Die deutsche Wirtschaft schwächelt. Nicht nur Start-ups erleben ein Rekordhoch an Insolvenzen, auch etablierte Unternehmen stehen vor großen finanziellen Herausforderungen. Betroffen sind insbesondere Unternehmen, die in den letzten Jahren schnell gewachsen sind. Letztere achten zuweilen weniger darauf, ein stabiles Fundament aufzubauen. So kann es zu Fehlern kommen, die sich später rächen und das Unternehmen schlimmstenfalls in die Insolvenz befördern können. Im Folgenden zeigen wir sieben Finanzfallen, an denen schnell wachsende Unternehmen scheitern können:
1) Fokus auf nicht umsatzrelevanter Kostenstruktur
Eine Gefahr liegt darin, zu schnell in Unternehmensbereiche, Tools und Extras zu investieren, die nicht zum Umsatz beitragen. Zum Beispiel: Stellenaufbau in den Bereichen Administration und Human Resources, teure Software oder schicke Büros.
Der Schlüssel zu langfristigem Erfolg besteht darin, die richtigen Prioritäten zu setzen. Besonders in den ersten Jahren müssen Gründer darauf achten, dass jeder Euro in Bereiche fließt, die das Umsatzwachstum direkt fördern.
2) Zu wenig Differenzierung in der Kostenstellenstruktur
Schwierig kann es werden, wenn nur das Gesamtergebnis betrachtet wird, anstatt einzelne Bereiche zu analysieren. Welche Projekte und Dienstleistungen sind profitabel? Welche nicht? Was kann geändert werden oder welche Angebote müssen vielleicht abgeschafft werden?
Ohne eine Differenzierung vor allem hinsichtlich der Profitabilität einzelner Geschäftsbereiche werden verlustbringende Projekte weiterhin finanziert. Gleichzeitig werden profitable Bereiche nicht ausreichend beachtet oder mit den nötigen Ressourcen ausgestattet.
3) Schwächen in der Kostentransparenz
Eine große Rolle spielt das Wissen über die großen Ausgabenpunkte. Fehlt es diesbezüglich an Transparenz, ist am Ende des Monats unter Umständen weniger Geld verfügbar als gedacht – ohne zu wissen, wo es hingeflossen ist. Auch hier hilft eine Kostenstellenstruktur.
4) Liquiditätsengpässe
Hilfreich sind Tools, um Liquiditätsengpässe vorherzusehen. Mit ausreichend Vorlaufzeit sind diese in der Regel zu bewältigen. Ohne entsprechende Tools können sie die Unternehmen unvorbereitet treffen und für Probleme sorgen.
Auch stark wachsende Start-ups, die zunächst erfolgreich erscheinen, können Liquiditätsprobleme haben. Dies tritt unter anderem dann auf, wenn die Ausgaben die Einnahmen übersteigen oder den Kunden zu lange Zahlungsfristen gewährt werden.
5) Investition ohne Rahmen
Wer immer weiter in Projekte investiert, in die eigentlich keine weiteren Gelder fließen sollten, riskiert Kosten zu versenken. Zum Beispiel: Man möchte eine App unbedingt selbst entwickeln und investiert über die Zeit deutlich mehr als geplant, obwohl es sinnvoller wäre, das Projekt abzubrechen. Die sogenannten Sunk Costs steigen so immer weiter.
6) Kein realistisches Budget
Fehler können unterlaufen, wenn Unternehmen schnell den Millionenumsatz erreichen wollen, aber keinen Überblick haben, welche Investitionen dafür notwendig sind. Das Budget ist nicht realistisch und es mangelt an Wissen darüber, wie die Ziele erreicht werden können.
Eine abgeschlossene Budgetplanung ist ein entscheidendes Instrument zur Unternehmensführung. Dabei reicht es nicht aus, zu Jahresbeginn einmal ein Budget aufzustellen – vielmehr sollte es kontinuierlich für Analysen genutzt und im Laufe des Jahres regelmäßig angepasst werden.
7) Margen werden schöngeredet
Wer möchte, dass gewisse Projekte oder Produkte funktionieren, ist oft nicht ehrlich mit sich selbst und redet sich Margen schön. Beispielsweise werden Nebenkosten von Projekten (z.B. Reisekosten) ignoriert, oder CEOs rechnen ihre eigene Arbeitszeit nicht in die Kosten ein, obwohl sie dafür bei profitableren Projekten fehlt.
FAZIT
Schnelles Wachstum kann ohne eine strukturierte und konsequente Finanzplanung schnell zur Gefahr werden. Unternehmen, die ihre Ausgaben nicht kontrollieren, ohne Budget arbeiten oder Projekte zu optimistisch bewerten, riskieren finanzielle Schwierigkeiten. Selbst in Zeiten starken Wachstums ist es wichtig, von Anfang an ein solides finanzielles Fundament und gesunde Strukturen zu schaffen, um langfristigen Erfolg und Stabilität zu gewährleisten.
Rebecca Troch
Rebecca Troch ist Finanzexpertin und Virtual CFO. Nach fast 20 Jahren im Controlling und Finanzmanagement bei Unternehmen wie Decathlon, H&M und New Yorker gründete sie 2018 Counting the Apples Consulting. Sie hilft Unternehmern und Gründern, ihre Zahlen zu verstehen und faktenbasierte Entscheidungen zu treffen. Als Virtual CFO sind Rebecca und ihr Team für Agenturen im Bereich Marketing, Social Selling und Personal Branding sowie Influencer tätig. Zu den Kunden zählen Unternehmen wie Leaders Media und The People Branding Company.