Das diesjährige Deutsche Eigenkapitalforum (EKF), das vom 25. bis 27. November 2024 im Steigenberger Airport Hotel Frankfurt stattfand, konnte erneut seine Position als Europas führende Kapitalmarktveranstaltung behaupten. Trotz der angespannten Wirtschaftslage zog die Deutsche Börse ein positives Fazit und betonte die hohe Relevanz des Austauschs zwischen Unternehmern und Investoren.
Mit rund 250 börsennotierten Unternehmen, darunter acht aus dem DAX und 68 aus dem MDAX und SDAX, war das Forum gut besucht. Über 200 Unternehmenspräsentationen und mehr als 4.000 1-on-1-Meetings boten eine Plattform für intensive Gespräche. Zu den Highlights zählten darüber hinaus zwei Keynotes und drei spannende Panel-Diskussionen auf der Hauptbühne, die Themen wie Nachhaltigkeit, künstliche Intelligenz und Finanzierung von Transformationen beleuchteten.
Keynotes zur wirtschaftlichen Entwicklung in der Eurozone
Dr. Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank AG, nahm in seiner Keynote „Will the Eurozone Recover in 2025?“ die aktuelle wirtschaftliche Lage der Eurozone unter die Lupe und gab einen Ausblick auf mögliche Entwicklungen im Jahr 2025. Die hohen Energiepreise, die nach wie vor als Folge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine spürbar seien, sowie die geopolitischen Unsicherheiten und die restriktive Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) hätten das Wachstum erheblich gebremst. Trotz dieser Herausforderungen zeigte sich Krämer optimistisch, dass sich die Eurozone ab 2025 allmählich erholen könne. Krämer schloss seine Keynote mit einer optimistischen Prognose: Obwohl der wirtschaftliche Aufschwung zunächst moderat ausfallen werde, seien die Grundlagen für eine nachhaltige Stabilisierung der Eurozone gelegt – sofern es keine weiteren externen Schocks gebe.
Eine weitere Keynote „Beyond the Downturn: Opportunities and Risks for Germany and Europe“ von Dr. Holger Schmieding, Chefvolkswirt der Berenberg Bank, erörterte Chancen und Risiken für Europa nach der aktuellen Wirtschaftsflaute. Schmieding beschrieb zunächst die Ursachen der konjunkturellen Schwäche, die sich vor allem durch die Verwerfungen in globalen Lieferketten, hohe Energiekosten und geopolitische Unsicherheiten erklären ließen. Er stellte jedoch klar, dass die Krise auch als Chance genutzt werden könne und zeigte mehrere Bereiche auf, in denen Europa Potenziale heben und gestärkt aus der Rezession hervorgehen könnte, darunter Investitionen in grüne Technologien, Digitalisierung als Wachstumstreiber und die Bewältigung geopolitischer Herausforderungen. Entschlossenes Handeln von Politik und Wirtschaft sei notwendig, um die Potenziale zu realisieren. Mit gezielten Investitionen und einer klaren strategischen Ausrichtung könne Europa die aktuellen Herausforderungen meistern und wieder auf einen stabilen Wachstumspfad zurückkehren.
Themenvielfalt und Networking auf höchstem Niveau
Das Programm war gewohnt vielseitig: Von Software und IT über erneuerbare Energien bis hin zu Life Sciences deckte das EKF eine breite Branchenpalette ab. Neben den Unternehmenspräsentationen konnten die Teilnehmer in Paneldiskussionen Einblicke in Themen wie „Capital Markets and Sustainability“ oder „The AI Edge“ gewinnen.
Eine Besonderheit des Forums ist die Gelegenheit zu persönlichen Gesprächen: In über 230 Meeting-Räumen kamen Investoren und Führungskräfte zu intensiven Dialogen zusammen. Die Abende und Pausen boten, begleitet von kulinarischen Köstlichkeiten, weitere Networkingmöglichkeiten in lockerer Atmosphäre.
Stefan Maassen, Leiter Kapitalmärkte und Corporates bei der Deutschen Börse AG, zeigte sich im Gespräch optimistisch: „Die Pipeline ist gut gefüllt. Ich bin optimistisch, dass mit Zinssenkungen und einer weiter rückläufigen Inflation die Bewertungen fairer werden und wieder mehr Kapital in den Markt fließen wird.“
Seit seiner Gründung 1996 hat sich das Deutsche Eigenkapitalforum zur wichtigsten Plattform für den Austausch zwischen börsennotierten Unternehmen und institutionellen Investoren entwickelt. Die diesjährige Ausgabe hat diesen Anspruch mit beeindruckenden Zahlen und einem breit gefächerten Programm erneut bestätigt.
