Die deutsche Automobilindustrie – Chancen in unsicheren Zeiten

Mit Interim-Management Innovation und Wettbewerbsfähigkeit sichern

Die weltweite Automobilindustrie befindet sich im Umbruch. Interim-Management bietet Chancen zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit.
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Die weltweite Automobilindustrie befindet sich im Umbruch. Norwegen möchte bereits 2025 keine Neuwagen mit fossilen Verbrennermotoren mehr verkaufen. Fünf Jahre später, im Jahr 2030, möchten die Länder Österreich, Schweden, Dänemark, Niederlande, Slowenien und Irland folgen. Deutschland wird im Zuge des „Fit for 55“-Pakets der EU 2035 nachziehen − eine Markteinschätzung. 

Der Ausstieg aus dem Geschäft mit Verbrennermotoren ist nicht die einzige Umstellung, auf die sich OEMs & Co. hierzulande einstellen müssen. Auch der chinesische Einfluss auf die Automobilbranche ist gestiegen, so dass sich speziell der Automobilzulieferermarkt zurzeit stärker an die Gegebenheiten aus China anpassen muss, zuletzt sicherlich an die neuen E-Motoren, die derzeit verstärkt den deutschen Automobilmarkt erreichen.

Auch Themen, wie De-Risking, die Entwicklung von Software Defined Vehicles, Restrukturierungsmaßnahmen und viele weitere, werden die Automobilindustrie in Deutschland in den kommenden Jahren beschäftigen.

Wie können deutsche Unternehmen all diesen Veränderungen gerecht werden und diese erfolgreich umsetzen? Eines steht fest: Einzig die Unternehmen, die sich den neuen Situationen am Markt anpassen und innovativ handeln, werden eine Zukunft haben. In Zeiten, in denen jedoch auch Themen, wie Personalabbau, Werkschließungen und Verlagerung ins Ausland eine große Rolle spielen, wird es für viele Firmen schwierig sein, weiterhin erfolgreich zu sein. Ein Punkt, an dem Interim Manager behilflich sein können.

Anpassungen und Innovationen entscheidend für Wettbewerbsfähigkeit

Prof. Dr. Bernd Gottschalk, EIM-Beiratsmitglied und Marktkenner, beobachtet eine große Verunsicherung in den verschiedenen Märkten und ganz besonders im Automobilbereich. Der studierte Volkswirt arbeitete über zwei Dekaden in verschiedenen Bereichen der Daimler-Benz AG – unter anderem als Präsident der Mercedes-Benz do Brasil und als Vorstandsmitglied für den Geschäftsbereich Nutzfahrzeuge weltweit. Außerdem war er Präsident des Verbandes der Automobilindustrie (VDA) und Präsident des Weltverbandes der Automobilverbände (OICA). Aus Sicht von Prof. Gottschalk befindet sich der Standort Deutschland  im Zuge der momentanen Wirtschaftskonjunktur in einer der schwierigsten Phasen. Er ist sich sicher, dass wir uns in Deutschland insbesondere Gedanken darüber machen müssen, wie wir die Zukunftsfähigkeit unserer Wirtschaft sichern. Doch sei dies eine Frage der Wettbewerbsfähigkeit, die in den vergangenen Jahren massiv gelitten habe und immer noch leide. Es bleibe derzeit kein Stein auf dem anderen.

Mit Fokus auf die Automobilindustrie, einen der stärksten Wirtschaftszweige Deutschlands, sagt Gottschalk: „Die deutsche Automobilindustrie steht vor erheblichen Herausforderungen, die nicht nur technologischer, sondern auch struktureller und sozialer Natur sind. Die Fähigkeit der Unternehmen, sich anzupassen und innovativ zu sein, wird entscheidend sein, um langfristig erfolgreich zu arbeiten“. Ebendarum sei es für Unternehmen aus der Automobilindustrie essenziell, sich weiterzuentwickeln, um die Wettbewerbsfähigkeit nicht zu verlieren.

Hauptthemen für die Weiterentwicklung sind:

  • Technologischer Wandel
  • Globalisierung
  • Kostenwettbewerb

Wie begegnen OEMs, Zulieferer und Co. genau diesen Themen?

Die Zulieferer haben daraus die Konsequenz gezogen, das gesamte Portfolio zu überprüfen und zugleich die Weichen auf eine noch stärkere Ergebnisorientierung und Liquiditätsoptimierung gestellt. Es wird an Carve-outs gearbeitet, um Unternehmensteile, die nicht mehr passen, auf den Markt zu bringen. Bereiche, die nicht mehr zukunftsfähig und profitabel sind, werden geschlossen. An den Kosten oder dem Working Capital wird massiver denn je gearbeitet. Restrukturierung, um sich für die Zukunft zu wappnen, ist angesagt.

