Angesichts volatiler Rahmenbedingungen herrscht am M&A-Markt eine gewisse Zurückhaltung. Auch bei den Triton Mittelstandsfonds werden zurzeit weniger Plattforminvestitionen getätigt. Die Zukaufaktivitäten laufen jedoch auf Hochtouren – im ersten Halbjahr 2023 wurden sogar mehr und deutlich größere Deals getätigt als in den Vorjahren. Wir sprachen mit Andi Klein, Managing Partner and Head of TSM (Triton Smaller Midcap Funds) bei Triton.
Unternehmeredition: Herr Klein, wie schätzen Sie den derzeitigen Markt für Unternehmensbeteiligungen ein?
Andi Klein: Immer noch volatil. Es ist schwieriger geworden, dass Verkäufer und Käufer zusammenfinden, und es existieren weiterhin Herausforderungen auf der Finanzierungsseite. Die Konjunkturaussichten sind aktuell wieder ein bisschen eingetrübt, nachdem sie zuvor etwas besser waren. Die Volatilität bleibt also. Und ich glaube, es hat zurzeit jeder ein wenig Respekt davor, seine Unterschrift unter einen Kaufvertrag zu setzen.
Spüren Sie das auch im eigenen Portfolio? Sind Sie auch zurückhaltender in diesem Jahr?
Bei Zukäufen für bestehende Portfoliogesellschaften läuft alles normal, aber was Plattformakquisitionen angeht, so halten wir uns hier gerade etwas zurück.
Dann sprechen wir doch über Zukäufe. Was gab es hier für Entwicklungen?
Wir haben in diesem Jahr einige strategisch wichtige Zukäufe getätigt. So haben wir im März für unsere Beteiligung BFC, einen Automobilzulieferer, ein großes Geschäft in den USA hinzugekauft, Arrowhead Industries, und sind dadurch jetzt auf jedem Kontinent Marktführer geworden. Für unsere Dentalgruppe Unident haben wir in den Niederlanden zwei größere Zukäufe getätigt. Für unsere Beteiligung Kälte Eckert haben wir in diesem Jahr sogar drei Unternehmen hinzugekauft; für unsere Beteiligungen im Gesundheitsbereich haben wir deutlich mehr als zehn Zukäufe getätigt. Insgesamt waren es im ersten Halbjahr 2023 mehr und deutlich größere Deals als in den Vorjahren.
Wir haben in diesem Jahr noch keine neuen Plattformunternehmen gekauft. Aber das war auch Absicht – wir waren diesbezüglich im Rahmen des Triton Mittelstandsfonds II im letzten und vorletzten Jahr sehr aktiv und konzentrieren uns nun auf die Weiterentwicklung und die Zukäufe. Das ist nicht primär den schwierigeren Rahmenbedingungen geschuldet, über die wir gerade sprachen, sondern eher der Phase des Fonds. Diese ermöglicht uns, sehr selektiv auf neue Portfolioinvestments zu schauen.
Wie ist die Situation bei Exits? Ende Mai haben Sie den Verkauf einer langjährigen Beteiligung an der Norres Baggerman Group abgeschlossen, die aus Ihrem Mittelstandsfonds I stammt.
Ja, den ursprünglich im Kern deutschen Hersteller von Industrieschläuchen – heute europäisch und global tätig – haben wir an den schwedischen Finanzinvestor Nalka verkauft. Mit diesem Verkauf und der vorangegangenen Wachstumsgeschichte sind wir sehr zufrieden. Unsere durchschnittlichen Zielreturns wurden dabei weit übertroffen. In einem sehr schwierigen Exitumfeld war dies eine gute Transaktion für uns. Unsere Investoren sind damit sehr zufrieden. Der starken Wertentwicklung liegt allerdings auch eine grundlegende Transformation des Unternehmens zugrunde: Zum einen haben wir über unsere Eigentümerperiode ein hervorragendes organisches Wachstum erzielt, unter anderem durch die Internationalisierungsstrategie, circa 10% pro Jahr. Zum anderen waren wir in der Lage, über die Akquisition der Baggerman Group unser Produktportfolio zu erweitern und Synergien zu realisieren. Den Umsatz haben wir von knapp unter 40 Mio. auf über 100 Mio. EUR gesteigert und die Gewinne mehr als verdreifacht – und so haben wir auch einen guten Verkaufspreis für das Unternehmen erzielt.
Der letzte größere Exit bei den Mittelstandsfonds war der Verkauf der Meine Radiologie Holding im Jahr 2021. Sind derzeit weitere Exits geplant? Wie schätzen Sie das diesbezügliche Umfeld ein?
