Deutsche Firmen entscheiden sich zunehmend für Zukauf in den USA

Übernahme von deutschen Unternehmen in die USA. Benedikt Ibing von der Pegasus Group spricht über Chancen und Herausforderungen.
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Deutsche Unternehmen setzen vermehrt auf eine Expansion in den USA als strategischen Schritt, um ihre Präsenz auf dem globalen Markt zu stärken. War der häufigste Weg früher ein Fabrikbau auf der grünen Wiese, gewinnen Übernahmen bestehender Firmen zunehmend an Bedeutung. Benedikt Ibing, Geschäftsführender Gesellschafter der Pegasus Group, teilt seine Erfahrungen und Einsichten zu diesem Trend sowie die Herausforderungen und Chancen, die damit verbunden sind.

Unternehmeredition: Herr Ibing, wie kam es zur Gründung der Pegasus Group und welche Vision hatten Sie damals?

Benedikt Ibing: Ich habe Pegasus 2009 kurz nach der Finanzkrise gegründet. In den späten siebziger Jahren hatte mein erster Partner Dr. Eike Jordan schon eine Vorversion von Pegasus mit einem Inkubator gestartet. Damals waren Lager, Personalbuchhaltung und alles unter einem Dach. Wir haben uns darauf verständigt, einen reinen Beratungsansatz zu fahren, der von der Inkubatortätigkeit abgeht, die Doktor Jordan vorher gemacht hat. Wir wollten den Unternehmen nur noch unsere Erfahrung bereitstellen und stärker ins Interim-Management einsteigen. Deshalb haben wir uns damals zusammengetan und Pegasus in seiner heutigen Form gegründet.

Wie hat sich der Fokus der Pegasus Group seit den frühen 80er Jahren verändert, insbesondere im Hinblick auf die Bedürfnisse deutscher Mittelständler in den USA?

Es hat zwei große Entwicklungen gegeben. Einmal sind die reine Firmengründung und der Fabrikaufbau an sich zurückgegangen. Wir haben die zweite Sparte unserer Arbeit im Interim-Management stark ausgebaut und viele Partner dazu genommen, die Spezialitäten in gewissen Managementbereichen haben.

Und die zweite große Veränderung ist, dass das M&A-Geschäft dazu gekommen ist. Der entscheidende Antrieb dafür war, dass die Risiken, die sich im Bauen auf der grünen Wiese verbergen, doch größer sind als bei der Übernahme einer laufenden Firma. Deshalb entscheiden sich mehr und mehr Unternehmer für diesen Weg.

Welche Trends sehen Sie aktuell in der Expansion deutscher Mittelständler in die USA und wie passt sich die Pegasus Group diesen an?

Die größte Veränderung liegt darin, dass sich die Mittelständler nicht mehr nur vom Kunden getrieben sehen, sondern heute sehr viel mehr aus Eigenantrieb in die USA vorstoßen und gemerkt haben, dass es nicht mehr reicht, den Kunden lokal zu beliefern, sondern dass die eigene Zukunft als globaler Nischenplayer nur weiter dem eigenen Anspruch gerecht werden kann, wenn man auch entsprechend aufgestellt ist. Und dazu gehört ein Standort in Nordamerika.

Warum bewegt sich alles gerade so stark in Richtung USA?

Es gibt mehrere Faktoren, die diese Frage des Warums beantworten. Zum einen ist und bleiben die USA der größte Binnenmarkt der Welt. Das ist unumstritten. Zweitens haben wir aktuell in den letzten Jahren ein gewisses Abkühlen gen Osten erlebt, also die Prioritäten in China oder Russland etwas zu bauen und groß zu machen, haben sich zugunsten der USA verschoben. Und zum Dritten haben wir in den USA beziehungsweise Kanada eine sehr hohe Rechtssicherheit und eine sehr stabile Rohstoff- und Arbeitssicherheit. Das heißt man kann sicher und geplant produzieren und kann sich sicher sein, dass es so schnell nicht zu einem Umsturz durch einen neuen Diktator kommt oder sich wieder irgendeine Bande auf eine andere draufsetzt und dann alles weg ist.

Was ist mit Trump?

