E-Rechnung: Der Countdown läuft!

Mittelständische Unternehmen sollten jetzt handeln

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Die Welt der Rechnungsstellung steht vor einem Paradigmenwechsel: Ab dem 1. Januar 2025 wird die E-Rechnung in Deutschland für alle steuerbaren Umsätze im B2B-Bereich zur Pflicht, d.h. ab diesem Zeitpunkt muss jeder Unternehmer elektronische Rechnungen empfangen können. Doch was bedeutet dies konkret für mittelständische Unternehmen und welcher Handlungsbedarf besteht? In diesem Beitrag beleuchten wir, was Unternehmer jetzt wissen und umsetzen müssen. 

Mit dem sogenannten Wachstumschancengesetz wurde die rechtliche Grundlage für die verpflichtende Einführung der E-Rechnung geschaffen. Dieses von der Ampelkoalition zur Bekämpfung des Umsatzsteuerbetrugs und der Modernisierung des Mehrwertsteuersystems bereits im Koalitionsvertrag verankerte Vorhaben wurde im Gesetzgebungsverfahren intensiv diskutiert und mehrfach angepasst. Im Kern muss jeder Unternehmer ab 2025 in der Lage sein, elektronische Rechnungen zu empfangen.

Für die ausgangsseitige Verwendung der E-Rechnung bestehen dagegen Übergangsregelungen: So können Unternehmer bis zum 31. Dezember 2026 für bis Ende 2026 ausgeführte Umsätze aus Vereinfachungsgründen weiterhin andere Rechnungsformate einschließlich der Papierrechnungen verwenden, bei anderen elektronischen Rechnungsformaten wie beispielsweise PDF-Rechnungen allerdings nur mit Zustimmung des Rechnungsempfängers. Handelt es sich beim Aussteller der Rechnung um einen Unternehmer, dessen Gesamtumsätze im vorangegangenen Kalenderjahr nicht mehr als 800.000 EUR betragen haben, gilt diese Übergangsregelung bis zum 31. Dezember 2027 für bis Ende 2027 ausgeführte Umsätze. Außerdem kann bis zum 31. Dezember 2027 für bis Ende 2027 ausgeführte Umsätze mit Zustimmung des Rechnungsempfängers die Rechnungsausstellung und -übermittlung auch mittels elektronischem Datenaustausch (EDI) erfolgen.

Hinweis: Im Rahmen der Übergangsphase ist die Nutzung des etablierten EDI-Verfahrens sowie anderer elektronischer Rechnungsformate wie bisher nur mit Zustimmung des Empfängers möglich. Die Zustimmung kann entweder explizit in Form einer Rahmenvereinbarung (z.B. in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen) oder aber auch konkludent erfolgen. Es empfiehlt sich, vorab mit Kunden und Lieferanten gewünschte Rechnungsformate abzustimmen.

Ausnahmen von der E-Rechnungspflicht gelten für Kleinbetragsrechnungen und Fahrausweise, für die auch weiterhin jedes Rechnungsformat, einschließlich der Papierrechnung, zulässig sein werden. Generelle Ausnahmen für bestimmte Unternehmer, wie etwa umsatzsteuerliche Kleinunternehmer, bestehen dagegen nicht.

Was konkret ist eine E-Rechnung?

Eine E-Rechnung nach neuer ab 1. Januar 2025 geltender Definition ist weit mehr als ein PDF-Dokument als E-Mail-Anhang. Sie muss in einem strukturierten elektronischen Format ausgestellt, übermittelt und empfangen werden, damit eine elektronische Verarbeitung möglich ist. Zu den gängigen Formaten gehören die sogenannte XRechnung und das ZUGFeRD-Format. Letzteres stellt dabei ein hybrides Format dar, das die Rechnungsinhalte in einem PDF-Dokument anzeigt und einen eingebetteten XML-Datensatz mit den strukturierten Rechnungsdaten enthält.

Es ist essenziell, dass die E-Rechnungen den Vorgaben der sog. CEN-Norm EN 16931 entsprechen. Die Finanzverwaltung hat bereits angekündigt, dass XRechnungen und Rechnungen im ZUGFeRD-Format (ab Version 2.0.1) grundsätzlich den Anforderungen an eine E-Rechnung genügen.

Hinweis: Der Vorteil von E-Rechnungen im ZUGFeRD-Format besteht darin, dass neben dem XML-Datensatz auch ein ohne Konvertierungssoftware lesbarer Bildteil der Rechnung im PDF-Format generiert wird. Dagegen handelt es sich bei der XRechnung um einen reinen Datensatz. Allerdings ist bei der Verwendung von ZUGFeRD gegebenenfalls keine Übermittlung über bestimmte Schnittstellen wie beispielsweise das Peppol-Netzwerk oder EDI möglich. Neben XRechnung und ZUGFeRD können auch aus anderen Staaten bekannte Formate wie zum Beispiel die italienische FatturaPA oder die französische Factur-X eingesetzt werden.

