Die Rolle des Dolmetschens in M&A-Prozessen

Ein Gastbeitrag von Cátia Kroll Taliani, Gründerin und Geschäftsführerin der B2B-Dolmetscheragentur Kroll Languages

Multilinguale M&A-Prozesse verlangen exzellente Sprach- und interkulturelle Kompetenzen, um das Vertrauen in den Deal zu sichern.

Multilinguale M&A-Prozesse bringen vielfältige Herausforderungen mit sich und unterschiedliche Geschäftskulturen sowie Verhandlungsstrategien und Sprachbarrieren stellen potenzielle Fallstricke dar. Firmenfusionen oder -übernahmen verlangen neben dem Begriffsvermögen für ökonomische Zusammenhänge auch exzellente sprachliche Fähigkeiten, ein tiefes Verständnis der Fachterminologie und Unternehmenskultur sowie Verhaltensflexibilität und interkulturelle Kompetenzen. Werden diese Anforderungen nicht oder nur minder erfüllt, verlieren Transaktionsbeteiligte schnell das Vertrauen in den Deal und lassen ihn platzen.

Dolmetscher:innen greifen Firmen dabei unter die Arme, ein Verständnis für spezifische Verhandlungssituationen zu entwickeln. Welche Rolle spielen Kommunikationsexpert:innen bei internationalen Firmenübernahmen oder -Kooperationen? Was ist bei ihrem Einsatz zu beachten und in welcher Phase ergibt es Sinn, Sprachvermittler:innen hinzuzuziehen? Diese Fragen klärt der Beitrag.

Sprachexpertise ins Haus holen

Möchten mittelständische Unternehmen M&A als Strategieelement für Entwicklung und Zukunftssicherung nutzen, suchen viele von ihnen auch über die Landesgrenzen hinaus nach Fusions- oder Übernahme-Partner:innen, um ein rasches Match zu fördern. Wenn es darum geht, M&A-Transaktionen zum Erfolg zu führen, ist eine klare und effektive Kommunikation zwischen Verhandlungsparteien entscheidend. Diese Herausforderung müssen Firmen nicht ausschließlich inhouse lösen. Dolmetscher:innen unterstützend an Bord zu holen, begünstigt einen störungsfreien Austausch. Erfahrungsgemäß kommen folgende Punkte dem Brückenschlag zugute:

  • Sprachliche Präzision: Dolmetscher:innen gewähren die korrekte Übersetzung von technischen sowie rechtlichen Termini und Begriffen mit Business-Bezug.
  • Kulturelle Sensibilität: Sprach-Begabte berücksichtigen auch die Inhalte zwischen den Zeilen und kulturbedingte Unterschiede. Sie beziehen verschiedene Geschäftsgebaren und Verhandlungsstile mit ein und schaffen Toleranzbereiche.
  • Echtzeitkommunikation: Dolmetschende erlauben eine nahtlose Echtzeitkommunikation zwischen den Akteuren und steigern so die Effizienz von Verhandlungen und Entscheidungsprozessen.
  • Umgehung von Missverständnissen: Die Übertragung sprachlicher Nuancen und Kontexte minimiert das Risiko von Fehlinterpretationen, aus denen im Worst Case Fehlentscheidungen resultieren.
  • Rechtliche Absicherung: Vor allem bei internationalen Firmenübernahmen müssen Beteiligte komplexe vertragliche wie rechtliche Aspekte beachten. Die Kommunikationsprofis tragen dafür Sorge, dass Klarheit über die Verhandlungsinhalte herrscht und Details ordnungsgemäß zur Sprache kommen.

Ab wann ergibt der Einsatz Sinn?

Vorbereitungs-, Transaktions- und schließlich die Integrationsphase – diese einzelnen Entwicklungsstufen bilden den üblichen Ablauf einer M&A-Transaktion ab. Beschließen Unternehmen schon ab der Vorbereitungsphase Dolmetschende mit ins Boot zu holen, ist das sinnvoll, aber nicht unbedingt notwendig. Bei Bedarf übersetzen die Sprachmittler:innen Geschäftsunterlagen oder Berichte in die Erstsprache.
In der Transaktionsphase jedoch führen Sprachbarrieren häufig zu Unsicherheiten oder Trugschlüssen und schüren Ängste. Zwar brauchen Verhandlungsgespräche auf C-Level-Ebene und Due Diligences in der Regel keine Dolmetschenden, weil die Beteiligten verhandlungssicheres Englisch sprechen. Doch spätestens dann, wenn Belegschaft und Betriebsrat ins Spiel kommen, erzielen sie Vertrauen zwischen den Verhandlungspartner:innen und unterstützen das Finden einer gemeinsamen unternehmerischen Perspektive. Nicht die 1:1-Übersetzung des gesprochenen Wortes schafft hier Klarheit und Transparenz, sondern die Brücken, die Dolmetscher:innen zwischen den Kulturen schlagen.
Während der Integrationsphase gilt es die Belegschaft vom neuen Kurs zu überzeugen und Widerstände abzubauen. Ein Entwicklungsstadium, das oft von Skepsis begleitet wird. Indem Dolmetschende diese Stufe flankieren und beide Unternehmen auf Kommunikationsebene organisatorisch wie kulturell zusammenführen, verleihen sie dem Prozess Sicherheit.