Trump hat zwar viel Scherben hinterlassen und haut fleißig weiter auf das Glas und macht kaputt, was er kann. Aber trotzdem ist er einer von leider zwei alten weißen Männern, die als Präsidentschaftskandidaten übrig sind. Auch wenn man ihm die Vorgänge damals am Kapitol als undemokratisch oder verfassungsfeindlich anrechnet, hat das alles keine schwerwiegenden gerichtlichen Nachspiele, sodass er weiterhin legitimer Präsidentschaftskandidat ist. Seine erste Präsidentschaft hat aber gezeigt, wie wenig er trotz seiner erratischen Art tatsächlich anrichten konnte.

Welche spezifischen Herausforderungen sehen Sie bei der Ansiedlung von Mittelständlern in den USA und wie unterstützt die Pegasus Group sie dabei?

Die größte Herausforderung, der wir uns gegenübersehen und in der wir schwerste Überzeugungs- und Unterstützungsarbeit leisten müssen, ist die Tatsache, dass die Deutschen die Amerikaner oder den amerikanischen Geschäftsmann unterschätzen und sich nicht bewusst sind, wie unterschiedlich das amerikanische zum deutschen Geschäftsgebahren ist. Auch wenn die Amerikaner augenscheinlich ähnlich aussehen und im Umgang easy sind: Trotzdem sind Deutsche und Chinesen näher beieinander als Deutsche und Amerikaner. Daraus resultieren ganz viele Horrorszenarien, wo der Markteintritt von deutschen Mittelständlern schiefgegangen ist und viel Geld verbrannt wurde. In den meisten Fällen ist das darauf zurückzuführen, dass der Unternehmer jemandem blind vertraut, der ihn dann zu seinem eigenen Vorteil ausnutzt, auch wenn das alles so vertraglich vereinbart war, oder es wurde eben nichts vertraglich vereinbart, dann ist es meistens noch schlimmer.

Und der zweite Grund ist, dass die Mitarbeiter in Amerika oder die Mitarbeiter in der amerikanischen Tochter von den Deutschen schlecht behandelt werden. Und das führt dann dazu, dass die Unternehmung als Ganzes nicht funktioniert, weil das Team vor Ort nicht motiviert ist und sich negativ auf das Unternehmen einstellt und sich eine Kultur des Misstrauens ausbreitet.

Was verstehen Sie unter „schlecht behandelt“?

Ich spreche davon, dass Unternehmen ihre amerikanischen Mitarbeiter wie Menschen zweiter Klasse behandeln, weil sie glauben, dass die Ausbildung nur in Deutschland gut ist und die Leute nur in Deutschland produktiv sind und deshalb die Amerikaner behandelt werden wie ein Stück, das man zukauft, um etwas zu erreichen. Es herrscht leider eine gewisse Grundarroganz vor. Der Deutsche erwartet, dass die Dinge genauso gemacht werden wie zuhause in Deutschland. Und das spüren die Amerikaner sofort. Sie nennen diese Attitüde „My Way or the Highway“, die ihnen ins Gesicht schlägt, wenn sie mit deutschen Ingenieuren zu tun haben. Daraus entwickeln sich negative Spiralen, die bis zur Werksschließung führen können.

Das waren jetzt sogenannte Soft Facts. Welche Hard Facts sind denn zu berücksichtigen?

Bei den harten Herausforderungen müssen wir als erstes die Kosten und die Produktivität nennen. Wir haben in den USA, obwohl wir ein starkes Lohnkostengefälle von Norden nach Süden haben, trotzdem sehr hohe Kosten bei allem, was Dienstleistungen, Wohnhaltungskosten bis hin zum Einkauf von Rohmaterial oder Zukauf von vorgefertigten Teilen angeht. Die Kostenstruktur ist insgesamt höher als die Erwartung. Man geht von einem riesigen Binnenmarkt aus, weil er so wettbewerbsstark ist und die Kosten stark im Griff hat. Unsere Aufgabe ist es, diesbezüglich das Erwartungsmanagement mit dem Kunden zu machen und die Businesspläne zu korrigieren. Im Idealfall bauen wir die von null auf, damit die Erwartungen von Anfang an stimmen.

Der zweite harte Faktor ist die Zeit und wie lange die Dinge brauchen oder wie schnell sie teilweise gehen können. Da gibt es große Unterschiede. Also wenn ich mit Fördermaßnahmen arbeite und habe den Gouverneur und die Wirtschaftsförderung auf meiner Seite, dann kann ich in den USA sehr viel schneller sehr viel mehr erreichen, während die entsprechenden Prozesse, wie Baugenehmigungen oder Erlasse, in Deutschland Monate dauern.