Paneldiskussionen zu großen Trendthemen
Das Deutsche Eigenkapitalforum bot auch in diesem Jahr eine Reihe hochkarätig besetzter Paneldiskussionen. Diese behandelten zentrale Herausforderungen und Chancen, mit denen Unternehmen und Investoren derzeit konfrontiert sind. Nachhaltigkeit steht zunehmend im Zentrum der Kapitalmarktstrategie von Unternehmen. Das Panel „Capital Markets and Sustainability: Managing Risks and Harnessing Opportunities“ untersuchte, wie Unternehmen Risiken durch Umwelt- und Sozialfaktoren minimieren und gleichzeitig Chancen in der Transformation nutzen können. Dr. Foruhar Madjlessi, Co-Head of EMEA Equity Capital Markets, Barclays, betonte, dass die Anforderungen an die ESG(Environmental, Social, Governance)-Berichterstattung steigen und Unternehmen sich anpassen müssen, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Gwen Safa, Global Head of Sustainable Corporate Solutions, Barclays, hob hervor, dass nachhaltige Lösungen nicht nur regulatorischen Druck abmildern, sondern auch neue Investoren anziehen. Dr. Anne, Founding Partner, Magnolia Consulting, zeigte anhand von Praxisbeispielen, wie Unternehmen durch nachhaltige Strategien Innovationen fördern können. Marie Rupp, Senior Sustainability Analyst and Managing Director, Allianz Global Investors, beleuchtete die Sicht der Investoren: Nachhaltigkeit sei kein „Nice-to-have“ mehr, sondern ein entscheidender Faktor bei Anlageentscheidungen. Die Diskussion verdeutlichte, dass Unternehmen, die auf nachhaltige Strategien setzen, langfristig Vorteile in Form von Resilienz und Investoreninteresse erzielen können.
„The AI Edge: Competitive Advantage in Capital Markets“
Künstliche Intelligenz (KI) revolutioniert die Kapitalmärkte und bietet immense Chancen, birgt jedoch auch Herausforderungen. Das Panel „The AI Edge: Competitive Advantage in Capital Markets“ beleuchtete, wie Unternehmen KI nutzen können, um ihre Position am Markt zu stärken. Andreas Schmidt, Equity Derivatives Market & Product Specialist, Bloomberg, erklärte, wie KI zur Echtzeitanalyse riesiger Datenmengen eingesetzt wird, um fundierte Anlageentscheidungen zu ermöglichen. Andreas Muzzu, Partner, EY, sprach über die Rolle von KI bei der Automatisierung und Effizienzsteigerung von Prozessen, insbesondere in der Risikoanalyse. Michael Winter, Solution Specialist, EMEA & APAC, Notified, ergänzte, dass KI nicht nur Märkte analysieren, sondern auch Kundenerwartungen präziser vorhersagen könne. Die Panelteilnehmer waren sich einig, dass KI ein unverzichtbares Werkzeug für Unternehmen ist, um in einem dynamischen und datengetriebenen Umfeld konkurrenzfähig zu bleiben. Gleichzeitig betonten sie die Notwendigkeit, ethische Fragestellungen und Datensicherheitsrisiken ernst zu nehmen.
„Who’s Gonna Pay for All This? – Financing the Transformation in Companies“
Im Panel „Who’s Gonna Pay for All This? – Financing the Transformation in Companies“ stand die Frage im Mittelpunkt, wie Unternehmen die finanziellen Mittel für Transformationsprozesse beschaffen können, insbesondere in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit. Maren Lorth, Gründerin und Inhaberin von Mi[de] – Mittelstand denken unterstrich die Bedeutung von langfristigen Partnerschaften mit Investoren, um innovative Projekte zu finanzieren. Dr. Andreas Zanner, Gründer und Inhaber von Zanner Advisory, erklärte, dass Unternehmen oft zu konservativ agieren und alternative Finanzierungsquellen wie Green Bonds oder Crowdfunding stärker nutzen sollten. Uta Anders, CFO, Krones AG, teilte ihre praktischen Erfahrungen mit der Finanzierung von Großprojekten in der Industrie. Sie betonte, dass Transparenz und klare Kommunikation der Unternehmensstrategie entscheidend seien, um das Vertrauen von Investoren zu gewinnen. Die Diskussion verdeutlichte, dass die Bereitschaft, in die Transformation zu investieren, von der Glaubwürdigkeit der Unternehmen und ihrem Engagement für Nachhaltigkeit abhängt.
