Die Fabrik als Asset bei der Unternehmensnachfolge

(c) WGC GmbH_Adobe_Stock
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Eine nachhaltige Fabrikplanung spielt bei der Nachfolgersuche für Unternehmen eine immer wichtigere Rolle. Besonders Familienbetriebe möchten ihre Fabriken möglichst zukunftssicher an die nächste Generation übergeben. Auf welche Aspekte dabei zu achten ist, erklären der Architekt Florian Hoogen und Produktionsingenieur Matthias Dannapfel, beide Gründer des Fabrikplanungsbüros Onefactory.

Die Nachfolgesuche ist eine der großen Herausforderungen im Mittelstand. Laut einer Studie der KfW Research suchen jährlich 125.000 Mittelständler eine Nachfolgelösung für ihr Unternehmen. Der demographische Wandel erhöht den Zeitdruck. Ein Drittel der heutigen Inhaberinnen und Inhaber ist 60 Jahre alt und älter. Dem steht laut KfW Research eine geringe Anzahl von Nachfolgekandidaten gegenüber.

Aber auch wenn Familienangehörige für die Nachfolge potenziell infragekommen, haben diese häufig andere Vorstellungen von ihrer beruflichen Zukunft. Diejenigen, die sich dennoch für das Unternehmertum entscheiden, gründen häufig lieber selbst. Laut KfW Research möchte sich ein Großteil der Neugründerinnen und Neugründer nicht von bestehenden Strukturen einengen lassen, sondern die eigenen Ideen unternehmerisch umsetzen.

Umso mehr stellt sich für Inhaberinnen und Inhaber die Frage, wie sie die nächste Generation für die Übernahme eines bestehenden Unternehmens gewinnen können. Neben den vielen rechtlichen und finanziellen Aspekten, die bei der Nachfolgeregelung zu beachten sind, wird ein Aspekt aus unserer Sicht unterschätzt: die Zukunftsfähigkeit der Produktionsstätte bzw. Fabrik.

Die Fabrik ist ein zentraler Vermögenswert (engl. Asset) vieler Unternehmen. Allein als Immobilien- und Sachwert macht sie häufig einen Großteil des firmeneigenen Kapitals aus. Zugleich ist die Fabrik das architektonische Herzstück eines Unternehmens, das zusammen mit der Produktion langfristig Werte schafft. Die Fabrik bietet idealerweise gute Arbeitsbedingungen und ist ein Ort, der positiv auf seine Umgebung wirkt. Die Fabrik kann aber auch eine Last für das Unternehmen sein (eng. Liability), wenn sie z.B. in einem Sanierungsstau steckt, Umwelt- und Sicherheitsstandards nicht entspricht, räumlich unpassend oder technologisch veraltet ist.

Der Wert des Unternehmens hängt daher maßgeblich vom Zustand der Fabrik ab. Zum Zeitpunkt der Nachfolge sollte die Fabrik daher qualifiziert bewertet und in einem Idealzustand übergeben werden. Damit dies gelingt, ist es wichtig, die Fabrik ganzheitlich – von der Architektur bis zur Produktion – zu betrachten und sie zukunftsfähig sowie offen für die Ideen der nächsten Generation aufzustellen.

Folgende fünf Aspekte sind dabei besonders zu beachten:

  1. Status quo und Ziel bestimmen

Um die Zukunftsfähigkeit der Fabrik zu gewährleisten, ist es zunächst entscheidend, den aktuellen Status quo umfassend zu analysieren. Dies beinhaltet eine detaillierte Bestandsaufnahme aller relevanten Aspekte wie finanzielle Lage, Marktposition, räumliche sowie organisatorische Strukturen und technologische Ausstattung. Die Qualität des Arbeitsortes und die Nachhaltigkeit der Fabrik sind entscheidende Faktoren. Stärken und Schwächen müssen klar benannt werden. Erst danach lassen sich strategische Ziele formulieren und Maßnahmenpläne entwickelt, um die Zukunftsfähigkeit zu sichern.

  1. Attraktive Arbeitsplätze schaffen

Potenzielle Nachfolgerinnen und Nachfolger wissen, dass der Wettbewerb um Personal über die Zukunft und den Erfolg des Unternehmens entscheidet. Gut qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter müssen im Unternehmen gehalten, neue für das Unternehmen gewonnen werden. Die Fabrik muss ein ansprechender Ort sein, der die Attraktivität des Arbeitsplatzes sicherstellt. Die ideale Fabrik berücksichtigt deshalb die Bedürfnisse und Erwartungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die Fabrik sollte so aufgestellt sein, dass sie ein starkes Argument bei der Personalsuche ist und von den Menschen vor Ort angenommen wird.

