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„Die Ursprungsidee eines Family Office wird oft vergessen“

Family Offices kommen auch in Deutschland immer mehr an. Doch was anfangs als exklusive und private Form der Vermögensverwaltung galt, wird zunehmend als Vermarktungsvehikel entdeckt. Vielen etablierten Adressen ist das ein Dorn im Auge. Der neu gegründete Verband unabhängiger Family Offices (VuFO) möchte für Transparenz sorgen. Wir sprachen mit Prof. Dr. Yvonne Brückner und Christoph Weber, Mitglieder der ersten Stunde, über Ursprung und Zweck von Family Offices. 

Unternehmeredition: Frau Brückner, Herr Weber, Sie gehören zum Gründungskreis des Verbands unabhängiger Family Offices. Was war das Problem zum Zeitpunkt der Gründung?

Weber: Der Begriff des Family Office ist nicht geschützt. Deshalb finden sich heutzutage viele Anbieter am Markt, die die Grundprinzipien eines Family Office nicht mehr in sich tragen, nämlich Unabhängigkeit, Objektivität und absoluter Vorrang der Interessen der Familie. Häufig wird vergessen, dass die Ursprungsidee eines Family Office die ist, das Privatvermögen genauso professionell zu managen wie das eigene Unternehmen: Also mit eigener Geschäftsführung, Controlling, Buchhaltung und Back Office, die nur dem Privatvermögen der Familie dienen.

Wobei es sich ja eigentlich um ein angelsächsisches Modell handelt, oder?

Brückner: Das Modell Family Office gibt es in der ursprünglichen Form seit Jahrhunderten – weltweit. Richtig ist aber, dass der
Professionalisierungsgrad im Angelsächsischen höher ist, was auch mit unserer historischen Entwicklung zu tun hat. Kriegsbedingt befinden sich viele Vermögen an der Schwelle von der ersten zur zweiten Generation. Vermögen, die über zehn oder mehr Generationen bestehen, gibt
es bei uns kaum. Bei traditionsreichen Family Offices herrscht bereits ein viel höherer Grad an Professionalisierung vor, es gibt weniger Konsolidierungsbedarf. Aber in der Masse sind Family Offices in Deutschland noch in einem relativ frühen Entwicklungsstadium. Auch ist in Deutschland der gesamte Umgang mit Geld und Vermögen anders ist als im englischsprachigen Raum. Das private Vermögen von Unternehmerfamilien ist oft schlecht gepflegt und läuft so mit. Die Unternehmer konzentrieren sich voll auf das Geschäft.Family Offices kommen auch in Deutschland immer mehr an. Doch was anfangs als exklusive und private Form der Vermögensverwaltung galt, wird zunehmend als Vermarktungsvehikel entdeckt. Vielen etablierten Adressen ist das ein Dorn im Auge. Der neu gegründete Verband unabhängiger Family Offices (VuFO) möchte für Transparenz sorgen. Wir sprachen mit Prof. Dr. Yvonne Brückner und Christoph Weber, Mitglieder der ersten Stunde, über Ursprung und Zweck von Family Offices. 

Wie lief denn Vermögensplanung zuvor ab?

Brückner: Überwiegend mit Banken. Es gab die Neigung, drei, vier Vermögensverwalter mit ganz ähnlichen Anlagerichtlinien zu beauftragen und den schlechtesten regelmäßig auszutauschen. Dass dabei nicht unbedingt die perfekte Diversifikation herauskommt, ist klar. Krisen wie etwa ein Börsencrash geben immer wieder Impulse, die eigene Aufstellung zu überdenken. In diesem Zuge hat der eine oder andere auf eine institutionalisierte Family-Office-Lösung gewechselt. Es gibt aber auch immer noch sehr viele informelle Family-Office-artige Lösungen in Deutschland. Die entstehen häufig rund um den Leiter Finanzen und Controlling im Familienunternehmen, denn er ist die naheliegende Ansprechperson in Finanz- und Anlagefragen. Nicht selten vertieft sich das dann im Zeitverlauf.

Also  quasi eine organische Entwicklung aus dem Unternehmen heraus?

Brückner: Absolut, aus der Vertrauensbeziehung heraus. Der frühere Treasurer ist oftmals der erste leitende Family Officer. Der Finanzer ist irgendwann oft nicht mehr nur für die finanzielle Dimension des Unternehmens zuständig, sondern auch für die Vermögensanlage des Unternehmers, nur ohne eigene Rechtsform. Der Schritt, eine eigene Einheit zu gründen, liegt dann nicht mehr fern. Eine Ausgliederung ist auch im Falle eines Börsengangs geboten, wenn geschäftliches und privates Vermögen klar getrennt sein müssen.

Family Offices gibt es in Deutschland verstärkt erst seit dem Jahr 2000. Warum?