Wichtige Themen: De-Risking, Software Defined Vehicles und Restrukturierung

So ziemlich jede Branche, allen voran die Automobilindustrie, fragt sich, was von der Politik kommen muss, damit sich die Situation verbessert. Jedoch müssen sie sich aber auch fragen, was sie selbst dafür tun können, auch zukünftig erfolgreich zu bleiben.

De-Risking

Beim De-Risking handelt es sich um den gezielten Abbau von kritischer Importabhängigkeit. Um diesen Abbau durchführen zu können, benötigt es ein genaues Abhängigkeitsmonitoring und tiefgehende Außenhandelsanalysen. Auf diese Weise wird es den Automobilunternehmen möglich sein, neue Strategien zu entwickeln und sich langfristig und nachhaltig von der Abhängigkeit anderer Länder zu lösen. Die Zulieferindustrie tut gut daran, sich als verlässlicher und kompetenter Entwicklungspartner zu positionieren.

Software Defined Vehicles

Ein Software Defined Vehicle (SDV) – zu Deutsch: Software-definiertes Fahrzeug – beschreibt elektronisch gesteuerte Autos, die dementsprechend vornehmlich von der Software abhängig sind. Sie sind dahin gehend die Weiterentwicklung der mechanisch basierenden Fahrzeuge. Beim SDV kommen etwa Fahrassistenzsysteme zur Steigerung der Sicherheit zum Einsatz. Hinzu kommen weitere Software-Funktionen, wie ganzheitliche Infotainmentsysteme, die Vernetzung und Kommunikation mit anderen Fahrzeugen sowie der Straßeninfrastruktur, Over-The-Air-Updates, Brems- und Lenk-Software-Funktionen durch „break-by-wire“ und „steer-by-wire“. SDVs bilden außerdem den Grundstein für die Abkehr von Verbrennermotoren hin zu batteriebetriebenen Antriebssystemen sowie der Entwicklung autonomer Fahrfunktionen. Für den Zulieferer bedeutet dies, organisatorisch in die Entwicklung von Software zu investieren oder aber entsprechende Kooperationen einzugehen.

Restrukturierung / Transformation

Das Thema Restrukturierung steht für viele Unternehmen in der Automobilindustrie an oberster Stelle auf der Agenda, um auch in den kommenden Jahren weiterhin wettbewerbsfähig zu sein. Zwar haben die in Deutschland ansässigen Automobilhersteller und Zulieferer ihre Umsätze im Jahr 2023 um 10% gesteigert (558 Mrd. EUR), dennoch ist nicht alles Gold, was glänzt. Besonders die Kluft zwischen den OEMs und den Zulieferern hat sich im Zehnjahresvergleich immer weiter aufgetan. Während die Zulieferer seit 2014 ihre Umsätze um 25% steigern konnten, legten die OEMs um satte 59% zu.

Ein Problem, mit dem besonders deutsche Autozulieferer zu kämpfen haben. Trotz des wachsenden Umsatzes sinken die Eingänge von Aufträgen. Das derzeitige Produktionsvolumen in Deutschland liegt 21% unter dem Niveau 2019. Und schon damals hatte die Industrie Überkapazitäten. Um dem entgegenzuwirken, bleibt den Unternehmen nichts anderes übrig, als sich neu aufzustellen. Zu den Restrukturierungsmaßnahmen gehören etwa:

  • Carve-out-Prozesse
  • Optimierung oder Schließung der Standorte (Footprint)
  • Verlagerung der Werke
  • Personalabbau auf der einen Seite – Fachkräftemangel auf der anderen Seite
  • Konsolidierung der gesamten Organisation
  • Automatisierung / Digitalisierung

Es wird an Carve-outs gearbeitet, um Unternehmensteile, die nicht mehr passen, auf den Markt zu bringen. Es werden Bereiche, die nicht mehr zukunftsfähig und profitabel sind, geschlossen. An den Kosten oder dem Working Capital wird massiver denn je gearbeitet. Restrukturierung, um sich für die Zukunft zu wappnen, ist angesagt. All das fordert das gesamte Management, nicht nur auf der ersten Ebene, sondern im gesamten Unternehmen.

Weiterentwicklung trotz Fachkräftemangel

Nun stellt sich die Frage, wie Maßnahmen, wie zum Beispiel die Digitalisierung, dem Abbau von Importabhängigkeiten oder der Produktionsausbau von Software Defined Vehicles im Zuge einer Transformation gelingen sollen. Einerseits müssen Mitarbeiter abgebaut, Werke verlagert oder gar ganze Standorte geschlossen und andererseits muss die Weiterentwicklung und damit der Einsatz von Fachkräften vorangetrieben werden.

