Ein Sportboden auf Welttournee

Der Schweizer Athletiklaufbahnenhersteller Conica will seine geografische Expansion vorantreiben

Vallehermoso Madrid Stadion; Foto: Conica AG

Viele kennen Conica als Hersteller von High-Performance-Sportbodensystemen. Das Schweizer KMU blickt auf eine langjährige Erfolgsgeschichte zurück. Seit der Übernahme durch die Münchener Serafin Unternehmensgruppe im Jahr 2013 konnte die ehemalige BASF-Tochter ihre Markenbekanntheit in der Sport- und Freizeitbranche weiter steigern und den Umsatz verdoppeln. In den nächsten Jahren will der Hidden Champion sein Wachstum fortsetzen und vor allem auch international expandieren.

„Wir wollen unseren Sportbelag immer so weiterentwickeln, dass der Athlet bestmöglich unterstützt wird und die beste Leistung erbringen kann“, beschreibt Lara Guillod das zentrale Markencredo. Seit 1. März dieses Jahres ist sie die erste weibliche Geschäftsführerin (CCO) der Conica und verantwortlich für die Bereiche Sales, Marketing, Customer Service und Produktentwicklung. Seit dem Carve-out konnten der Umsatz verdoppelt und die Mitarbeiterzahl um 10% erhöht werden. Zu den Erfolgsfaktoren zählt aus Sicht der neuen Marketing- und Vertriebschefin, dass das Unternehmen ein Carve-out der BASF ist und von dort eine hochentwickelte, automatisierte Produktion übernahm, die es ermöglicht, trotz der vergleichsweise hohen Lohnkosten am Schweizer Standort große Mengen in hoher Qualität wirtschaftlich zu produzieren. „Wenn man sich auf etwas verlassen kann, dann sind das unsere hohe Produktqualität, Serviceleistung und Innovationsfähigkeit“, erklärt Guillod.

2013 übernahm die Serafin Unternehmensgruppe die Sportbodensparte vom Chemiekonzern BASF. „Wir mögen Carve-outs von großen Konzernen, denn das sind meist gute Assets mit großem Entwicklungspotenzial“, sagt Dr. Simon Brösamle, Operating Partner bei Serafin und Mitglied im Verwaltungsrat von Conica.  Die Timeline der Carve-out-Phase war mit knapp neun Monaten vergleichsweise eng. Zu den Aufgaben zählte der komplette Neuaufbau der IT-Infrastruktur und wichtiger Funktionen wie Buchhaltung, Human Resources sowie der gesamten Backoffice-Administration. Die größte Herausforderung lag zu Beginn darin, das Personal zu überzeugen mitzukommen. Später ging es darum, ein profitables und stabiles Wachstum in den verschiedenen Weltmärkten zu erzielen.

Ab 2023 Partner des Europäischen Leichtathletikverbandes

Stade Louis II Monaco Stadion; Foto: Conica AG

Heute zählt Conica zu den führenden Entwicklern und Herstellern gegossener Athletiklaufbahnen. Jährlich stattet das Unternehmen nach eigenen Angaben über 100 Sport- und Freizeitanlagen mit seiner auf Polyurethan und Epoxidharzen basierenden Technologie aus. Die Kunststofflaufbahnen von Conica sind in vielen internationalen Stadien installiert, darunter das Letzigrund-Stadion in Zürich, das Stade Louis II in Monaco sowie das Olympiastadion in Rom. Zudem ist Conica Partner der Diamond-League-Events in Zürich, Lausanne und Monaco. Ab 2023 wird der Schweizer Laufbahnspezialist darüber hinaus Partner des Europäischen Leichtathletikverbandes EA.

„Unsere aktuelle Strategie ist von den herausfordernden Marktentwicklungen gekennzeichnet“, sagt Guillod. Jedoch habe man es bis jetzt geschafft, die Kunden trotz Lieferengpässen und steigenden Preisen immer qualitätsgetreu zu beliefern. Die Entwicklungen hätten sogar auch Vorteile gebracht: „Wir haben viele Rohstoffe frei geprüft, so dass wir im Supply Chain jetzt viel breiter aufgestellt sind als vorher.“ Hauptziel sei es, Stabilität in die Organisation zu bringen und gleichzeitig eine gute Basis für langfristiges Wachstum zu schaffen. „Wir werden bereits weltweit als Thought Leader wahrgenommen“, so Guillod.  Diese Position gelte es zu verteidigen und auszubauen.

Internationalisierung über Zukäufe und lokale Partner

„Wir wollen unser Produkt jetzt möglichst schnell in viele Märkte tragen“, sagt Dr. Brösamle. Der Sportmarkt habe eine gewisse Sättigung erreicht, deshalb müsse man jetzt über die geografische Expansion gehen. Einen wichtigen Baustein der Expansionsstrategie bilden Zukäufe. So erwarb Conica die britische Charles Lawrence Group und erweiterte ihr Produktportfolio damit um Spielplatzbodensysteme. Auch für die Zukunft werden Zukäufe nicht ausgeschlossen: „Wir schauen, ob wir sinnvolle Add-on-Möglichkeiten finden und wie wir diese mit der geografischen Expansion verbinden können“, so Dr. Brösamle.