Weber: Immer mehr Unternehmerfamilien erkennen, dass ein Privatvermögen genauso professionell gemanagt werden muss wie das Unternehmen. Hinzukamen unterschiedliche Marktentwicklungen wie zuletzt die Finanzkrise, was zu einer großen Skepsis gegenüber Banken führte. Vielen Unternehmern stellte sich in dieser Zeit die Frage, ob sie ihren Vermögensverwalter noch selbst kontrollieren können oder ob es nicht sinnvoller wäre, sich eine Controlling ins Haus zu holen. Damit hat man zwar zunächst vielleicht zusätzliche Kosten, aber auf lange Sicht gesehen auch mehr Nutzen. Die Familien wollen jemanden, der sich ihnen absolut verpflichtet fühlt. Durch diese wachsende Unzufriedenheit und immer mehr Aufklärung über Family Offices ist der Bedarf kontinuierlich gewachsen.Family Offices kommen auch in Deutschland immer mehr an. Doch was anfangs als exklusive und private Form der Vermögensverwaltung galt, wird zunehmend als Vermarktungsvehikel entdeckt. Vielen etablierten Adressen ist das ein Dorn im Auge. Der neu gegründete Verband unabhängiger Family Offices (VuFO) möchte für Transparenz sorgen. Wir sprachen mit Prof. Dr. Yvonne Brückner und Christoph Weber, Mitglieder der ersten Stunde, über Ursprung und Zweck von Family Offices. 

Viele Forderungen Ihres Verbandes lesen sich wie Selbstverständlichkeiten: Professionalität, Objektivität, Integrität. Sind die Missstände wirklich so gravierend?

Weber : Vom professionellen Standpunkt her machen viele Kollegen sicherlich einen sehr guten Job. Eine Bank oder ein Vermögensverwalter wird aber mit einem originären Family Office kein Geld verdienen können. Gerade Banken haben sehr hohe Rentabilitätsinteressen. Ein Family Office muss deshalb immer quersubventioniert werden durch den gezielten Vertrieb von eigenen Produkten. Viele Anbieter haben den Begriff Family Office als Marketingvehikel entdeckt. Dass sie diese Bereiche aber bereits wieder einstellen oder umbenennen, zeigt, dass ein Umdenken stattfindet. Die Banken erkennen, dass Family Offces sehr kostspielige Marketingvehikel sind. Man muss extrem teure, kompetente Leute einkaufen und ein komplexes Reporting vorhalten. Da ist die Vermögensverwaltung auf dem klassischen Weg oft rentabler.

Brückner: Das stimmt. Ein Außenstehender kann auf den ersten Blick sehr schlecht erkennen, welche Leistungen sich hinter dem Begriff Family Office verbergen. Und damit auch nicht, ob es eventuell Interessenskonflikte gibt.

Wie soll ein Unternehmer vorgehen, wenn er sich dazu entschließt, sein Vermögen über ein Family Office verwalten zu lassen?

Weber: Es gibt zum Beispiel Wissenschaftler, bei denen man sich unabhängig beraten lassen kann. Wir als Verband wollen aber auch die Kommunikation der Mitglieder untereinander stärken: Familien müssen sich selbst darüber im Klaren sein, welche Bedürfnisse und Erwartungen sie an ein Family Office haben.

Brückner: Ja, der größte Fehler ist, dem Druck der Dienstleister nachzugeben, die einen im Vermögensanfall überrennen. Unternehmer sollten dann entscheiden, ob es Sinn macht, sich einem Multi Family Office anzuschließen oder gewisse Dinge als Eigenleistung als Single Family Office aufzubauen. Denn Single Family Office heißt nicht zwangsläufig, ich mache alles selbst. Es kann auch heißen, dass man sich um die zehn Immobilien, die man als Key Assets definiert, intensiv selbst kümmert und den Rest nach außen gibt. Aber die grundsätzliche Frage nach der Vision fürs Vermögen und was man als Kernkompetenz im Hause haben will ist der wichtigste erste Schritt.

Ab welchem Vermögen lohnt sich denn ein Single Family Office?

Weber: Erst ab etwa 300-450 Mio. Euro. Man braucht erfahrene Consultants, technische und räumliche Infrastruktur, Back Office. Nur ab dieser Größenordnung wird die Performance durch die laufenden Kosten nicht geschmälert.


Zu den Personen

Dr. Yvonne Brückner ist Professorin am Centre of Finance der DHBW in Stuttgart. Um Forschungsdaten zu gewinnen, gründete sie 2010/2011 das Family Office Panel für Hochvermögende und ihre Family Officer. Aus einem Arbeitskreis entstand der Verband unabhängiger Family Offices (VuFO). Christoph Weber ist Gründungsmitglied und Vorstandsvorsitzender von VuFO. Mit zwei befreundeten Unternehmerfamilien gründete er 1999 das Multi Family Office WSH in Düsseldorf. www.vufo.org

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