Technologieoffene Ausgestaltung der E-Rechnung

Der Gesetzgeber hat sich entschieden, die Pflicht zur E-Rechnung technologieoffen zu gestalten. Das bedeutet, dass alle Formate zulässig sind, die der Norm EN 16931 entsprechen. Damit bleibt auch das EDI-Verfahren (Electronic Data Interchange) wie bspw. EDIFACT weiter möglich, wenn beide Parteien dies vereinbaren. Dafür spricht, dass EDI-Nutzer ein Jahr länger − und zwar bis Ende 2027 − Zeit haben, sich auf die neuen Regelungen vorzubereiten und die Interoperabilität der Rechnungsinhalte zur Norm EN 16931 herzustellen.

Handlungsbedarf auf der Eingangsseite

Ab dem 1. Januar 2025 müssen Unternehmen in der Lage sein, E-Rechnungen zu empfangen und verarbeiten zu können. Verarbeiten bedeutet in diesem Zusammenhang bislang lediglich, den Inhalt der E-Rechnungen einsehen und gegebenenfalls manuell verbuchen zu können. Eine Pflicht zur systemgestützten automatisierten Verbuchung ist damit zunächst nicht verbunden. Das Einverständnis des Empfängers ist nicht notwendig, und auf die Ausstellung in einem anderen Rechnungsformat, wie Papier- oder PDF-Rechnungen, besteht kein Anspruch mehr. Daher besteht dringender Handlungsbedarf, ein System zur sicheren Annahme und gesetzeskonformen Archivierung von E-Rechnungen für die genannten zulässigen E-Rechnungsformate zu etablieren.

Hinweis: Der einfachste Weg, die Empfangsbereitschaft zu gewährleisten, ist, ein Mailpostfach einzurichten und sicherzustellen, dass eingehende E-Rechnungen empfangen und archiviert werden, die Rechnungsdaten dann visualisiert und weiterverarbeitet werden können.

Es empfiehlt sich allerdings, darüber hinaus den gesamten Rechnungsprozess zu überdenken, um weitere Prozessoptimierungen zu realisieren und die Rechnungsprozesse so weit als möglich zu automatisieren.

Ganzheitliches Projektmanagement

Die Umstellung auf die E-Rechnung ist kein isoliertes IT- oder Steuer-Projekt. Es erfordert eine enge Zusammenarbeit zwischen Finanzen, IT und den Fachabteilungen. Unternehmen sollten zunächst sämtliche rechnungsrelevanten Prozesse analysieren, um den Anforderungsbedarf zu ermitteln. Hierbei sind viele spezifische Details zu beachten, wie unterschiedliche (Ab-)Rechnungstypen und bereits vorhandene Systeme und Prozesse. Der eRechnung Readiness Check von RSM Ebner Stolz hilft, im Rahmen einer schnellen Ersteinschätzung den individuellen Handlungsbedarf auf Basis des Ist-Zustands der Rechnungsprozesse und der eingesetzten Systeme zu ermitteln.

Ressourcenaufwand einschätzen

Der Aufwand zur Umstellung auf die E-Rechnung hängt stark vom bisherigen Digitalisierungsgrad des Unternehmens ab. Manche Unternehmen können diese Umstellung schnell und unkompliziert umsetzen, während andere komplexere Anpassungen an Prozessen und Systemen vornehmen müssen. Eine gründliche Analyse der bestehenden Rechnungsprozesse kann hierbei Aufschluss über die notwendigen technischen und personellen Ressourcen geben.

Internationale Perspektive und Zukunftsausblick

Länder wie Italien haben die E-Rechnung bereits seit 2019 im B2B-Bereich eingeführt. Weitere Staaten wie Spanien, Polen, Belgien und Frankreich folgen in den kommenden Jahren. Darüber hinaus plant die EU-Kommission im Rahmen des ViDA-Pakets (VAT in the Digital Age) die Einführung eines elektronischen Meldesystems für innergemeinschaftliche Umsätze, das ebenfalls auf elektronischen Rechnungen basieren soll.

FAZIT

Der Übergang auf die E-Rechnung ist ein umfangreiches Projekt und die Zeit drängt. Die grundlegenden technischen Rahmenbedingungen sind seit geraumer Zeit bekannt und die Projekte sollten nun dringend angestoßen werden. Dabei können zugleich bestehende Prozesse modernisiert und Effizienzpotenziale ausgeschöpft werden. Mittelständische Unternehmen sollten nicht länger warten, um den Handlungsbedarf zu analysieren und die notwendigen Schritte zur Umstellung frühzeitig in die Wege zu leiten. Weitere Erläuterungen der Autoren zum Thema E-Rechnung zum Reinhören finden Sie einer aktuellen Folge des Podcast des RSM Ebner Stolz Mittelstandstalk.

Autorenprofil
Robert Backes

Robert Backes ist Steuerberater und Partner bei der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft RSM Ebner Stolz in Köln. Seine Tätigkeitsschwerpunkte liegen in der Umsatz­steu­er­be­ra­tung natio­nal und inter­na­tio­nal sowie der Gestaltung, Optimierung und Digitalisierung umsatzsteuerlicher Prozesse. Darüber hinaus ist er als Dozent tätig.

Autorenprofil
Martin Rieg

Martin Rieg ist als Steuerberater und Director bei RSM Ebner Stolz in Stuttgart tätig. Seine Tätigkeitsschwerpunkte liegen in der Umsatzsteuerberatung national und international sowie der Durchführung von Umsatzsteuer-Daten- und Prozessanalysen und der Prüfung von Tax CMS.

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