Diese Aufgaben scheinen auf den ersten Blick nicht miteinander vereinbar zu sein. Dennoch gibt es sowohl für OEMs als auch für die Zulieferfirmen diverse Möglichkeiten, diese Notwendigkeiten unter einen Hut zu bekommen. Das Zauberwort an dieser Stelle heißt Interim-Management. Interim-Manager sind bestens ausgebildet und verfügen über die notwendige Erfahrung, um Restrukturierungsmaßnahmen und Transformationsprozesse in Unternehmen schnell umzusetzen. Außerdem sind Interim Manager kurzfristig verfügbar. Der Vorteil für die Chefetage der Organisationen liegt darin, dass die Interim-Manager nur für einen gewissen Zeitraum im Unternehmen tätig sind und beispielsweise Einsparungen an bestimmten Stellen im Unternehmen vorantreiben können. Ihr Fokus liegt darauf, sich innerhalb weniger Tage in die Thematik einzuarbeiten und mithilfe ihrer Erfahrung schnell in die Umsetzung zu gehen. Ferner entlasten sie interne Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, damit diese sich auf die aktuell wichtigen Aufgaben konzentrieren können. Zudem ergänzen sie fehlendes Methoden- und Prozesswissen, das auch dann noch im Unternehmen verbleibt, wenn sie längst wieder gegangen sind.

2024 kein gutes Jahr für E-Mobilität

Aufgrund einiger Faktoren wird das Jahr 2024 kein gutes Jahr für die E-Mobilität in Deutschland. Zum einen hat Deutschland bereits im Dezember vergangenen Jahres die Förderung von E-Autos gestrichen; hinzu kommen hohe Finanzierungskosten, steigende Verkaufspreise sowie die noch immer mangelhafte Ladeinfrastruktur. Dennoch bleibt das „Fit for 55“-Paket der EU weiterhin bestehen. Den Unternehmen wird also nichts anderes übrigbleiben, als weiterhin in den BEV-Markt (BEV = batterieelektrische Autos) zu investieren und dahingehend die Produktion zu restrukturieren. Die große Frage dabei ist nur, welche Aktivitäten dahin gehend noch im Inland stattfinden werden. Aufgrund von Personalmangel, den hohen Energiekosten, dem stetigen Wachstum der Personalkosten, Steuern und der Bürokratie wird der Standort Deutschland wirtschaftlich immer unattraktiver.

„Bestehende“ Fertigungsanlagen für Verbrennermotoren werden komplett zum Erliegen kommen, während neue Anlagen für „Green Technologies“ eher im Ausland aufgebaut werden. Je nachdem, wo die neuen Fertigungsanlagen neu gebaut oder hin verlagert werden sollen, stellen sich den Unternehmen diverse Herausforderungen in den Weg. Jedoch gibt es viele Interim-Manager, die sich genau auf den Aufbau oder den Umzug von ganzen Unternehmen auf internationaler Ebene spezialisiert haben und den Organisationen dahin gehend einen reibungslosen Ablauf ermöglichen.

Regionale Verschiebung bei Produktionsverlagerungen

Bis vor dem Krieg in der Ukraine herrschte ein regelrechter Trend, die Produktion nach Osteuropa zu verlagern. Diese Euphorie flacht nun immer weiter ab, wovon besonders Länder, wie Mexiko, USA, Kanada und Indien profitieren dürften.

Dennoch sind es nicht nur neue oder verlagerte Produktionsanlagen, die im Zuge einer Umstrukturierung gemanagt werden müssen. Auch innerhalb der Betriebe in Deutschland gibt es einiges zu tun, bei dem Interim-Manager eine wichtige Stütze sein können. Ob beim reibungslosem Carve-out oder bei der internen Neuaufstellung ganzer Organisationen aufgrund von Personalverlust sind Interim-Manager eine hervorragende Hilfe.

Mit einem sauber geplanten Einsatz von Interim-Managern können Unternehmen derartige Vorhaben signifikant beschleunigen und deutlich effizienter gestalten. All das fordert das gesamte Management, nicht nur auf der ersten Ebene, sondern im gesamten Unternehmen. Wenn in solchen Situationen einmal ein verantwortlicher Manager − aus welchen Gründen auch immer − ausfällt, hilft letztlich nur eines: ein leistungsfähiges Interim-Management in Anspruch zu nehmen. Dabei kommt es vornehmlich auf die Qualität des Managements, das zur Verfügung steht, an und zugleich auf die Schnelligkeit, die weltweite Verfügbarkeit des Personals und die Kompetenz einer Vermittlung.

