 Bestandsunternehmen im Bereich des gesamtwirtschaftlichen Durchschnitts. Am höchsten ist die Insolvenzquote weiterhin im Baugewerbe (103), auch wenn gegenüber dem Vorjahr (116) eine merkliche Entspannung zu verzeichnen war. Das Verarbeitende Gewerbe weist eine Insolvenzquote von 55 Fällen je 10.000 Unternehmen auf (Vorjahr: 60), der Handel eine Quote von 86 (Vorjahr: 91).

Zu den zehn größten Unternehmensinsolvenzen des Jahres zählten ohne Zweifel die der Baumarktketten Praktiker und Max Bahr. In Summe waren mehr als 10.000 Mitarbeiter betroffen. Auch insolvent ist der Solarpionier Conergy aus Hamburg, die Loewe AG, ein Hersteller luxuriöser Heimelektronik, der Billigstromanbieter Flexstrom und der Immobilienverwalter IVG.

Inhaber auch in Schieflage im Sattel

Erste Erfahrungen rund anderthalb Jahre nach Einführung eines Gesetzes zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG) zeigen, dass das Instrument des Schutzschirms in Eigenverwaltung in Kombination mit einem dreimonatigen Gläubigerschutz vorrangig von mittleren und größeren Unternehmen genutzt wird. Allerdings ist die vorherrschende Meinung, dass auch eine Sanierung in der Insolvenz (Insolvenzplan) meist nur bei externen Insolvenzursachen Erfolg versprechend und im Interesse der Gläubiger ist. Da mittlerweile vermehrt namhafte Unternehmen einen Insolvenzplan durchlaufen, dürften sich in absehbarer Zeit erste genauere Anhaltspunkte über Erfolge dieses Instruments zeigen.

Auf einem guten Weg

In der Insolvenzentwicklung sind in den vergangenen zehn Jahren Veränderungen festzustellen. Insolvenzen sind in den zurückliegenden zehn Jahren kleinteiliger, älter und dienstleistungsgeprägter geworden. So stieg der Anteil von Kleinstunternehmen mit maximal fünf Personen am deutschen Insolvenzgeschehen um neun Prozentpunkte. Der Anteil von mehr als zehn Jahre alten Unternehmen liegt mittlerweile sechs Prozentpunkte höher als noch 2003. Und der Anteil von Unternehmen aus dem Dienstleistungssektor stieg um zehn Prozentpunkte, während das Baugewerbe deutlich weniger betroffen ist als vor zehn Jahren.


Zur Person

Michael Bretz ist Leiter der Wirtschaftsforschung, Pressesprecher und Mitglied der Geschäftsleitung des Verbandes der Vereine Creditreform. Seit 1989 arbeitet er dort. Arbeitsschwerpunkte liegen in der Wirtschaftsforschung bei Untersuchungen zum Insolvenzgeschehen und den Neugründungen in Deutschland und Europa sowie in Fragen der Finanzierung mittelständischer Unternehmen und der Konjunkturentwicklung. www.creditreform.de

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