In letzter Zeit hat man das Gefühl, dass auch mit der Biden-Regierung wieder mehr Protektionismus Einzug hält, und es die Tendenz gibt, die eigene Industrie stärker zu fördern.

Das ist vollkommen richtig. Biden macht nichts anderes als Trump. Er nennt es nur anders. Ob das jetzt „America first“ oder „Buy American“ heißt, spielt keine Rolle. Beide Präsidenten hauen voll in dieselbe Kerbe und möchten das Gleiche. Die Auswirkungen davon sind aber für den deutschen Mittelstand positiv, weil diese Fördermaßnahmen bereits dann greifen, wenn die Wertschöpfungskette in den USA stattfindet. Ob das Unternehmen einem Deutschen gehört, spielt überhaupt keine Rolle, solange die Mitarbeiter, die diese Wertschöpfung erzielen, Amerikaner sind. Und damit ist es wirklich eine Chance, weil es ja nicht um Zölle und Strafzölle geht, so wie die vor wenigen Tagen verhängten Importzölle auf E-Autos, sondern es geht um Maßnahmen, die die Wertschöpfung in die USA holen. Dabei ist es völlig ohne Belang, wem die Firma gehört. Ein Deutscher darf das genauso beantragen und in Anspruch nehmen, solange er die Wertschöpfung tatsächlich in den USA macht.

Wie schwierig ist denn im Unterschied zu einer Erhöhung der Fertigungstiefe vor Ort der neue Markteintritt?

Ich würde sagen, er ist nicht mehr so leicht zu finanzieren oder zu fördern, wie das einmal der Fall war. Die Aggressivität der Bundesstaaten in dem Bereich hat sich einen Takt reduziert. Einfach, weil die Dichte der deutschen Unternehmen, die sich in den USA niedergelassen haben, sich so stark erhöht hat, vor allem im Südosten der USA, dass ein deutsches Projekt mit einhundert Arbeitsplätzen schon lange nicht mehr so viel Beachtung findet wie vor zehn Jahren.

Und wie haben sich die Branchenschwerpunkte über die Jahre verschoben?

Wenn man sich anschaut, welche Entwicklung unsere Kundenmischung über die Jahre genommen hat, dann haben wir zwischen 2010 und 2014 zu 80% Unternehmen beraten, die im Sektor Erneuerbare Energien, also Wind und Solar, tätig waren, die zu Hause stark subventioniert waren und davon eigentlich lebten. Als die Bundesregierung diese Subventionen gezogen hat, ist unser Portfolio in 80% Automobilgeschäft umgeschwenkt. Das Thema Erneuerbare Energien und die daraus resultierende Bewegung in die USA waren also ein vorübergehender Trend wie es heutzutage die Elektroautos sind.

Wohin geht denn der Trend aktuell?

Ich glaube, heute müssen wir differenzieren. Damals ging es uns hauptsächlich um den Markteinstieg und das Interim-Management. Heute hat das M&A-Business Verstärkung bekommen. Wir sind heute sehr viel diversifizierter in den Industrien. Das heißt, wir sind nicht mehr so automobil-lastig. Auch die Automobilbranche hat bekanntlich ihre Ups und Downs. Wir sind heute sehr viel mehr für Bereiche wie Maschinenbau und Zuliefererindustrie und für alles, was nicht automobil ist, tätig und haben kein so hohes Klumpenrisiko im Umsatz mehr, wie wir das damals hatten.

Können Sie uns mehr über die besondere Rolle von Zukäufen bei der Markterschließung in den USA erzählen und warum Sie dies als die effektivste Methode betrachten?

Wir haben erst 2018 angefangen, Übernahmen ernsthaft zu machen. Das ist der nach wie vor am stärksten wachsende Umsatzbereich bei uns und wir haben das Thema aufgegriffen, weil zum einen der Megatrend der Babyboomer in den USA da ist. Die Babyboomer im amerikanischen Mittelstand, den es durchaus gibt, haben exakt dieselben Nachfolgeprobleme wie der deutsche Mittelstand. Deren Kinder surfen irgendwo oder rauchen Gras am Strand und da bleibt wenig Lust, industrielle Unternehmen zu übernehmen, wo man tagtäglich da sein muss und womöglich auch noch in einem Zerspanungsbereich mit stinkender Fertigung zu tun hat, wo es nach Öl riecht und nicht ganz sauber ist. Und dieser Trend, dass diese Unternehmen dann zum Verkauf stehen, kommt dem entgegen, dass die Deutschen immer mehr Mut gefasst haben, eine Übernahme zu machen, wo sie vom Tag eins Umsatz haben, wo sie vom Tag eins Profite abwerfen und dieses Unternehmen dann an ihre eigene Kundschaft heranführen können.

