Mit gemeinsamen Zielen zum Erfolg
Finanzinvestoren wollen den Wert des Unternehmens steigern und Wertzuwachs beim Exit realisieren. Unternehmer wollen die Existenz der Firma sichern, weiter wachsen, Gestaltungsspielraum haben und Arbeitsplätze schaffen. Diese Ziele klingen nur auf den ersten Blick widersprüchlich. Beide Positionen lassen sich gewinnbringend vereinen.
Vielschichtige Interessen
Damit Private Equity den Investor und den Unternehmer zum Erfolg führt, müssen 1 + 3 Ziele erreicht werden. Beim Investor ist die Sache einfach. Sein Hauptziel lässt sich in einem Satz formulieren: Er will den Wert des Unternehmens, in das er investiert, in einer überschaubaren Zeit erheblich steigern und diesen Wertzuwachs beim Exit realisieren. Es ist daher sein gutes Recht, für das investierte Kapital vom Unternehmer fachliche und betriebswirtschaftliche Professionalität sowie Transparenz und gute Kommunikation zu erwarten – und ein Wachstum, das eine überdurchschnittliche Rendite zur Folge hat. Die Interessen des Unternehmers sind vielschichtiger. Da ist zunächst die jeweils unterschiedliche Finanzierungssituation, die sich in der Regel einer der drei Phasen “Gründung”, “Wachstum” und “Nachfolge” zuordnen lässt. Hinzu kommen branchenspezifische, zum Teil sogar regional bedingte Ziele, worauf ich hier aber nicht im Einzelnen eingehen möchte. Doch fast alle Unternehmer, die an Private Equity interessiert sind und mit einem Investor in Verhandlung treten, haben bestimmte Ziele gemeinsam. Sie lassen sich grob in drei Bereiche aufteilen, auf die ich im Folgenden kurz eingehen möchte: betriebswirtschaftliche, persönliche und soziale Ziele.
Betriebswirtschaftliche Ziele
Beginnen wir mit den Zielen, die auch am Anfang der Kontaktaufnahme zum Investor stehen. Sie sind zugleich die wichtigsten Ziele, die ein Unternehmer in seiner Eigenschaft als Unternehmer hat: Er will die Existenz seines Unternehmens sichern. Er will wachsen. Er will Gewinn erwirtschaften. Diese Ziele hören sich einfach an. Um sie jedoch regelmäßig und langfristig zu erreichen, muss der Unternehmer in allen zentralen Bereichen hervorragende Arbeit leisten, angefangen von der Entwicklung über Marketing und Vertrieb bis hin zum Personal- und Finanzmanagement. Eine, wenn nicht die entscheidende Komponente des Finanzmanagements und damit auch des Unternehmenserfolgs überhaupt ist der Cashflow. Angesichts der traditionell leider dünnen Eigenkapitaldecke im deutschen Mittelstand und der zunehmend vorsichtigen Haltung der Banken muss sich der Unternehmer auch nach alternativen Finanzierungsmöglichkeiten umsehen. Hier ist Private Equity eine ernstzunehmende Option: Der Unternehmer erhält Eigenkapital, das ihm die Möglichkeit gibt, in die Zukunft seines Unternehmens zu investieren. Mit diesem Eigenkapital verbessert er zudem die Bonität seines Unternehmens. Das stärkt bei eventuellen Engpässen oder zusätzlichen Investitionen seine Position gegenüber der Hausbank.
Persönliche Ziele
Unternehmer sein heißt frei sein, Gestaltungsspielraum haben und Entscheidungen eigenständig treffen. Diese persönlichen Ziele sieht mancher Unternehmer gefährdet, wenn er sich eine Kapitalbeteiligungsgesellschaft an Bord holt. Für ihn ist es daher wichtig, dass der Investor möglichst “nur” eine Minderheitsbeteiligung erhält, oder er verhandelt überhaupt nur über Mezzanine-Kapital. Der Unternehmer will weiterhin “Herr im Haus” bleiben. Was das operative Tagesgeschäft angeht, dürften eventuelle Befürchtungen unberechtigt sein. Es kann nicht im Interesse des Investors sein, sich in das Tagesgeschäft einzumischen. Er will ja gerade vom Engagement und dem fachlichen Know-how des Unternehmers profitieren. Was strategische Fragen angeht, ist es für den Unternehmer hingegen von Vorteil, den Investor zu Rate zu ziehen. Das gilt auch für andere Bereiche, wo der Unternehmer gerne davon profitiert, einen erfahrenen Partner an Bord zu haben – nehmen wir nur das Netzwerk des Investors, das dem Unternehmer wichtige Türen öffnen kann.
Soziale Ziele
Die volkswirtschaftliche Bedeutung von Private Equity steht außer Frage, wie jüngste Studien wieder gezeigt haben. Auch im Koalitionsvertrag der Bundesregierung wird darauf explizit hingewiesen. Dem einzelnen Unternehmer geht es aber nicht so sehr um Arbeitsplätze insgesamt: Ihm verschafft es besondere Befriedigung, selbst Arbeitsplätze zu schaffen und zu erhalten. Denn als Mittelständler hat er zu seinen Mitarbeitern eine besondere Beziehung. Für den Unternehmer ist es daher wichtig, dass “sein” Investor dieses Ziel ebenfalls teilt. Auch eventuell nötige schmerzhafte Einschnitte sollten also immer darauf ausgerichtet sein, mittel- und langfristig Arbeitsplätze zu erhalten und neue zu schaffen. Bereits erfolgreiche Unternehmen können mit Hilfe von Private Equity einen Entwicklungssprung machen, indem sie sich z. B. neue Märkte erschließen. Diese Szenarien haben eins gemeinsam: Sie schaffen Arbeitsplätze und ermöglichen schließlich ein zusätzliches soziales Engagement des Unternehmers.
Win-Win-Situation
Ziel der Verhandlungen und der Zusammenarbeit von Unternehmer und Investor muss es sein, diese “1 + 3 Ziele” anzustreben. Die Reihenfolge “1 + 3” ist von mir bewusst gewählt. Wenn der Investor sein Ziel erreicht, den Wert des Unternehmens nachhaltig und deutlich zu steigern, erreicht der Unternehmer in der Regel automatisch seine betriebswirtschaftlichen und sozialen Ziele. Und da mit dem Wachstum seines Unternehmens auch sein Gestaltungsspielraum erheblich größer wird, kann er auch schon vor dem Exit seine persönlichen Ziele besser umsetzen.
Dr. Michael Rogowski ist seit April 2000 Vorsitzender des Aufsichtsrats und des Gesellschafterausschusses der Voith AG, einem Familienunternehmen der Maschinenbauindustrie. Außerdem war er von 2001 bis 2004 Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie e.V. (BDI). www.voith.de