Fingerspitzengefühl trifft Wissensdurst

Ob millionenschwere Verschmelzungen international agierender Konzerne oder mittelständische Unternehmen, die Betriebe aufkaufen und in die eigene Organisation integrieren: M&A stellt besondere Anforderungen an Dolmetscher:innen, die weit über die eigentliche Toolbox der Kommunikationsexpert:innen hinausgehen. Welche das sind, lösen die nachfolgenden Insights auf:

  • Intensive Vorbereitung: Um sich mit den Details des jeweiligen M&A-Projekts, den beteiligten Unternehmen und Branchen vertraut zu machen, ist umfangreiche Vorarbeit nötig. Dazu zählt auch die Auseinandersetzung mit Geschäfts- und Due-Diligence-Berichten.
  • Präzision und Klarheit: M&A-Transaktionen fordern akkurates Arbeiten, auch in Druck-Situationen bei intensiven oder zeitkritischen Verhandlungen. Fehlannahmen können schwerwiegende rechtliche oder finanzielle Folgen haben. Starke Verhandlungsdynamiken bedürfen großer Flexibilität.
  • Vertrautheit mit Dokumenten und Tools: Ein fachkundiger und sensibler Umgang mit Schriftstücken unter Einhaltung von strengen Vertraulichkeitsvereinbarungen – wie dem Letter of Intent oder Kaufverträgen – wird vorausgesetzt. Ebenso sollte die Nutzung von M&A-typischer Software und technischen Hilfsmitteln, zum Beispiel cloudbasierte, virtuelle Datenräume, erprobt sein.
  • Koordination mit Fachleuten: Dolmetschende brauchen ein sicheres Standing, um in der Zusammenarbeit und Abstimmung mit den am Deal beteiligten Routiniers zu bestehen.
  • Kontinuierliche Weiterbildung: Due Dili-what? Spezifische Begrifflichkeiten, Jargons und Konzepte des M&A-Kosmos verstehen und anwenden lernen – eine essentielle Grundlage. Dolmetschende bilden sich stetig über Trends und Entwicklungen in M&A fort.
  • Ethisches Verhalten: Auf Unparteiischem und professionellem Verhalten fußt das Vertrauen aller beteiligten Parteien. Ein tiefes Verständnis für verschiedene Kulturen und Kommunikationsstile gewährleistet erfolgreiche Kommunikation zusätzlich.

Auf Nummer sicher gehen

Dolmetschende gehören nicht zwangsläufig zum „Equipment“ erfolgreicher internationaler Firmenübernahmen oder Fusionen. Dennoch erhöhen qualifizierte Sprach-Talente die Chance auf einen reibungslosen Transaktionsablauf und senken gleichzeitig das Risko, dass der Deal scheitert.

Transparenz und Gewissheit in allen Aussagen eines M&A-Prozesses beugt Irrtümern über Geschäftsbedingungen, Verträge und Vereinbarungen vor und vermeidet Verzögerungen im Kooperations- oder Übernahmegeschehen. Kommunikationsspezialist:innen agieren berufsbedingt mit viel Fingerspitzengefühl und vertreten objektiv sowie vorurteilsfrei die Interessen der einzelnen Parteien. Das baut Trust auf und schenkt angesichts eines dichten Rechts- und Wirtschaftsbegriffe-Dschungels Sicherheit.

Autorenprofil
Cátia Kroll Taliani
Diplom-Dolmetscherin | Website

Cátia Kroll Taliani ist Diplom-Dolmetscherin und begleitet seit vielen Jahren M&A-Prozesse – von medienträchtigen Fusionen und Übernahmen bis hin zu Formaten in kleinem Rahmen. Sie ist Mitglied im Bundesverband der Dolmetscher und Übersetzer sowie im Verband für Konferenzdolmetscher in Deutschland und begleitet, vom Oberlandesgericht Düsseldorf ermächtigt und beeidigt, auch Gerichtsprozesse. Cátia Kroll Taliani ist Gründerin und Geschäftsführerin der B2B-Dolmetscheragentur Kroll Languages GmbH.

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