Und da kommt dann unheimlich viel zusammen. Die Babyboomer wollen verkaufen, die Deutschen wollen kaufen und das Baby, das der amerikanische Mittelständler erschaffen hat, legt er lieber in die Hände eines über Generationen denkenden deutschen Mittelständlers als in die Hände einer „Heuschrecke“ oder eines Private-Equity-Fonds.

Übernahme von deutschen Unternehmen in die USA. Benedikt Ibing von der Pegasus Group spricht über Chancen und Herausforderungen.
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Es gibt ja auch Interesse aus den USA an Investitionen in Deutschland. Welche Entwicklung nehmen Sie denn in diese umgekehrte Richtung wahr?

Es gibt schon auch Zukäufe von Amerikanern in Deutschland. Wenn Amerikaner in den deutschen Markt drängen, so geschieht das eigentlich immer über einen Zukauf. Die Option, hier etwas auf der grünen Wiese zu errichten, gibt es so gut wie nicht. Und solche Übernahmen passieren immer wieder. Das ist aber in ganz vielen Fällen nicht der Tatsache geschuldet, dass kein Nachfolger da ist, sondern einfach, weil es opportun ist und in dem Moment in der jeweiligen Industrie aus verschiedenen Gründen Sinn macht. Auch bei Viessmann hatten wir beispielswiese einen ganz jungen Unternehmer, der eigentlich nicht hätte verkaufen müssen.

Begleiten Sie auch amerikanische Unternehmen, die auf den deutschen Markt wollen?

Eigentlich kaum. Wenn die auf den deutschen Markt gehen, arbeiten sie mit einer großen Bank oder einem größeren Beratungsunternehmen zusammen und bemühen sich darum, in die offiziellen Bieterkreise zu gelangen für Firmen, die sowieso zum Verkauf stehen.

Können Sie ein konkretes Beispiel eines erfolgreichen Projekts beschreiben und erläutern, welche Schlüssel zum Erfolg geführt haben?

Ein erfolgreiches Beispiel ist unser Projekt mit der Firma Rafi aus Ravensburg, die zum Private-Equity-Fund Oaktree gehört, der dem kanadischen Pensionssystem unterstellt ist. Oaktree entwickelte für Rafi eine Wachstumsstrategie. Rafi, spezialisiert auf Human Machine Interface (HMI) wie Touchscreens, Joysticks und Software, hatte eine Niederlassung in den USA, jedoch ohne eigene Produktion. Sie benötigten dringend ein passendes Unternehmen.

Wir folgten einem strukturierten Vorgehen, beginnend mit der Erstellung einer Long List potenzieller Zielunternehmen anhand spezifischer Kriterien. Anders als Investmentbanken berücksichtigen wir nicht nur Unternehmen, die zum Verkauf stehen. Unsere Stärke liegt darin, Firmen zu identifizieren, die nicht aktiv auf dem Markt sind. Dies ist unser einzigartiger Ansatz.

Gemeinsam mit dem Kunden kürzten wir die Liste auf eine Shortlist vielversprechender Kandidaten, geordnet nach Priorität. Unsere technische Expertise und tiefes Verständnis für Industrieprozesse, insbesondere durch unsere Führungstätigkeiten in deutschen Tochterunternehmen in den USA, ermöglichten uns, die Zielunternehmen auf strategische Partnerschaften anzusprechen.

Durch diese strategischen Gespräche entstand Interesse, und wir konnten detailliert über Produktionskapazitäten und Projekte diskutieren. Dies führte schließlich zum Verkauf, der sich organisch aus dem Prozess ergab, im Gegensatz zum klassischen Ansatz, der nur auf bereits zum Verkauf stehende Unternehmen abzielt.