Unternehmenspräsentationen: Einblicke aus erster Hand
Ein zentrales Element des Deutsche Eigenkapitalforums waren die mehr als 200 Unternehmenspräsentationen, die den Teilnehmenden tiefe Einblicke in die Strategien, Geschäftsentwicklungen und Finanzkennzahlen zahlreicher börsennotierter Unternehmen boten. Firmen aus unterschiedlichsten Branchen nutzten die Bühne, um ihre aktuellen Projekte vorzustellen und zukünftige Wachstumspläne zu skizzieren.
Zu den präsentierenden Unternehmen gehörten namhafte Player wie SAP SE, die ihre Fortschritte im Bereich Cloud-Technologien und Digitalisierung erläuterten, und Evotec SE, die mit innovativen Ansätzen in der Biotechnologie beeindruckten. Auch die Deutsche Telekom AG hob in ihrer Präsentation die Bedeutung von 5G-Infrastrukturen hervor, während Unternehmen wie Nordex SE und PNE AG die Chancen der Energiewende und ihre Rolle im Bereich erneuerbarer Energien betonten.
Neben den etablierten Großunternehmen standen wie immer zahlreiche Small Caps im Mittelpunkt. Diese wachstumsstarken, jedoch oft weniger beachteten Unternehmen nutzten die Bühne, um ihre Innovationskraft und ihre Potenziale zu präsentieren.
Zu den präsentierenden Small Caps zählte beispielsweise der Börsenneuzugang Pentixapharm Holding AG, ein Unternehmen aus dem Bereich Life Sciences, das vielversprechende Fortschritte in der Entwicklung von Diagnostika und Therapien für Krebs- und Autoimmunerkrankungen vorstellte. Friedrich Vorwerk Group SE, ein Spezialist für Energieinfrastruktur, betonte die Chancen, die durch den Ausbau der Wasserstoffwirtschaft entstehen. Die Pfisterer Holding SE überzeugte als potenzieller IPO-Kandidat durch ihre innovativen Elektrotechniklösungen und ihren entscheidenden Beitrag zur Sicherung einer stabilen Energieversorgung in zunehmend dezentralisierten Netzstrukturen, wodurch sie gleichzeitig einen bedeutenden Mehrwert für die Energiewende schafft.
Für Analysten und Investoren boten diese Präsentationen eine einzigartige Gelegenheit, direkt von den Unternehmensführungen fundierte Informationen zu erhalten, Fragen zu stellen und tiefere Einblicke in Markttrends zu gewinnen. Gerade in einem Marktumfeld, in dem Flexibilität und Innovation gefragt sind, bieten Small Caps oft attraktive Renditepotenziale und spannende Perspektiven. Die Präsenz dieser dynamischen Unternehmen unterstrich die Vielseitigkeit des Deutsche Eigenkapitalforums und seinen Anspruch, den gesamten Kapitalmarkt abzubilden – von marktführenden Blue Chips bis hin zu aufstrebenden Hidden Champions.
FAZIT
Die breite Branchenvielfalt – von Technologie und Finanzdienstleistungen bis hin zu Industrie und Life Sciences – stellte sicher, dass für jeden Interessensschwerpunkt spannende Einblicke geboten wurden. Die Paneldiskussionen lieferten wertvolle Perspektiven auf Themen, die die Zukunft der Kapitalmärkte prägen werden und verdeutlichten, wie entscheidend Nachhaltigkeit, technologische Innovationen und strategisches Finanzmanagement sind, um in einem sich wandelnden Marktumfeld erfolgreich zu bestehen. Die Unternehmenspräsentationen, kombiniert mit den zahlreichen 1-on-1-Meetings, machten das Deutsche Eigenkapitalforum zu einer unvergleichlichen Informationsplattform und unterstrichen seine Bedeutung als unverzichtbares Event für die Kapitalmarktcommunity.
Als Chefredakteurin der Unternehmeredition berichtet Eva Rathgeber regelmäßig über Unternehmen und das Wirtschaftsgeschehen. Sie verfügt über langjährige Erfahrung im Wirtschaftsjournalismus und in der PR.