„Die Ursprungsidee eines Family Office wird oft vergessen“

Family Offices kommen auch in Deutschland immer mehr an. Doch was anfangs als exklusive und private Form der Vermögensverwaltung galt, wird zunehmend als Vermarktungsvehikel entdeckt. Vielen etablierten Adressen ist das ein Dorn im Auge. Der neu gegründete Verband unabhängiger Family Offices (VuFO) möchte für Transparenz sorgen. Wir sprachen mit Prof. Dr. Yvonne Brückner und Christoph Weber, Mitglieder der ersten Stunde, über Ursprung und Zweck von Family Offices. 

Wie lief denn Vermögensplanung zuvor ab?

Brückner: Überwiegend mit Banken. Es gab die Neigung, drei, vier Vermögensverwalter mit ganz ähnlichen Anlagerichtlinien zu beauftragen und den schlechtesten regelmäßig auszutauschen. Dass dabei nicht unbedingt die perfekte Diversifikation herauskommt, ist klar. Krisen wie etwa ein Börsencrash geben immer wieder Impulse, die eigene Aufstellung zu überdenken. In diesem Zuge hat der eine oder andere auf eine institutionalisierte Family-Office-Lösung gewechselt. Es gibt aber auch immer noch sehr viele informelle Family-Office-artige Lösungen in Deutschland. Die entstehen häufig rund um den Leiter Finanzen und Controlling im Familienunternehmen, denn er ist die naheliegende Ansprechperson in Finanz- und Anlagefragen. Nicht selten vertieft sich das dann im Zeitverlauf.

Also  quasi eine organische Entwicklung aus dem Unternehmen heraus?

Brückner: Absolut, aus der Vertrauensbeziehung heraus. Der frühere Treasurer ist oftmals der erste leitende Family Officer. Der Finanzer ist irgendwann oft nicht mehr nur für die finanzielle Dimension des Unternehmens zuständig, sondern auch für die Vermögensanlage des Unternehmers, nur ohne eigene Rechtsform. Der Schritt, eine eigene Einheit zu gründen, liegt dann nicht mehr fern. Eine Ausgliederung ist auch im Falle eines Börsengangs geboten, wenn geschäftliches und privates Vermögen klar getrennt sein müssen.

Family Offices gibt es in Deutschland verstärkt erst seit dem Jahr 2000. Warum?

Weber: Immer mehr Unternehmerfamilien erkennen, dass ein Privatvermögen genauso professionell gemanagt werden muss wie das Unternehmen. Hinzukamen unterschiedliche Marktentwicklungen wie zuletzt die Finanzkrise, was zu einer großen Skepsis gegenüber Banken führte. Vielen Unternehmern stellte sich in dieser Zeit die Frage, ob sie ihren Vermögensverwalter noch selbst kontrollieren können oder ob es nicht sinnvoller wäre, sich eine Controlling ins Haus zu holen. Damit hat man zwar zunächst vielleicht zusätzliche Kosten, aber auf lange Sicht gesehen auch mehr Nutzen. Die Familien wollen jemanden, der sich ihnen absolut verpflichtet fühlt. Durch diese wachsende Unzufriedenheit und immer mehr Aufklärung über Family Offices ist der Bedarf kontinuierlich gewachsen.

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