Selbst wenn ein Deal nicht zustande kommt, verfolgen wir parallel eine Standortstrategie, um sicherzustellen, dass letztlich eine Fabrik entweder gekauft oder gebaut wird. Dies garantiert den Projekterfolg und minimiert Risiken.

Wie häufig kommt es bei Ihren Projekten zum Kauf und wie häufig zum Bau auf der grünen Wiese?

Es ist schwierig, eine klare Unterscheidung zu treffen, da Übernahmeprozesse oft mit Produktionserweiterungen und neuen Anlagen verbunden sind, wodurch hybride Projekte entstehen. Bei 100% der von uns begleiteten Übernahmen war der Produktionsstart mindestens 60% schneller als bei einem Neubau auf der grünen Wiese. Der Entscheidungsprozess spielt dabei eine entscheidende Rolle, wie am Beispiel von Rafi zu sehen ist. Der Bau einer neuen Fabrik dauert in der Regel länger als eine Übernahme.

Das Rafi Beispiel war ein Unternehmen in Milwaukee, das zunächst nicht zum Verkauf stand. Wir konnten die Inhaber überzeugen, den Verkauf zu erwägen. Wir begleiteten die Due Diligence aktiv und führten verschiedene Workstreams wie Finanzen, Personal, Produktion und Technik. Durch unsere intensive Begleitung fühlten sich alle Beteiligten gut vorbereitet und positiv gestimmt auf die Integration. Der Due-Diligence-Prozess und die Entscheidungsphase waren so intensiv, dass der Deal mehrfach fast gescheitert wäre.

Und wie lange hat es insgesamt gedauert?

Sechsundzwanzig Monate. Das war der längste Übernahmeprozess, den wir je hatten.

Können Sie die Zeiträume für Übernahmen in Amerika und Deutschland vergleichen?

In Amerika geht es in der Regel viel schneller. Die Amerikaner treffen Entscheidungen oft sehr zügig und entschlossen. Die Amerikaner sind entscheidungsfreudiger und oft erfolgreicher, weil sie schneller handeln. In Deutschland führt Zögerlichkeit oft zu verpassten Chancen. Ein Beispiel ist die Due Diligence bei Rafi, die so intensiv war, dass sie fast den Übernahmeprozess zum Scheitern brachte. Das zeigt, wie zu gründliche Prüfungen Ressourcen binden und Projekte gefährden können.

Können Sie anhand von Rafi für uns nochmal die Erfolgsfaktoren aufführen?

Ein wesentlicher Erfolgsfaktor war, dass wir ein Unternehmen erwerben konnten, das perfekt in die A-Klasse der Ziele passte und nicht in einem Verkaufsprozess war. Dadurch stimmte der Preis, und es gab keinen Bieterwettbewerb. Ein weiterer wichtiger Faktor war die schnelle und positive Integration nach der Übernahme. Die Grundstimmung bei beiden Unternehmen war von Anfang an positiv, und wir haben während der Due Diligence viel dazu beigetragen, diese positive Einstellung zu fördern, sodass am Ende doch beide Seiten gespannt und freudig auf die Phase nach dem Closing zugehen konnten.

Wie viele Projekte haben sie erfolgreich begleitet und wie viele davon waren Zukäufe?

In den letzten fünf Jahren haben wir pro Jahr etwa vier erfolgreiche Übernahmen durchgeführt. Seit 2010 haben wir rund einhundert erfolgreiche Markteinstiegsprojekte realisiert. Insgesamt betreuen wir jährlich zwischen zwölf und fünfzehn Projekte, wobei diese etwa zur Hälfte aus Zukäufen und zur Hälfte aus Markteinstiegen auf der grünen Wiese bestehen.

Gibt es eine zunehmende, abnehmende oder stabile Tendenz in der Anzahl der Projekte?

Bei uns nimmt die Anzahl der Projekte stetig zu. Dies liegt daran, dass sich unser guter Ruf und die Qualität unserer Arbeit weiterverbreiten und unsere Partnerschaft ständig wächst. Wir gewinnen immer neue Partner hinzu, die sich in verschiedenen Bereichen engagieren, wodurch wir auch Projekte aus neuen Industrien erhalten. Für uns sehen wir ein kontinuierliches Wachstum und achten darauf, dass dieses Wachstum im Einklang mit der Anzahl der Fachleute steht, die wir an Bord holen, um die hohe Qualität unserer Arbeit zu gewährleisten.

Welche Vorteile bieten Sie Ihren Partnern in der Kooperation?