Conica ist bereits über den ganzen Globus mit Sales Representatives vertreten, eigene Standorte betreibt das Unternehmen jedoch nur in der Schweiz und in UK. Aktuell forciert man auch das Thema USA. „Da wollen wir deutlich wachsen“, sagt Dr. Brösamle, „die USA sind der größte Sportmarkt weltweit.“ Außerdem läge ein weiterer Fokus auf Lateinamerika und Asien, wo vor allem die Länder in Fernost noch erschlossen werden müssten. „Das ist eines der Top-Projekte in diesem Jahr“, so Dr. Brösamle. Der Marktzugang erfolgt in der Regel über lokale Partner.

Produktion; Foto: Conica AG

Parallel wird kontinuierlich ein marktorientiertes Produktportfolio verfolgt. „Die hohe Qualität in den Bodenlösungen ist unser zentraler Erfolgsfaktor, deshalb müssen wir innovative Ansätze im Produkt weiter vorantreiben“, betont Guillod. Dabei spielt auch der Megatrend Nachhaltigkeit eine zentrale Rolle. Conica hat bereits alle Rezepturen so umstellen können, dass die Produkte vollständig Phthalat frei sind. Außerdem wird in eine Photovoltaikanlage (PVA) investiert, um die Produkte mehrheitlich mit dem Strom aus der PVA zu erzeugen. „Es ist sehr spannend zu sehen, welche Möglichkeiten es im Bereich Nachhaltigkeit gibt“, sagt Guillod. „Ziel ist es, unsere chemischen Produkte so weiterzuentwickeln, dass der Kunde diese möglichst effizient verbauen sowie zukunftsperspektivisch einfacher recyceln kann.“


„Konzernig darf es nicht werden!“

Interview Dr. Simon Brösamle, Operating Partner von Serafin und Mitglied im Verwaltungsrat von Conica

Unternehmeredition: Herr Dr. Brösamle, die Digitalisierung schreitet überall unaufhaltsam voran. Wo liegen bei Ihnen die Schwerpunkte?

Dr. Simon Brösamle: Im Mittelpunkt steht bei uns die Prozessautomatisierung. Wir haben auch von Seiten der Serafin relativ viel in Process Mining investiert. Beispielsweise arbeiten wir eng mit Celonis zusammen, einem führenden Unternehmen in diesem Bereich. Wir schauen uns die Unternehmensprozesse an und prüfen, wo man diese verbessern kann. In einem Wachstumscase steigt ja die Anzahl der Transaktionen. Da lassen sich sehr viele Potenziale heben. Darüber hinaus existieren zahlreiche Ideen, wie man Sensorik und KI in den Boden einbauen kann. Das ist jedoch noch Zukunftsmusik.

Wie beurteilen Sie die Geschäftsaussichten für dieses Jahr?

Das erste Halbjahr lief sehr gut nach dem erfolgreichen Jahr 2021, damit sind wir sehr zufrieden. Jetzt sehen wir eine gewisse Verlangsamung auf der Nachfrageseite. Der ein oder andere Kunde verschiebt seine geplante Laufbahnerneuerung. Wir verlieren zwar keine Marktanteile, es ist vielmehr so, dass der Markt in Summe langsamer wird. Dieses Jahr werden wir noch nah dran sein am vergangenen Rekordjahr. Wir sind allerdings gespannt, was nächstes Jahr passieren wird.

Wo steht Conica in ein paar Jahren?

Conica ist seit fast zehn Jahren Teil der Serafin. Wir haben, im Gegensatz zu klassischen Beteiligungsunternehmen keinen Verkaufsdruck und daher ist auch kein Exit geplant. Wir erwerben Unternehmen mit etablierten Geschäftsmodellen und entwickeln diese langfristig weiter. Wir denken in Dekaden und können deshalb auch durch eine Krise mit Ausdauer gehen. Aber natürlich müssen auch wir uns aktuellen Herausforderungen stellen. Unter anderem treibt uns das Thema Fachkräftemangel um. Wir müssen dafür sorgen, dass die Expertise an Bord bleibt und sich entwickelt. Stichpunkt Internationalisierung: wir wissen nicht, wie sich die Welt entwickelt und müssen uns breit aufstellen, um die Märkte bedienen zu können. Und wir müssen darauf achten, dass wir im Wachstum flexibel bleiben. Konzernig darf es nicht werden. Wir kaufen ja Unternehmen aus Konzernen heraus, weil wir glauben, dass sich dadurch besonderes Potenzial bietet und wenn wir dann wieder einen Konzern daraus machen würden, hätten wir nichts gewonnen.


ZU DEN PERSONEN

Lara Guillod ist Chief Commercial Officer bei CONICA.

www.conica.com

Dr. Simon Brösamle ist Operating Partner von Serafin und Mitglied im Verwaltungsrat von Conica.

www.serafin-gruppe.de


Kurzprofil CONICA AG

Gründungsjahr: 1977
Branche: Sport und Freizeit
Unternehmenssitz: Schaffhausen, Schweiz
Umsatz 2021: 100 Mio. EUR (2021)
Mitarbeiterzahl: 150

www.conica.com

Autorenprofil

Als Chefredakteurin der Unternehmeredition berichtet Eva Rathgeber regelmäßig über Unternehmen und das Wirtschaftsgeschehen. Sie verfügt über langjährige Erfahrung im Wirtschaftsjournalismus und in der PR.

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