Interim-Management: Chance für die deutsche Automobilindustrie

Die deutsche Automobilindustrie durchlebt zweifellos eine Ära des Umbruchs. Die wachsende Bedeutung der Elektromobilität, technologische Innovationen und sich verändernde Marktanforderungen stellen die Branche vor immense Herausforderungen. Inmitten dieser turbulenten Zeiten eröffnet Interim-Management eine wertvolle Chance für Unternehmen, flexibel auf Veränderungen zu reagieren und gleichzeitig ihre Wettbewerbsfähigkeit zu stärken.

Interim-Manager sind Experten auf Zeit, die über umfangreiche Erfahrung in der Automobilindustrie verfügen. Sie können schnell in eine Organisation integriert werden, um spezifische Herausforderungen anzugehen und transformative Projekte zu leiten. In einer Zeit, in der die Geschwindigkeit der Anpassung entscheidend ist, ermöglicht Interim-Management Unternehmen, schnell und flexibel auf neue Anforderungen zu reagieren, ohne langwierige Rekrutierungsprozesse durchlaufen zu müssen.

Die Automobilindustrie steht vor der Notwendigkeit, sich stärker in Richtung Softwareunternehmen zu entwickeln und innovative Technologien zu integrieren. Interim-Manager bringen nicht nur das erforderliche Fachwissen mit, um diese Herausforderungen anzugehen, sondern auch frische Perspektiven und Ideen. Ihre Erfahrung ermöglicht es ihnen, komplexe Probleme zu verstehen und effektive Strategien zur Bewältigung des Wandels zu entwickeln.

Durch die Nutzung von Interim-Management können Unternehmen das Risiko von Fehlentscheidungen reduzieren und gleichzeitig ihre Ressourcen effizienter einsetzen. Da Interim-Manager kurzfristige Verträge abschließen, können Unternehmen ihre Leistung bewerten, bevor sie langfristige Engagements eingehen. Dies ermöglicht es ihnen, schnell auf Veränderungen zu reagieren und ihre Strategien entsprechend anzupassen.

FAZIT

In Zeiten des Wandels sind Innovation und Veränderungsbereitschaft der Schlüssel zum langfristigen Erfolg. Interim-Manager bringen nicht nur bewährte Methoden mit, sondern auch die Bereitschaft, neue Wege zu gehen und traditionelle Denkmuster herauszufordern. Durch ihre Fähigkeit, schnell zu handeln und innovative Lösungen zu entwickeln, können sie Unternehmen dabei unterstützen, sich von ihren Wettbewerbern abzuheben und neue Chancen zu nutzen. Insgesamt bietet Interim Management der deutschen Automobilindustrie eine einzigartige Möglichkeit, sich erfolgreich an die sich verändernden Marktbedingungen anzupassen und gestärkt aus dem Wandel hervorzugehen. Indem sie auf die Flexibilität, Expertise und Innovationskraft von Interim-Managern setzen, können Unternehmen ihre Wettbewerbsfähigkeit stärken und langfristigen Erfolg sicherstellen. 

Autorenprofil
Dr. Thomas Schneider

Dr. Thomas Schneider verfügt über operative und strategische Managementerfahrung in Marketing & Vertrieb, in der Restrukturierung und im internationalen Geschäftsaufbau für mittelständische Unternehmen. Seit vielen Jahren ist er erfolgreich im Interim Management aktiv und kann auf ein umfangreiches Erfahrungswissen aus zahlreichen Projekten zurückgreifen. Zu seinen fachlichen Schwerpunkten gehören die Begleitung von Veränderungsprozessen (Change Management & Turnaround), Internationalisierung, weltweite Vertriebs- und Wachstumsstrategien sowie die Beratung von mittelständischen Unternehmen.

E-Mail: t.schneider@eim-germany.com

Autorenprofil
Marcus Gerbershagen

Marcus Gerbershagen verfügt über umfassende Erfahrung als Geschäftsführer, Business Unit Manager, Projektmanager und Aufsichtsrat. Seine Branchenschwerpunkte sind FMCG, Automotive, Logistik, Kosmetik und Pharma. Als Projektleiter für das automatische System zur Mauterfassung leitete er bei Toll Collect den Turnaround ein. Zu seinen fachlichen Schwerpunkten gehören Krisenmanagement, Restrukturierung, Digitalisierung, Werksauf- und -abbau sowie -verlagerungen, Produktions- und Supply Chain Optimierung, Management von Großprojekten sowie Change Management.

E-Mail: m.gerbershagen@eim-germany.com

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