Das schauen wir uns regelmäßig an. Der Verkauf der Meine Radiologie Holding war im Juli 2021; das heißt, wir haben eineinhalb Jahre später den nächsten Verkauf getätigt. Aus Finanzsicht ist die Akquisitionsfinanzierung für Käufer schwieriger geworden und das Gesamtumfeld ist volatiler. Auch die Käufer fragen sich, ob sie sich überhaupt an einem Verkaufsprozess beteiligen sollen und ob man am Ende preislich zusammenkommen wird. Das gesamte Umfeld ist deutlich anspruchsvoller geworden: Die Institutionen laufen langsamer, manche potenzielle Käufer sind aufgrund ihrer Kapitalsituation nicht handlungsfähig. Die unsichere gesamtwirtschaftliche Lage führt zu Zurückhaltung.
Das heißt, es ist aktuell auch schwieriger, einen guten Kaufpreis zu erzielen?
Man erzielt immer noch einen guten Kaufpreis, wenn man ein gutes Unternehmen veräußert, das sich auch entsprechend gut entwickelt und nachhaltig gute Wachstumsaussichten hat. Ist das nicht der Fall, gestaltet sich der Verkauf schwierig.
Wie schwierig waren denn die Verhandlungen beim Verkauf der Norres Baggerman Group?
Es war eine Auktion und es gab ein paar potenzielle Käufer. Und am Ende des Tages hat sich Nalka als Käufer herauskristallisiert. Der Prozess lief auch in einem üblichen Zeitrahmen, abgesehen von der Weihnachtsunterbrechung.
Bei den sehr guten Unternehmen läuft alles noch so wie zu den besten Zeiten – kann man das so sagen?
So leider auch nicht. Der Verkaufsprozess von Norres verlief weitestgehend standardmäßig. Hätte die gleiche Transaktion eineinhalb Jahre vorher stattgefunden, dann wäre sie vermutlich sechs Wochen früher zum Abschluss gekommen. Man sieht heute deutlich seltener, dass Prozesse vorzeitig beendet werden, während das ein bis eineinhalb Jahre vorher bei guten Unternehmen häufig der Fall war. Die Finanzierungen sind nicht vorhanden beziehungsweise schwieriger zu bekommen. Es ist daher auch schwieriger, den Prozess abzukürzen.
2021 wird allgemein als Rekordjahr für Transaktionen bezeichnet. Sehen Sie das auch so?
Von einem Rekordjahr zu sprechen, ist immer ein wenig schwierig. Wenn man den Markt betrachtet, war es aber tatsächlich so, dass 2021 überdurchschnittlich viele Transaktionen getätigt wurden. 2022 war geprägt von Unsicherheit in der gesamtwirtschaftlichen Lage durch den Beginn der Ukrainekrise, Energiekrisen, Rohstoffkrisen etc. Im Endeffekt war das ein externer Schock. Und der hat natürlich die Verkaufs- und Kaufbereitschaft massiv beeinträchtigt, weil sich die Dinge so schnell verändert haben. Und heute ist es so, dass primär die Unternehmen verkauft werden können, die bewiesen haben, dass sie durch die Coronakrise und durch das vergangene Jahr gut durchgekommen sind. Aktuell wurden die Wachstumsprognosen gerade wieder einkassiert, allerdings hat sich in den USA die Inflation bereits deutlich reduziert. Die Gemengelage ist sehr komplex und es herrscht Unsicherheit. Das war 2021 ein wenig anders. Es war eher ein Erholungsjahr, man glaubte, dass Corona vorbei oder quasi überstanden sei, und das hätte einen Boom auslösen können, hätte dann nicht der Ukrainekrieg begonnen.
Gab es denn außer Norres noch Highlights für Sie?
Ein anderes Highlight waren die genannten großen Zukäufe, die wir über die Ziellinie gebracht haben, die wirklich transformatorisch sind. Und ein Highlight für uns war natürlich der Kauf von Kälte Eckert und dessen Aufbau zur führenden deutschen Kältegruppe.
Liegt zurzeit ein Schwerpunkt auf Deutschland?
Nicht unbedingt. Wir haben auch ein Plattforminvestment in Finnland getätigt und dort eine führende Pflegegruppe übernommen. In Norwegen haben wir ein Softwareunternehmen übernommen.
Bemerken Sie einen Trend zum Nearshoring?
Nicht direkt, aber natürlich beschäftigen sich unsere Unternehmen intensiver als früher mit Lieferkettenproblematiken und versuchen, alternative Lieferanten aufzubauen, beispielsweise in Ost- oder Nordeuropa. Für unseren Büromöbelhersteller Inwerk bauen wir gerade einen alternativen Lieferanten für bestimmte Produkte in den baltischen Republiken auf.
Was sind ansonsten besondere Trends und Herausforderungen? Was macht gerade den Kern Ihrer Arbeit aus?
Es ist ein Mix. Ein Fokus liegt auf effizienter und effektiver Unternehmenssteuerung generell, gerade dort, wo wir viele Zukäufe tätigen. Hier geht es darum, dass wir die Balance zwischen der Integration der Zukäufe und unternehmerischer Selbstständigkeit halten und dass die Zentrale die notwendigen und positiven Impulse mitgestaltet und Services erbringt, ohne das unternehmerische Geschehen einzuschränken.