  1. Nachhaltigkeit fördern und vorausplanen

Ein ganzheitlicher Ansatz, der architektonische, ökologische, soziale und ökonomische Aspekte abdeckt ist für eine nachhaltige Fabrik unverzichtbar. Dazu gehören Maßnahmen wie die Reduktion des CO2-Fußabdrucks der Fabrik sowie eine nachhaltige, umweltfreundliche Produktion und Architektur. Bei der Fabrikplanung ist es deshalb wichtig, nachhaltige Lösungen zu priorisieren, um langfristig Ressourcen zu schonen und Kosten zu senken. Unternehmen sollten die Möglichkeiten nutzen, Produktion und Prozesse umweltfreundlich zu gestalten sowie die diesbezüglichen regulatorischen Anforderungen kennen und beachten.

  1. Effizienz und Wirtschaftlichkeit gewährleisten

Die Effizienz und Wirtschaftlichkeit ist für jedes Unternehmen von zentraler Bedeutung. Durch gezielte Maßnahmen in der Fabrik können Unternehmen ihre Produktivität um 15 bis 25 Prozent erhöhen und gleichzeitig Kosten sparen. Dazu zählen die Optimierung von Arbeitsabläufen, der Einsatz moderner Technologien und die Schulung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in effizienten Arbeitsmethoden. Eine effektive Nutzung der bestehenden architektonischen und technologischen Ressourcen und die Minimierung von Verschwendung tragen ebenfalls zur Wirtschaftlichkeit bei. Bei der Fabrikplanung ist es daher wichtig, kontinuierlich nach Verbesserungsmöglichkeiten zu suchen.

  1. Wandlungsfähigkeit verankern

Die Fabrik ist über ihren Lebenszyklus hinweg unterschiedlichen Veränderungen ausgesetzt. Märkte, Produkte und Produktionsprozesse entwickeln sich dynamisch. Auch die Unternehmensnachfolge stellt eine wesentliche Veränderung dar. Erfahrungen können verloren gehen, neue Impulse können gesetzt werden. Die Gebäudestruktur ist statisch, muss aber zugleich Veränderungen ermöglichen. Der Architektur kommt hier eine entscheidende Rolle zu. Sie gibt einerseits einen optimalen Rahmen für die angestrebte Nutzung und muss andererseits in der Lage sein, diese zu überdauern. Die Wandlungsfähigkeit ist daher ein wesentliches Qualitätsmerkmal der Fabrik. Inhaberinnen und Inhaber sollten die Wandlungsfähigkeit und zukünftigen Gestaltungsspielraum in der Fabrikplanung verankern.

Fazit:

Eine Fabrik kann ein wichtiges Asset bei der Nachfolgesuche sein. Dazu ist es wichtig, die Fabrik nicht als reine Produktionsstätte zu begreifen, sondern ganzheitlich zu betrachten und zu planen. Aspekte wie Nachhaltigkeit und Attraktivität des Arbeitsplatzes spielen daher bei Um- und Neubauten von Fabriken genauso eine entscheidende Rolle wie die Effizienz und Wirtschaftlichkeit der Produktion. Besonders wichtig ist, die Wandlungsfähigkeit der Fabrik sicherzustellen und einen Gestaltungsspielraum für die Nachfolgegeneration in der Planung zu verankern.

Über die Autoren:  

Florian Hoogen
Florian Hoogen

Florian Hoogen ist Architekt, Gründer und Geschäftsführer der ONEFACTORY GmbH und Hoogen Architektur. Er hat an der TU Berlin und der RWTH Aachen studiert und neben seiner Tätigkeit als Architekt im Bereich Baukonstruktion und Entwurf gelehrt und geforscht. Einen Schwerpunk in seiner Arbeit ist die Planung industrieller Gebäude und ihre Transformation hin zu robusten, integriert-geplanten, offen und wandlungsfähigen Systemen.

Dr. Matthias Dannapfel
Dr. Matthias Dannapfel

Dr. Ing. Matthias Dannapfel ist Mitgründer und Geschäftsführer der ONEFACTORY GmbH. Nach seinem Studium des Wirtschaftsingenieurswesens promovierte er im Bereich Fabrikplanung am Werkzeugmaschinenlabor WZL der RWTH Aachen und leitete dort die Abteilung Fabrikplanung. Neben seiner Rolle in der Geschäftsführung der ONEFACTORY GmbH lehrt Matthias Dannapfel heute rund um die ideale Fabrik an der RWTH Aachen

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