Zwei wesentliche Vorteile zeichnen uns aus: Erstens unsere umfassende Erfahrung, da alle unsere Partner in Geschäftsführungspositionen in deutschen Tochterunternehmen mit USA-Bezug tätig waren. Sie haben in verschiedenen Disziplinen, wie Finanzen, Operations, Engineering und generelles Management, transatlantische Brücken geschlagen.

Zweitens unser kulturelles Verständnis. Wir denken mittelständisch und verkörpern gleichzeitig amerikanische Grundwerte, die wir in Businessplänen umsetzen können. Dadurch können wir unseren Kunden garantieren, dass sie von den Fehlern, die andere gemacht haben, nicht erneut betroffen sind. Das ist unsere zentrale Wertschöpfung.

Welche Learnings würden Sie deutschen Mittelständlern mit auf den Weg geben, die in die USA expandieren möchten?

Das Allerwichtigste ist, bevor irgendwelche Pläne gemacht oder Entscheidungen getroffen werden, dass das Unternehmen mit Beratern wie uns zusammenarbeitet, um die Erwartungen von Anfang an richtig zu managen. Wer eine Expansion in den US-Markt plant, sollte sich frühzeitig Rat holen und die ersten Überlegungen, wie der Einstieg erfolgt – ob mit einem Vertriebsbüro, einer Fertigung oder durch eine Übernahme – nicht allein treffen.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist, die enorme Wettbewerbsstärke des amerikanischen Marktes nicht zu unterschätzen. Der größte Fehler wäre, die Konkurrenz zu belächeln. Der amerikanische Verbraucher ist nicht so markenbewusst wie der deutsche. Es geht immer nur darum, dass ein Produkt gut genug ist, es muss nicht das Beste sein. Dies zeigt sich in vielen Bereichen, wie etwa bei der Firma Stihl, die feststellte, dass viele Amerikaner für das Fällen eines Baums ein Baumarktprodukt anstelle einer Qualitätsmarke bevorzugen.

Zudem ist es wichtig, die kulturellen Gegebenheiten ernst zu nehmen und mit großem Respekt auf die amerikanischen Kollegen zuzugehen. Der häufige Fehler des “arroganten Ingenieurs” sollte vermieden werden. Man sollte die Zusammenarbeit so angehen, als würde man mit hochqualifizierten deutschen Kollegen arbeiten.

Wann sollte man mit der Planung beginnen und wie viel Vorlaufzeit ist nötig?

Es braucht mindestens sechs Monate Vorlaufzeit, um den Markteintritt vorzubereiten. Diese Planungsphase ist intensiv, unabhängig davon, ob man mit einem Vertriebsbüro oder durch eine Übernahme in den Markt eintritt.

Wie sieht Ihre zukünftige Markteinschätzung aus?

Ich sehe den relativen Niedergang der Wettbewerbsfähigkeit der Europäischen Union in der Welt, besonders im Vergleich zu Nordamerika und Asien. Hohe Energiepreise sind ein Grund, warum große Industrieunternehmen und auch Mittelständler lieber in den USA oder in Asien investieren. Daher glaube ich, dass der Trend deutscher Unternehmen, in die USA zu expandieren oder gar überzusiedeln, anhalten wird. Die deutsche Politik hat dazu beigetragen, dass die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands leidet.

Wir danken Ihnen für das interessante Gespräch!


ZUR PERSON

Foto: © Pegasus Group

Benedikt Ibing, geschäftsführender Gesellschafter der Pegasus Group in Atlanta, GA, unterstützt deutsche Mittelständler beim Eintritt in den nordamerikanischen Markt. Vor seiner Tätigkeit bei Pegasus hatte er Führungspositionen in US-Unternehmen mit deutschen Muttergesellschaften inne und erwarb Abschlüsse in Management und International Business. Die Pegasus Group begleitet mittelständische Unternehmen bei Geschäftsaufbau, Expansion sowie Übernahmen am nordamerikanischen Markt und managed Führungslücken ihrer Tochterunternehmen.

www.pegasuspartners.de

Autorenprofil

Als Chefredakteurin der Unternehmeredition berichtet Eva Rathgeber regelmäßig über Unternehmen und das Wirtschaftsgeschehen. Sie verfügt über langjährige Erfahrung im Wirtschaftsjournalismus und in der PR.

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