Ein zweiter Fokus ist das Thema Digitalisierung, um Dinge effizienter zu machen und zu steuern sowie bessere Transparenz zu schaffen. Und Nachhaltigkeit, das dritte Thema, ist sehr unterschiedlich ausgeprägt. Es steht bei vielen Dingen im Verkauf im Fokus, nicht nur in der Vermarktung, sondern allgemein in der Effizienz der Ressourcenverwendung – bei Kälte Eckert sogar im absoluten Fokus, wie eben bei unserem Investment in Fairwind, wo es um den Aufbau von Windturbinen geht.
Aber ich würde sagen, es gibt nicht den einen Fokus, sondern es sind eigentlich diese drei Themen in unterschiedlicher Ausprägung. Lieferkettenmanagement ist mittlerweile Standard. Das ist nichts, wodurch man sich differenzieren kann.
Würden Sie sagen, dass Sie bei der Anzahl der Zukäufe im Vergleich zu anderen Investitionsgesellschaften vorne liegen und wenn ja, warum?
Es gibt im deutschen Markt sicherlich die eine oder andere Beteiligungsgesellschaft, die sich ausschließlich auf Deutschland konzentriert und mehr Plattformtransaktionen getätigt hat. Aber es sind nicht viele, die mehr Zukäufe tätigen. Unsere Limited Partners waren auf jeden Fall mehr als überrascht über die Schlagzahl, die wir ihnen präsentiert haben.
Zukäufe sind ein Kernfokus von uns. Wenn wir an eine Investitionsthese glauben, dann versuchen wir diese Plattform so groß wie möglich zu machen, sie zu integrieren und am Ende so aufzustellen, dass sie sich unabhängig von uns weiterentwickeln kann, egal in welcher Eigentümerschaft. Das können entweder sehr kleinteilige Zukäufe sein, um eine größere Gruppe aufzubauen, oder wenige, aber dafür transformatorische Zukäufe. So wie wir es bei Norres gemacht haben, bei der BFC oder bei Unident.
Daneben gibt es auch organisches Wachstum. Wenn wir im Durchschnitt 10% organisch gewachsen sind, haben wir die Gruppe innerhalb von vier Jahren durch die entsprechenden Zukäufe mehr als verdoppelt. Organisches Wachstum ist immer Teil dessen, was wir erreichen wollen, ergänzt durch die Zukäufe. Manche Sektoren sind immer noch sehr kleinteilig in Deutschland, andere Länder sind häufig bereits stärker konsolidiert. Da braucht es dann oft nur einen großen Zukauf. In Deutschland müssen Sie häufig viele kleinere Akquisitionen durchführen, das ist teilweise mühsam, aber man trifft großartige und beeindruckende Unternehmer. Beim Aufbau einer neuen Gruppe muss man ein neues Managementteam finden, eigene Finanzfunktionen aufbauen usw. Ähnlich wie bei einem Startup, bei dem am Anfang wenig da ist.
Zum Abschluss bitte noch Ihre Prognose.
Ich erwarte nicht, dass im zweiten Halbjahr eine Flut an Unternehmen auf den Markt kommt, die bisher auf dem Bremspedal standen und abgewartet haben, was passiert, wie das teilweise zu lesen ist. Aber die Lage wird sich ein bisschen mehr normalisieren. Viele der Herausforderungen haben sich nicht verändert; wir haben immer noch anspruchsvolle Finanzierungsbedingungen und die Inflation ist immer noch sehr hoch. Der gesamtwirtschaftliche Ausblick ist mal so, mal so. Keiner kann genau sagen, wie es wird. Zudem sind die Preisvorstellungen noch nicht ganz beieinander. Der Pfropfen hat sich noch nicht gelöst. Es dauert auch üblicherweise ein bisschen, bis sich das einpendelt. Deswegen glaube ich, dass erst 2024 in Bezug auf die Gesamtzahl der Transaktionen wieder ein etwas normaleres Jahr sein wird.
Herr Klein, wir danken Ihnen für das interessante Gespräch!
ZUR PERSON
Andi Klein ist Managing Partner bei Triton und verantwortet die Smaller-Mid-Cap-Strategie der 1997 gegründeten Beteiligungsgesellschaft. Bevor er 2009 zu Triton kam, hatte er elf Jahre lang verschiedene Führungspositionen bei Procter & Gamble in Deutschland, der Schweiz, Belgien und den USA inne. Die Triton Mittelstandsfonds investieren in mittelständische Unternehmen der Sektoren Dienstleistungen, Gesundheitswesen, Industrie und Konsumgüter.
Dieses Interview erscheint in der nächsten Magazinausgabe der Unternehmeredition 3/2023 mit Schwerpunkt “Unternehmensverkauf”.
Als Chefredakteurin der Unternehmeredition berichtet Eva Rathgeber regelmäßig über Unternehmen und das Wirtschaftsgeschehen. Sie verfügt über langjährige Erfahrung im Wirtschaftsjournalismus und in der PR.