Einflusssicherung und Altersvorsorge bei der Übergabe

Wie sich ausscheidende Gesellschafter bei der Nachfolgeplanung finanziell absichern können

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Der Übergang von Familienunternehmen auf die nachfolgende Generation ist ein komplexer Prozess, bei dem meist das Ziel im Vordergrund steht, den Fortbestand des Unternehmens innerhalb der Familie bestmöglich zu sichern. Für die ausscheidenden Gesellschafter ist dies häufig ein emotionales Thema: Denn neben dem Verlust von Einfluss auf das Unternehmen bedeutet die Übergabe oft auch eine Veränderung der finanziellen Situation. Eine optimale Nachfolgeplanung berücksichtigt daher auch die finanzielle Absicherung der ausscheidenden Gesellschafter und Möglichkeiten, wie sie sich weiterhin im Unternehmen einbringen können. 

Ein Engagement im Unternehmen auch nach der Übertragung der Gesellschaftsanteile ermöglicht eine sukzessive Überleitung der Geschäftsführung. Sie gibt der nachfolgenden Generation die Chance, von der langjährigen Erfahrung des ausscheidenden Gesellschafters zu profitieren. Die konkreten Ausgestaltungsmöglichkeiten sind vielfältig.

Einflussnahme als Geschäftsführer, Berater oder Beiratsmitglied

Zum einen kann der ausscheidende Gesellschafter weiterhin als Geschäftsführer für das Unternehmen tätig sein und somit weiterhin Einfluss auf das Tagesgeschäft nehmen beziehungsweise an den laufenden Geschäftsführungsentscheidungen beteiligt werden. Der Umfang der Einflussnahme und die Verteilung der Geschäftsführungskompetenzen lassen sich durch entsprechende vertragliche Vereinbarungen bestimmen und so gestalten, dass der ausscheidende Gesellschafter zwar noch Einfluss hat, die neuen Gesellschafter aber ihre neue Rolle uneingeschränkt wahrnehmen können. Die Geschäftsführerstellung des Schenkers nach Übertragung der Gesellschaftsanteile kann durch die Vereinbarung einer Auflage und von Rückforderungsrechten im Übertragungsvertrag abgesichert werden.

Alternativ kann der ehemalige Gesellschafter nach der Übertragung seiner Anteile als selbstständiger Berater für das Unternehmen tätig werden und in dieser Funktion repräsentative Aufgaben im Unternehmen wahrnehmen sowie seine Erfahrungen als Vertrauensperson und „Sparringspartner“ der Gesellschafter und Geschäftsführung einbringen. Im Vergleich zu einem Geschäftsführer kann ein Berater jedoch nur in geringem Umfang Einfluss auf das Unternehmen nehmen.

Neben der Tätigkeit als Geschäftsführer oder selbstständiger Berater kann im Unternehmen ein sogenannter starker und kontrollierender Beirat eingerichtet werden. Durch einen Zustimmungskatalog sowie Berichtspflichten der Geschäftsführung kann der Beirat Einfluss nehmen und die Tätigkeit der Geschäftsführung kontrollieren. Der Umfang der Einflussmöglichkeiten des Beirats wird im Gesellschaftsvertrag oder in der Geschäftsordnung definiert. In jedem Fall hat auch ein Beirat eher eine beratende Funktion und damit geringere Einflussmöglichkeiten als der Geschäftsführer.

Durch die Vereinbarung einer entsprechenden Vergütung ist der ausscheidende Gesellschafter wirtschaftlich abgesichert. Im Vergleich zur Vergütung eines Geschäftsführers ist die Vergütung eines Beraters oder eines Beirats zur finanziellen Absicherung weniger geeignet und sollte daher durch weitere Altersvorsorgemaßnahmen ergänzt werden.

Zurückbehalten einer Kleinstbeteiligung

Auch das Zurückbehalten einer Kleinstbeteiligung (zum Beispiel von 0,1%) kann eine sinnvolle Alternative sein, um den Altgesellschafter weiterhin am Erfolg des Unternehmens zu beteiligen und ihm die Möglichkeit zu geben, als Gesellschafter nach wie vor Einfluss zu nehmen. Die Einflussnahme wird dabei durch die Ausstattung des Altgesellschafters mit höchstpersönlichen Sonderrechten, wie Vetorechten oder Mehrstimmrechten, gesichert. Die finanzielle Absicherung kann durch überquotale Gewinnbezugsrechte erfolgen. Die Gewinnanteile stellen, soweit sie nicht in das Privatvermögen des Gesellschafters ausgeschüttet werden, weiterhin Betriebsvermögen dar, das bei vollständigem Ausscheiden aus dem Unternehmen unter bestimmten Voraussetzungen zusammen mit der Restbeteiligung erbschaftsteuerlich begünstigt übertragen werden kann.

