„Die Pest der Branche ist der Discount“

Der Service-Gedanke war der Pluspunkt für den stationären Einzelhandel. Mit der Typenberatung aus dem Internet könnte auch dieser Vorteil schwinden. Vor allem bei Männern sieht Anna Alex, Chefin von Outfittery, großes Potenzial.

Der Wettbewerb schläft nicht. Mit Modomoto und der Zalando-Tochter Zalon haben Sie einige Mitstreiter. Wie grenzen Sie sich von diesen ab?

Als Hauptkonkurrent sehen wir eher den Offline-Handel. Wachstum soll vor allem von Kunden kommen, die bisher beim klassischen Einzelhändler eingekauft haben. Die beiden Genannten sehen wir eher als Marktbegleiter. Wobei Zalon sehr stark auf Frauen ausgerichtet ist. Bei Modomoto ist der Servicegedanke nicht so ausgeprägt wie bei uns.

Dennoch schauen Marktexperten wohl eher auf die „Marktbegleiter“, wenn es um die Vergleichbarkeit geht. Ist der Markt denn groß genug für alle drei Unternehmen?

Mit Sicherheit. Der Markt ist riesig, deswegen glaube ich auch nicht an eine Konsolidierung. Der Onlinehandel wuchs 2016 um 14 Prozent. Auch in den kommenden Jahren wird dieser Trend anhalten.

Mittlerweile haben Sie 400.000 Kunden und sind in acht Ländern vertreten. Was ist der nächste Schritt?

Wir wollen unsere Kundenanzahl weiter vergrößern, und eventuell kommt Ende des Jahres noch ein Land dazu, in das wir expandieren. Welches das sein könnte, kann ich noch nicht verraten.

Brauchen Sie dafür frisches Geld?

Bislang nicht. Wir haben mit Octopus im vergangenen Jahr erst eine große Finanzierungsrunde abgeschlossen. Jetzt geht es darum, das Potenzial in den einzelnen Märkten zu heben.

In der Schweiz sind Sie in die Kritik geraten, weil Sie einer Stylistin eine Bezahlung weit unter dortigem Lohnniveau geboten haben.

In der Tat war der Start dort nicht so gelungen. Wir haben allerdings schnell gelernt, dass das Niveau dort deutlich höher ist, und die Löhne schnell angepasst.

Insgesamt beschäftigen Sie 300 Mitarbeiter. Davon arbeiten 150 Stylisten, zudem haben Sie viele Techniker, die Daten aufbereiten. Je länger jemand Kunde ist, desto gläserner wird er. Nach und nach löst dann die Technik die Berater ab.

Das ist nicht ganz richtig. Am Ende ist es immer der Mensch, der das Outfit für den Kunden zusammenstellt. Natürlich sammeln sich über die Zeit einige Daten über ihn an. Wir wissen, was er retourniert und was ihm gefallen hat. Die Technik unterstützt den Stylisten dabei, die richtigen Entscheidungen zu treffen. Dieser Vorgang ist aber nicht komplett automatisiert.


Anna Alex_Outfittery_web Zur Person

Zusammen mit Julia Bösch gründete Anna Alex 2012 das Unternehmen. Für ihr „Curated Shopping“, das betreute Einkaufen im Internet, sammelten sie bislang mehr als 50 Mio. Euro ein. Mittlerweile bieten die Berliner ihren Service in acht Ländern an. Ein weiteres könnte noch in diesem Jahr dazukommen. Anderes als im klassischen Handel gibt es beim Jungunternehmen keine Rabatte auf Klamotten.

www.outfittery.de

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Tobias Schorr war von März 2013 bis Januar 2018 Chefredakteur der "Unternehmeredition". Davor war er für die Gruner + Jahr Wirtschaftsmedien im Ressort Geld als Redakteur tätig. Von 2003 bis 2007 arbeitete er zunächst als Redakteur, dann als Ressortleiter beim Mittelstandsmagazin "Markt und Mittelstand". Sein Handwerk lernte er an der Axel Springer Journalistenschule.

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