Übertragung der Anteile unter Nießbrauchsvorbehalt

Steht die Sicherung der Altersvorsorge des ausscheidenden Gesellschafters im Vordergrund, können die Gesellschaftsanteile unter Vorbehalt eines (anteiligen) lebenslänglichen Nießbrauchsrechts zugunsten des Schenkers übertragen werden. Der Schenker und Nießbraucher ist dann weiterhin (anteilig) am laufenden Gewinn der Gesellschaft beteiligt, ohne selbst Gesellschafter zu sein. Das Nießbrauchsrecht kann sich dabei, je nach Liquiditätsbedarf des Nießbrauchers, auf alle oder nur auf einen Teil der übertragenen Gesellschaftsanteile erstrecken.

Sofern der Nießbraucher darüber hinaus weiterhin in die laufenden Angelegenheiten der Gesellschaft eingreifen möchte, können ihm im Rahmen der Übertragung neben dem Gewinnbezugsrecht auch Stimm-, Informations- und Kontrollrechte eingeräumt werden. Soll der Nießbraucher hingegen über das Gewinnbezugsrecht hinaus keine Mitbestimmungsrechte erhalten, kann alternativ ein sogenanntes Ertragsnießbrauch vereinbart werden. In jedem Fall ist die Übertragung von Unternehmensanteilen unter Vorbehalt eines Nießbrauchsrechts komplex und birgt einige steuerliche Fallstricke. Eine solche Übertragung sollte daher in Zusammenarbeit mit gesellschafts- und steuerrechtlichen Beratern sorgfältig geplant werden.

Schenkungsteuerlich birgt die Übertragung von Gesellschaftsanteilen unter Nießbrauchsvorbehalt einige Vorteile. Allerdings kann auch ein möglicher späterer Verzicht des Nießbrauchers auf das Nießbrauchsrecht − etwa weil die Unternehmensgewinne nicht mehr zu seiner wirtschaftlichen Absicherung benötigt werden − wiederum Schenkungsteuer auslösen.

Im Falle des Todes des Nießbrauchers findet zwar grundsätzlich keine Erbschaftsbesteuerung statt, jedoch gehen die dem Nießbraucher während der Laufzeit des Nießbrauchsrechts zustehenden und zu Lebzeiten des Nießbrauchers nicht verbrauchten Unternehmensgewinne im Erbfall voll erbschaftsteuerpflichtig auf die Erben über.

Versorgungsleistungen als Mittel der Absicherung

Auch die Übertragung von Gesellschaftsanteilen gegen Vereinbarung lebenslanger Rentenzahlungen (sogenannte Versorgungsleistungen) kann ein Mittel zur wirtschaftlichen Absicherung des ehemaligen Gesellschafters sein. Um eine optimale Versorgung und Besteuerung zu gewährleisten, sollten insbesondere bei der Ausgestaltung dieser Absicherungsmöglichkeit die Lebensumstände und die Lebenshaltungskosten des ausscheidenden Gesellschafters berücksichtigt werden.

FAZIT

Durch die dargestellten Alternativen, die sich auch miteinander kombinieren lassen, können die wirtschaftliche Absicherung und die weitere Einflussnahme des ausscheidenden Gesellschafters im Rahmen der Unternehmensnachfolge gesichert werden. Der Umfang der weiteren Einflussnahme des Altgesellschafters sollte mit allen Beteiligten besprochen und sorgfältig geplant werden, um zukünftige Unstimmigkeiten zwischen dem ausscheidenden und den neuen Gesellschaftern zu vermeiden und der nachfolgenden Generation das Vertrauen und den Raum für eine uneingeschränkte Fortführung des Unternehmens zu geben.

Aus steuerlicher Sicht ist darauf zu achten, dass die finanzielle Absicherung des Gesellschafters nicht zu einer übermäßigen Anhäufung von Privatvermögen führt, da dieses im Erbfall, soweit es nicht zu Lebzeiten verbraucht wurde, steuerpflichtig auf die Erben übergeht. Im Rahmen der Nachfolgeplanung sollte daher immer auch der finanzielle Bedarf des Schenkers berücksichtigt werden.

Dieser Beitrag ist in der aktuellen Magazinausgabe der Unternehmeredition 1/2024 mit Schwerpunkt “Unternehmensnachfolge” erschienen.

Autorenprofil
Lea Hilger

Lea Hilger ist Wirtschaftsprüferin, Steuerberaterin und Partnerin bei RSM Ebner Stolz in Köln. Ihre Tätigkeitsschwerpunkte liegen in der steuerrechtlichen Beratung mittelständischer Unternehmensgruppen. Ein besonderer Schwerpunkt ist dabei die steueroptimierte Gestaltung und Planung der Unternehmensnachfolge sowie sämtliche den Nachfolgeprozess umfassende Themen einschließlich der steuerlichen Unternehmensbewertung. Frau Hilger ist seit 2018 als Referentin bei dem Fachberaterlehrgang für Unternehmensnachfolge des Deutschen Steuerberaterinstituts e.V. tätig und Co-Autorin bei dem Handbuch für Familienunternehmen (Verlag Dr. Otto Schmidt).

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